Dunkles
hinten über das andere Ende der Straße geflüchtet, während vorne schon die Feuerwehr löschte. Dreist hörte sich das an, aber logistisch gut geplant und kalkuliert. Vom Ende der Straße hatte man noch 50 Meter bis zur Autobahn, von da an nur noch einen knappen Kilometer zum Kreuz. Die konnten also in alle Richtungen abgehauen sein: Nürnberg, München, Würzburg, Bamberg – wenn sie auf die Autobahn gefahren waren. Geniale Stelle für so einen Coup. Fluchtwege in alle Richtungen.
Inzwischen wurden die ersten Feuerwehrleute und Anwohner befragt. Ob ihnen während der Löscharbeiten ein Fahrzeug aufgefallen sei. Ein Zivilfahrzeug aus Nürnberg mit Blaulicht, war das einzige Ergebnis. Im Moment stand man vor dem Nichts. Trotzdem sollten die Autobahnabschnitte auf Verdächtiges hin beobachtet werden. Kontrollen machten noch keinen Sinn, da man nicht wusste, wonach man suchen sollte. Jaczek blieb bei den Erlanger Kollegen. Er würde nachher den Zug nehmen, zurück, wenn hier alles so weit geregelt war, oder sich von den Erlangern fahren lassen. Vielleicht gab es ja irgendwelche Spuren. Dafür aber war es eigentlich noch zu früh, der Wagen war ja gerade erst gelöscht worden.
Mehrere Regale im Waffenversand waren ausgeräumt, es fehlten einige Kisten Schusswaffen. Welche genau und ob auch Munition dabei war, das war erst noch zu klären. Man hatte noch niemanden von dem Unternehmen erreicht. Wahrscheinlich würde es bis morgen dauern, bis man die exakten Zahlen hatte.
Fest stand bislang nur: Das Trafohäuschen hatte gebrannt. Das Tor war gewaltsam geöffnet worden. Das Anlieferrolltor im Hofbereich auch. Der Pick-up war mit Absicht gesprengt worden, wahrscheinlich, nein, ganz sicher, um Spuren zu verwischen. Das wird wieder ein langes Verfahren geben mit der Versicherung, dachte Behütuns, und mit dem Fahrzeugverleih. Und mit welchem Fahrzeug die Täter jetzt unterwegs waren, wusste man auch nicht. Also lief jede gezielte Fahndung erst einmal ins Leere.
Langsam ging Kommissar Friedo Behütuns zu seinem Wagen zurück. Warum steht hier, mitten in einem Wohngebiet, ein Waffenversand?, fragte er sich. Und auch noch einer der größten Deutschlands? Und warum ist der so schlecht gesichert, dass jeder reinkann, wenn der Strom ausfällt? Wozu braucht man überhaupt Waffen?
Er setzte sich in seinen Wagen, startete ihn aber noch nicht. Im Moment brauchte er sich eigentlich keine Gedanken zu machen, die Routine der Maschinerie lief gut. Kooperation zwischen den Dienststellen und Zuständigkeiten, die Fahndungsorganisation, übergreifende Absprachen und Verteilung der Kompetenzen – das alles war vielfach erprobt und auch sauber definiert. Dafür gab es ja diese Planspiele immer wieder, und auch diese Lehrgänge. Außerdem war Jaczek hier. Eigentlich könnte er jetzt heimfahren, das lief alles auch ohne ihn. Er würde erst später wieder gebraucht werden, im Moment hatten die Erlanger alles im Griff. Da konnte er sich drauf verlassen. Und trotzdem. Er war kein Freund von Routine, auch nicht von zu viel Theorie. Denn das Denken ist immer das eine – aber die Wirklichkeit geht oftmals ganz andersherum. Was du dir denkst, ist oft richtig im Denken – im Leben ist es das nicht. Wie mit der Busvorrangschaltung, hatten sie das nicht erst vorhin gehabt? Man macht etwas, das für den Bus sein soll – und es schlägt ins Gegenteil um. Gegen den Bus, in den Köpfen der Menschen.
Behütuns saß noch immer in seinem Wagen. Der Ort ist gut gewählt, ließ er seinem Gehirn freien Lauf. Und die Täter sind klug. Sind nach 200 Metern auf der Autobahn und können in alle Richtungen verschwinden. Setzen mit dem Trafobrand nicht nur den Strom außer Kraft, sondern auch noch die Aufmerksamkeit. Keiner schaut nach hinten, wenn er vorne löschen muss – und wenn er es doch tut, sieht er nichts, weil das Licht weg ist. Respekt. Das war die Logik der Planung, und die hatte bis hierher sehr gut funktioniert, zumindest im zweiten Anlauf. Das zeigte ja das Ergebnis.
Ist hier vielleicht ein Knackpunkt?, klickte es bei Behütuns, doch noch ohne die richtige Klarheit. Und der Gedankengang nahm seinen Weg, er suchte nach einem Ausgang, einer Lücke, durch die er ins Freie konnte, hinaus an den Tag. Bis zum Ergebnis, also zum Einbruch, hat alles im Hintergrund stattgefunden, wie unsichtbar, überlegte Behütuns. Das konnte man klassisch planen, weil niemand anderes involviert war. Da macht man ja etwas, was der andere nicht weiß. In diesem Fall
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