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Dunkles

Titel: Dunkles Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tommie Goerz
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sich Behütuns – und es fiel ihm auf, dass Jaczek fast an der gleichen Stelle auf der Hinfahrt dasselbe gesagt hatte, nur in einem anderen Zusammenhang. Ob das an der Geografie lag? Komischer Gedanke.
    Die haben übrigens auch Leichen im Keller, erinnerte sich Behütuns. Die von der CSU. Nicht mal im Keller, sondern offen rumliegen. Da oben in dem Schloss. Ob die überhaupt noch dalag? Vor Jahren einmal war er dort oben spazieren gegangen, da war im Kloster – oder Schloss? – gerade großes Renovieren gewesen. Draußen hatte sich der reife Wein durch die alten Birnbäume geschlängelt, und die Sonne hing golden überall im Geäst, die Blätter waren bunt, es war wohl im Oktober gewesen, am späten Nachmittag und schon kalt, und im Gebäude hatten sie alles aufgerissen, alles war offen. Niemand kontrollierte, wer da rein- und rausging. Da waren die Böden offen im Obergeschoss, Steinplatten abgehoben, und man sah die Schüttung und die massiven Gewölbe darunter, die Decken aus dem Erdgeschoss von hinten quasi, und Behütuns hatte gestaunt, wie viel Sand in so einem Bauwerk ist. Das waren an den Rändern der Gewölbe ganz sicher eineinhalb Meter Sand, die dort hineingeschüttet waren. Die Türen zu den Räumen standen offen oder waren nicht abgesperrt, und in einem Raum lag eine Leiche. Keine Lüge! Eine Leiche, vielleicht 2000 Jahre alt oder älter. Komplett verdorrt und schwarz. Original ägyptische Mumie. Lag da offen in einem Kasten, ungeschützt. Die war ganz sicher geklaut, ein Grab geschändet unten in Ägypten. Behütuns hatte sie angefasst, die Haut war wie vertrocknetes Leder gewesen. Ob diese Mumie noch dort oben lag? Ich sag es doch schon immer, dachte Behütuns und grinste innerlich, bei der CSU liegen die Leichen rum!
    Ob er noch einen Abstecher machen sollte mit Jaczek auf einen Keller? Nach Bamberg rein, vielleicht kurz auf den Spezi-Keller oder ins Bootshaus im Hain? Oder nach Buttenheim auf den Löwenbräu? Im Geist ging er die Keller ab, die an der Strecke lagen – aber nicht mit dem richtigen Ernst. Denn mit Jaczek jetzt auf einen Keller ...? Nein, das war nicht gut. Außerdem: Er konnte ja nicht ständig trinken.
    Am späten Nachmittag waren sie zurück im Büro. Zehn Minuten darauf kamen Abend und Dick. Ohne neue Erkenntnisse. Oder besser gesagt mit der Erkenntnis, dass der Tag nichts Verwertbares gebracht hatte. An der Theorie mit dem jugendlichen Übermut war nichts dran, sie ließ sich durch nichts untermauern. Überhaupt, was war das denn für ein blödsinniger Begriff, »jugendlicher Übermut«? Kann denn ein Übermut jugendlich sein? Gibt es denn auch einen alten Übermut, einen alterlichen, veralteten? So ein Quatsch, dachte sich Behütuns. Der Übermut der Jugend, ja, das machte Sinn. Aber jugendlicher Übermut? Kein Wunder, dass dieser Ansatz nicht weiterführte.
    Und jetzt?

Wenn man angekettet ist,
kann man sich auch nicht ausziehen.
Jan Philipp Reemtsma, Im Keller
15. Kapitel
    Kommissar Behütuns hatte seine Leute heimgeschickt. Zehn nach fünf, eine gute Beamtenheimgehzeit. Heiß war es außerdem, und noch so eine Sitzung wie vorgestern in der Tiefgarage wollte er nicht wieder haben. Die anderen frotzelten schon im Präsidium. Außerdem – was hätten sie auch besprechen sollen? Es gab ja nichts. Alles hatte sich bisher wie in Luft aufgelöst. Es gab nicht einen einzigen Anhaltspunkt. Dick fuhr nach Hause, mit den Kindern spielen, und P. A. quälte Jaczek und half ihm wieder beim Packen. Umpacken.
    Ob er noch einmal hinausfahren sollte ins Streitberger Bad? Der Gedanke reizte ihn schon sehr. Allerdings – da würde er vor sechs kaum ankommen, und die machten bestimmt schon um sieben zu. Spätestens. Außerdem: Am späten Nachmittag lag dieses Bad ohnehin meist im Schatten. Weil hinten gleich der Berg losging, und der Wald. Nein, Streitberg war für diese Uhrzeit zu weit weg. Was gab es denn hier in der Umgebung?
    Kommissar Behütuns fuhr nach Hause. Nahm die Post aus dem Kasten unten, der Briefkasten neben dem seinen quoll über. Flüchtig nahm er wahr, dass noch der Blitz dabei war. Mindestens seit einer Woche nicht mehr geleert, dachte er, wenn der Sonntagsblitz schon so weit außen in dem Stapel steckt. Dass das den Austrägern so was von egal ist, wie das aussieht. Aber denen war das wirklich egal. Manchmal legten die einen ganzen Stapel einfach in den Hausgang hinein, mitten ins Treppenhaus. Im schlimmsten Fall sogar nur vor die Haustür. Dann flog das Zeug, wenn der

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