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Dunkles Indien

Dunkles Indien

Titel: Dunkles Indien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rudygard Kipling
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Knorren versehenen Stock und hatte sich damit eine Art Schrift zurechtgelegt. Nach Stunden und Tagen konnte er daraus ganze Sätze wieder herunterlesen, die wir ihm diktiert hatten.
    Sein Alphabet bestand aus elf primitiven Lauten; er versuchte mir sein System begreiflich zu machen, damals - aber ich konnte es nicht verstehen.
    »Ich hab also dem Dravot einen Brief geschrieben«, fuhr Carnehan fort, »und darin gesagt, er soll sofort zurückkommen, denn das Königreich wird mir zu groß und ich kenn mich nicht mehr aus, wie mirs weiterregieren. Ich bin dann wieder in das erste Tal heim, um nachzusehen, ob die Priester auch ihre Pflicht tun; das Dorf, das ich mit dem Häuptling erobert hab, hat Bashkai geheißen, und das erste Dorf: Er-Heb. Die Priester in Er-Heb ham tadellos funktioniert, aber sie ham eine Masse Fälle zu erledigen gehabt, und in der Nacht, so haben sie mir berichtet, hätten Männer aus dem Nachbardorfe Pfeile herübergeschossen. Ich bin auch gleich hin und hab mir das Nachbardorf angeschaut und auf tausend Meter vier Salven drauf abgeben lassen. Das hat den Rest meiner Munition gekostet, aber es hat meine Leute beruhigt. Ich hab dann warten müssen auf den Dravot, der zwei oder drei Monate fort war.
    No, und eines Morgens hab ich einen Höllenspektakel gehört von Pauken und Hörnern, und der Dravot ist mit seiner Armee anmarschiert den Berg herunter und hinter ihm eine Menge Menschen - viele hundert; aber was das erstaunlichste war: er hat eine goldene Krone auf dem Kopf ghabt! ›Mein Gott, Carnehan,‹ hat er zu mir gsagt, ›das ist ein Riesengeschäft, und ich bin so weit vorgedrungen, als es sich verlohnt hat. Ich bin der Sohn des Alexander mit der Königin Semiramis, hab ich ihnen eingeredet, und du bist mein jüngerer Bruder und ein Gott, wie ich. Es ist die allergrößte Sache, die mir jemals gedeichselt ham; sechs Wochen bin ich mit meiner Armee marschiert, und jedes kleine Drecknest auf fufzig Meilen in der Runde ist gekommen, um mir zu huldigen. Aber das ist noch gar nix: ich hab den Schlüssel in der Hand zu dem ganzen Gemurx, wie du gleich sehen wirst; und ich hab dir auch eine Krone mitgebracht. Ich hab zwei Stück davon machen lassen in Shu, wie der Ort heißt; ich sag dir: Gold liegt dort im Gestein, wie Fett im Hammelfleisch. Gold hab ich dir gsehn! Mit dem Absatz hab ich Türkisen aus dem Felsen getreten und im Flußsand liegen die Granaten nur so umanand. Da hast ein Trumm Ambra! Ein Kerl hat mirs gebn. Ruf jetzt die Priester zusammen, Peachey, und da hast deine Krone!‹ hat er gesagt.
    Und sofort is einer von den Leuten des Dravot vorgetreten und hat mir einen schwarzen Haarbeutel hinghalten und ich hab die Krone herausgefischt. Sie war zu klein und zu schwer für mich, aber ich hab sie doch aufgesetzt, des Ruhmes wegen. Aus gehämmerten Gold is sie gwesen, fünf Pfund schwer und wie der Ring von einem Geschützlauf.
    ›Du Peachey‹, hat mir der Dravot noch gsagt, ›weißt d', daß mir gar nimmer kämpfen brauchen? Mit der Freimaurerei können mirs be-streiten‹ - und dabei schleppte er den Häuptling heran, den ich in Bashkai zurückgelassen hab. Billy Fish ham wir ihn später genannt, weil er so ausgsehen hat wie der Billy Fish, der damals in alten Tagen in Mach am Bholanfluß die große Dampfwalze geführt hat. ›Gib ihm die Hand!‹ sagt der Dravot, und ich geb ihm die Hand - und fall fast um: er macht mir den ›Lehrlingsgriff‹! Ich sag kein Wort und Versuchs mit dem ›Gesellengriff‹. Er kennt auch den, und ich mach den ›Meistergriff‹, aber da hats net gstimmt! ›Geselle‹, sagt der Dravot, ›is er.‹ - ›Kennt er das Wort?‹ - ›Er weiß es‹, sagt der Dravot, ›und alle Priester wissens. Es ist ein Wunder! - Die Häuptlinge und die Priester können eine Gesellenloge abhalten, genau nach unserm Ritus, und haben die ›Zeichen‹ auf den Felsen eingegraben; aber den dritten Grad, den kennen sie nicht, möchten ihn aber gar zu gern wissen. Bei Gott, es is die Wahrheit! Ich habe schon vor vielen Jahren gehört, daß die Afghanen alles wissen bis zum Gesellengrad; es is das reinste Wunder! Ich hab ihnen gsagt: ich bin ein Gott und ein Großmeister in der ›Kunst‹, und daß ich eine Loge im dritten Grad errichten will und die Oberpriester und Häuptlinge der Dörfer einweihen.‹
    ›Aber das is gegen das Gesetz, Daniel‹, sag ich, ›eine ungedeckte Loge abhalten ohne Bewilligung! Und du weißt doch, wir ham von keiner Loge eine solche Bewilligung

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