Duo Infernale
Gedanken über den Treffpunkt gemacht«, erklärte sie und lächelte breit. »Er ist wirklich außergewöhnlich, sage ich dir.«
»Und wo?«
»Auf dem Turm von St. Pierre.«
Florence erschrak heftig. »Meinst du das im Ernst?«
»Sonst hätte ich es nicht gesagt.«
»Das ist eine Kirche.«
Fiona warf ihren Kopf zurück und lachte breit. »Ja, es ist eine Kirche, das weiß ich. Aber sollte uns das stören? Wir sind stark genug, außerdem brauchst du nicht in sie hineinzugehen, um zu beten. Der Treffpunkt wird oben auf dem Glockenturm sein. Sie wird kommen, das kann ich dir versprechen. Gibt es denn einen besseren Platz, um sie zu testen? Meiner Ansicht nach nicht. Wenn sie nicht so ist, wie wir es uns vorgestellt haben, wird sie den Turm auf sehr spektakuläre Art und Weise verlassen. Fliegen wie ein Engel. Nur ohne Flügel.«
Die Vorstellung ihres Plans ließ Fiona laut lachen. Ihre Zwillingsschwester blieb ruhig, denn sie konnte die Euphorie nicht teilen. Bisher hatte Fiona immer nur von Jane Collins gesprochen, aber es gab da noch eine zweite Person, den Mann, den Begleiter, und der bereitete Florence Sorgen.
Aber sie sprach nicht darüber, sondern sagte nur: »Ich möchte mich hinlegen, Fiona.«
»Ja, ich auch...« Sie strich mit der Handfläche über Florence’s Wangen. »Schlafen wir unserem großen Sieg entgegen. Wir haben ihn uns verdient...«
***
In Cannes gibt es die Croisette, diese immer überfüllte Straße direkt am Meer. Auch in Genf gibt es eine Croisette, die am Nordufer entlangführt und eigentlich Quai du Mont Blanc heißt. Aber die Einheimischen nennen sie Croisette, denn hier pulsiert das Leben, und auf dieser Seite liegen auch die großen Hotels sowie das Casino, in dem man Vermögen gewinnen und verlieren kann. Viele Scheichs besuchten das Casino, das praktisch zum Hilton gehört, denn dort waren wir abgestiegen und hatten noch ein kleineres Doppelzimmer bekommen, wobei der Preis dafür nicht eben gering war.
Die Fahrt in die »kleinste Großstadt« der Welt war ein Klacks gewesen. Es hatte kaum Verkehr geherrscht, und es war uns sogar gelungen, hin und wieder einen Blick auf das weit entfernt und im Süden liegende Mont-Blanc-Massiv zu werfen, das höchste Bergmassiv Europas, dessen Hauptgipfel 4810 Meter hoch ist.
Die Abfahrt vom Hotel am Murtensee war problemlos verlaufen. Man hatte uns keine Fragen gestellt, und wir wussten nicht mal, ob die beiden Toten schon entdeckt worden waren. Ein etwas schlechtes Gewissen quälte mich trotzdem, und ich würde die Schweizer Kollegen informieren, sobald das hier vorbei war.
Nach dem Einchecken waren wir kurz ins Zimmer gegangen und hatten dann einen Platz auf der Terrasse des Hotels gefunden, die vielleicht nicht wegen ihrer Größe die schönste in Genf war, die aber einen fantastischen Ausblick bot, und der schlug sich natürlich auch auf die Preise der Speisen und Getränke nieder.
Aber der Blick war wirklich phänomenal. Zudem hatten wir ein wahnsinniges Glück mit dem Wetter. Wir schauten über das von der Sonne helle und auch blaue Wasser des Sees hinweg und wieder bis weit nach Süden, wo sich das Mont-Blanc-Massiv wie für die Touristen gemalt majestätisch in den wolkenlosen Himmel erhob.
Das war nicht alles, was das Auge erfreute. Da kaum Wind herrschte, war die berühmte Fontäne in Betrieb genommen worden, die bei den Einheimischen jet d’eaus heißt. Dieser Springbrunnen erreicht eine Höhe von 140 Metern. Er wird aus dem See gespeist, und das Wasser schnellt mit einer Geschwindigkeit von 200 km in die Höhe.
Vom Ufer aus konnte man über einen Steg bis zur Fontäne gehen, was einige Menschen auch taten und dafür eine kostenlose Dusche bekamen. Überall auf dem See waren die Boote unterwegs, allerdings mehr auf der Wasserfläche, die sich zwischen den dicht besiedelten Uferteilen befand. Die Altstadt von Genf lag auf der anderen Seite. Sie wurde vom Turm der St.-Pierre-Kathedrale überragt, dem bedeutendsten historischen Bauwerk der Stadt.
Immer wieder zog dieser Turm meine Blicke an. Ich wusste nicht, ob er eine romanische oder eine gotische Bauweise zeigte. Wahrscheinlich trafen sich dort beide Stilepochen.
Jane Collins saß mir am Tisch gegenüber. Ihr fiel auf, dass ich mich in Gedanken befand und nicht den Ober sah, der sich schon neben unseren Tisch gestellt hatte.
»He, John, schläfst du?«
»Nein, warum?«
»Was möchtest du trinken?«
»Wein und Wasser.«
»Das nehme ich auch.«
Wir bestellten eine
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