Dunkles Licht
von Norcaster anlächeln können, und er hätte sie nicht erkannt.
Aber der Sommer war nicht völlig verloren. Es war eine träge Zeit in Weypool, zu der sogar die wohlhabenden Viertel in der Hitze stanken, aber Tristan verbrachte viel von seiner Zeit bei gesellschaftlichen Festen auf Landsitzen. Die meisten lagen in kühlerem Klima, in den Bergen oder an den Küsten, und er nahm Maddy einige Male mit. Sie wirbelte in luftigen Sommerkleidern und mit absurden Frisuren umher. Die Frauen wussten auf den ersten Blick, was sie war, und übersahen sie; aber die männlichen Augen folgten ihr überallhin. Tristans Befehle waren strikt: Sie war seine Schutzbefohlene, und jegliches Anzeichen von Interesse musste an ihn weitergeleitet werden. Aus irgendeinem Grund waren die Freier auf den Landsitzen gewöhnlich jünger als jene in der Stadt, was ihrem Ausdruck von Leidenschaft etwas mehr Ernsthaftigkeit verlieh. Sie hatte keine Ahnung, wie viel ihr Kuppler für ihre Dienste verlangte, aber einer ihrer Partner machte eine Andeutung, dass sie jetzt mit Goldsonnen zu bezahlen war. Das erstaunte sie. Ihr war nie klar gewesen, wie weit Lust die Gehirne der Männer vernebeln konnte, aber die Neuigkeit bestätigte, dass sie die beste Möglichkeit zur Begegnung mit Männern von Macht gewählt hatte. Nur Macht konnte ihr die Rache bringen, die sie suchte.
Manchmal fragte sie sich, wie Sam ohne sie zurechtkam, aber Bedauern verspürte sie nicht.
Der Sommer verblasste zum Herbst.
Eines Morgens wälzte sich der Ehrenwerte Tristan auf den seidenen Laken seines Bettes zu ihr hinüber und stellte die Frage, auf die sie so lange schon gewartet hatte. Niemand sonst außer ihm erledigte so viel Geschäftliches, während er nackt war.
»Graf Uptree«, erwiderte sie. »Und sein Bruder, der Hierarch.«
»Das heilige Licht beschütze uns! Ihr zielt aber sehr hoch mit Eurer Muskete, Euer Hochwohlgeboren.«
»Sie haben meine Familie ermordet und unser Land gestohlen.«
»Ich habe nie an deinem starken Motiv gezweifelt, meine Liebe. Aber diese beiden sind nicht einfach. Du kannst die Kirche nicht gegen den Staatsmann und den König gegen den Priester angehen lassen, wie es die normale Strategie wäre. Aber ich habe keine Zweifel an deinen Fähigkeiten. Am Ende wirst du Erfolg haben, da bin ich sicher. Erinnerst du dich an Sheldon Causey?«
»Er war auf dem Strandfest. Etwa dreißig. Laut, sportlich.«
»Ja. Du wirst entdecken, dass es ein Vergnügen ist, mit ihm zusammenzuarbeiten. Sein Blick ist auf dich gefallen, aber ich habe ihm den Zugang zu dir verwehrt. Er ist ein aufstrebender Höfling, dessen Ambitionen sein Einkommen weit übertreffen. Er kann sich deine Preise nicht leisten.« Tristan küsste ihr bewundernd die Brust.
»Und?«
»Und er hat mich um Rat gefragt. Wir haben uns auf ein Vier-Parteien-Arrangement geeinigt. Was er braucht, ist ein nützliches Monopol – Exklusivrechte zur Einfuhr von Molasse oder Ausfuhr von, ähm, Eicheln oder so was. Das kann sehr profitabel sein. Monopollizenzen gewährt der König. Auf Anraten des Kronrats, natürlich. Seine Majestät geht noch nicht einmal ohne Anraten des Kronrats aufs Abort.«
Sie streichelte ihm zur Belohnung den Schenkel. »Und?«
»Zwei Mitglieder des Kronrats sind zurzeit in … Bedrängnis. Verdächtigt, den Listen einer verführerischen Fünfzehnjährigen auf den Leim gegangen zu sein.«
»Ich bin siebzehn.«
»Du bist gerade fünfzehn geworden. Für die nächsten zehn Jahre darfst du nicht älter als sechzehn werden. Das Arrangement geht so, dass du Sheldons Nichte wirst. Du ziehst bei ihm ein und erhellst ihm sein einsames Leben; er nimmt dich mit zu Festen und Bällen.«
»Was für Feste und Bälle?«, fragte Maddy argwöhnisch. Ein Mädchen musste seinen Standard aufrechterhalten. »Teegesellschaften?«
»Wie konntest du mich einer derartigen Perversion auch nur verdächtigen? Bälle! Salons! Vorträge! Höchste Gesellschaft.« Kuss. »Solche Orte, wo man Mitglieder des Kronrats trifft.« Liebkosen …
»Und der wohlgeborene Sheldon verschachert seine Nichte für ein Monopol zum Import von Molasse?«
»Oder eingelegte Losung …«
Seine Fixierung auf ihre Brüste gewann Oberhand über seine Fähigkeit zu sprechen. Sie ernüchterte ihn.
»Mach dir keine Sorgen wegen der Einzelheiten«, sagte er und schaute verärgert hoch.
»Über welche Einzelheiten mache ich mir Sorgen?«
»Die zeitliche Abfolge. Sheldon hat versprochen, dich nicht länger als drei
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