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Dunkles Verhaengnis

Dunkles Verhaengnis

Titel: Dunkles Verhaengnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Sallis
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Menge Schutt und Dreck und auch einige Bäume entwurzelt waren, hatte der Sturm außerhalb der Stadt auch nicht annähernd so schlimm gewütet. Keine Kühe in den Bäumen, keine Stoppschilder durchbohrt von Stachelschweinstacheln.
    Das Haus entsprach ziemlich genau der Beschreibung. Eines von denen, die man hier und da immer noch im tiefen Süden findet, die plötzlich wie gesunkene Schiffe hinter dichten Reihen von Robinien, Ahorn und Pekannussbäumen auftauchen. Man konnte gut erkennen, wo Billy gearbeitet hatte – abgeschliffene Stellen, rohe Balken, aus Kanthölzern gebaute Stützen –, aber es war immer noch ein ziemliches Chaos. Als ich auf die Veranda trat, gaben die Dielen beängstigend nach.
    Keine Spur von einer Türklingel. Ich klopfte laut und machte dann, als ich keine Reaktion erhielt, einen Schritt zur Seite zu einem der hohen, schmalen Fenster links und rechts neben der Tür. Dünne Gardinen behinderten den Blick und erinnerten mich an Szenen in alten Hollywoodfilmen, die mit Kameras gedreht worden waren, deren Linsen man mit Vaseline
eingeschmiert hatte, um einen Weichzeichnereffekt zu erhalten. Ich konnte jedoch sehen, dass im Haus Gegenstände über den Boden verteilt lagen, ein Tisch war umgestürzt, ein Stuhl lag auf der Seite.
    Die Haustür war nicht abgeschlossen, und Miss Chorley lag vor der hinteren Wand, wo die Sockelleiste die Reste von mindestens drei verschiedenen Farben erkennen ließ sowie rautenförmige Spuren trug, wo ein Hund oder ein anderes kleines Tier wiederholt gekaut hatte. Sie atmete nur flach, aber immerhin, sie war am Leben. Als sie zu Boden gesunken war, hatte sie mit den Fingernägeln die Textiltapete zerkratzt, hatte einen langen, schmalen Streifen herausgerissen, der sich nun um ihren Arm wickelte wie eine Schleife um ein Geschenk.
    Sie schlug die Augen auf, als ich mich neben sie kniete, um den Puls zu nehmen und sie anzusprechen. Sie war nicht richtig bei Bewusstsein, aber sie war stabil. Soweit ich das beurteilen konnte, bis auf ein paar Prellungen keine nennenswerten Verletzungen und auch kein Blut. Ich fand das Telefon, wählte die Vermittlung und ließ mich mit der hiesigen Polizei verbinden. Nachdem ich erklärt hatte, was passiert war, forderte ich einen Krankenwagen und die Streife an. Dann fragte ich nach Sergeant Haskell.

    Er sei im Dienst, sagte man mir, aber gerade unterwegs bei einem Einsatz. Man würde sich per Funk mit ihm in Verbindung setzen und ihn direkt herschicken.
    Ich verbrachte die Wartezeit zu gleichen Teilen damit, mich am Tatort umzusehen und mich immer wieder um die alte Frau zu kümmern.
    Sie waren durch die hintere Tür eingedrungen, die aussah, als sei sie zwar seit Roosevelts Amtsantritt verschlossen gewesen, deren Zargen jedoch so morsch waren, dass selbst ein Kind die Tür mit einem Finger hätte aufdrücken können. Ob sie angefangen hatten, das Haus auseinanderzunehmen, und dann von ihr gestört worden waren, oder ob sie damit erst richtig losgelegt hatten, als sie bereits dort lag, war nicht ganz klar, aber sie hatten auf jeden Fall gründliche Arbeit geleistet. Wände waren eingetreten, Polstermöbel aufgeschlitzt, Holzdielen herausgerissen worden. Sofern ich die Spuren richtig interpretierte, hatten sie hier begonnen und dann, mit zunehmendem Frust, weil sie nicht fanden, wonach sie suchten, mit dem anderen der beiden bewohnbaren Zimmer weitergemacht, das sie als Schlafzimmer benutzte, und waren schließlich wahllos durchs Haus gezogen. Die Beschädigungen wurden mit der Zeit weniger zielgerichtet und rücksichtsloser.

    Keine halbe Stunde später und etwa zehn Minuten nach dem Krankenwagen traf Haskell ein. Der kleine, kompakte und muskulöse Mann trug ein Leinensakko und eine gepflegt wirkende Khakihose. Er sprach so leise, dass Zuhörer sich instinktiv zu ihm vorbeugten. Ich erzählte ihm von Billy, und wir gingen gemeinsam durchs Haus, während die Krankenwagenbesatzung schon wieder ihre Ausrüstung zusammenpackte, den Papierkram erledigte und Miss Chorley einlud.
    »Ja«, sagte Haskell an der Hintertür. »So wird’s wohl gewesen sein. Und am Schluss sind sie wieder raus, wo sie reingekommen sind.«
    »Da hinten muss es irgendwo Reifenspuren geben.« Auch wenn Hazelwood nicht die volle Wucht des Sturms abbekommen hatte, geregnet hatte es hier ebenfalls reichlich.
    Haskell nickte. »Wir werden Abdrücke nehmen. Höchstwahrscheinlich waren es Jugendliche. Und höchstwahrscheinlich werden die Reifenspuren …«
    »Zur Hälfte

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