Duo Infernale
denn ich hatte zwischendurch Pausen einlegen können, aber die innere Spannung durfte ich auch nicht vergessen. Sie hielt mich fest wie eine Schlinge, die sich um meinen Hals gewickelt hatte.
Der letzte Raum. Das Ende, das Dach. Genau das Gebiet, in dem die Glocke hing. Ich war etwas enttäuscht, weil ich sie nicht sah, sondern mehr dieses düstere Viereck mit den Balken unter der Decke, die kreuz und quer standen, um einen Einsturz zu verhindern.
Der Raum war leer, abgesehen von mir. Ich spürte für einen Moment die Enttäuschung. Sollte die ganze Plackerei umsonst gewesen sein? Das wollte ich nicht akzeptieren. Jane war mir nicht entgegengekommen, sie musste sich hier oben oder in der Nähe einfach aufhalten. Da gab es keine andere Lösung.
Ich durchquerte die schmalen Lichtstreifen, die durch die Fenster fielen, und gönnte mir einmal einen Blick nach draußen über den See hinweg.
Einfach umwerfend. Mehr fiel mir dazu nicht ein. Ich bedauerte es, keine Zeit zu haben, um mir einen großen Rundblick zu gönnen. Jane Collins musste einfach gefunden werden.
Dann sah ich die Tür.
Eine zweite.
Sie führte hinaus in einen anderen Raum, und dort mussten sich auch die Glocken befinden. Oder zumindest eine, denn ich hatte schon auf dem Weg eine gesehen und in den Schacht darunter geschaut.
Die beste und die größte Glocke. Die den lautesten Klang besaß, der am längsten anhielt, wenn er sein Echo über den See schickte, um es irgendwo verklingen zu lassen.
Es war kein Problem für mich, die Tür zu erreichen und die wenigen Schritte zu gehen. Trotzdem zögerte ich. Ich spürte den kalten Schweiß auf der Stirn und konzentrierte mich auch auf mein Kreuz, das in der Tasche steckte und über das ich mit den Fingern strich, jedoch keine Reaktion erlebte.
Die Tür ließ sich auch von innen öffnen. Das Metall einer schweren Klinke schimmerte mir entgegen.
Mein Herz klopfte schneller. Die Spannung nahm zu. Ich dachte daran, die Beretta zu ziehen, und meine Hand befand sich schon auf dem Weg, als sich alles änderte.
Nicht ich öffnete die Tür, sie wurde von der anderen Seite her geöffnet.
Eine blonde Frau erschien. Mit einem schwarzen Hosenanzug bekleidet. Ich sah sofort, dass sie nicht allein war, denn hinter ihr ging Jane Collins. Obwohl ihre Gestalt noch durch die andere zum Teil verdeckt wurde, erkannte ich schon mit dem ersten Blick, dass sie sich nicht normal bewegte und wahrscheinlich von der dritten Person, einer Frau mit schwarzen Haaren, bedroht wurde.
Dies aufzunehmen dauerte höchstens zwei Sekunden.
Und auch die Blonde wusste Bescheid.
Sie blieb plötzlich stehen und zischte mir nur ein Wort entgegen.
»Sinclair!«
Im Moment lagen die Vorteile noch auf meiner Seite, und das sollte auch so bleiben. Ich wurde nicht bedroht, aber ich wollte durch eine Bedrohung die Lage entschärfen und zog mit einer glatten Bewegung meine Beretta.
Tief in meinem Gehirn sagte mir eine Stimme, dass ich eventuell einen Fehler begangen hatte, doch der ließ sich nicht mehr korrigieren, denn die Mündung der Waffe zeigte bereits auf die blonde Frau, die abrupt stehen blieb.
Ein Kompliment musste man ihr machen. Sie hatte sich vorzüglich in der Gewalt. Sie zeigte kein Erschrecken, sie schrie nicht auf, sie ließ einige Sekunden verstreichen, bevor sie leise zu lachen begann. Das Lachen gefiel mir nicht. Es war überheblich und eiskalt, und mir kroch ein Schauer über den Rücken.
Abrupt hörte das Lachen auf. Mit der gleichen Stimmlage, mit der sie meinen Namen ausgesprochen hatte, fragte die Blonde: »Willst du, dass deine Freundin stirbt?«
Bluff? Ein Spiel mit dem Feuer?
Nein, daran glaubte ich nicht. Das war echt, das andere hatte sie nicht nötig, und sie trat mit einem gleitenden Schritt zur Seite, damit ich freie Sicht bekam.
Ich sah Jane, und ich sah zugleich, in welch einer fatalen Lage sie steckte. Hätte ich zuvor noch auf meine innere Stimme gehört, hätte ich sicherlich anders reagiert, so aber hatte ich mich selbst in eine gefährliche Lage hineingebracht, in der ich nur zweiter Sieger sein konnte, denn die Dunkelhaarige stand hinter Jane und zielte mit deren Beretta auf ihren Kopf.
»Wenn du deine Kanone nicht fallen lässt, Sinclair«, sprach mich die Blonde an, »wird Florence deiner Freundin das Gehirn aus dem Schädel schießen. Und denke nicht, dass ich bluffe.«
Das hätte sie mir nicht zu sagen brauchen. Zum Bluffen waren die beiden nicht geboren. Hinter ihrer schönen Fassade
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