Durch den Schnee: Erzählungen aus Kolyma 1 (German Edition)
fehlenden Anerkennung als Schriftsteller gelitten.
Warlam Schalamows Bücher sind in den vergangenen zwanzig Jahren in seiner Heimat mehrfach verlegt worden. Die erste vollständige Übersetzung der »Erzählungen aus Kolyma« erschien 2003 in Frankreich. Das vorliegende Buch ist der erste Band der Werkausgabe in deutscher Sprache, die neben allen »Erzählungen aus Kolyma« auch die autobiographischen Texte, Essays, Briefe und Gedichte enthalten wird.
Der russische Schriftsteller Wiktor Nekrassow bekräftigte 1986 im Wissen um die noch fehlende Rezeption in der damaligen Sowjetunion mit folgenden Worten, warum man Schalamow lesen müsse: »Um sich selber immer wieder in Erinnerung zu rufen — so ist es gewesen. Etwas noch Furchtbareres als der Krieg, als das Inferno. Das Inferno ist der Sieg der Gerechtigkeit. Die Kolyma ist der Sieg des absolut Bösen.«
Schalamow hatte bereits 1965 gefragt: »Warum das Lagerthema? Das Lagerthema, weit gefaßt, prinzipiell betrachtet — ist die größte, die Kernfrage unserer Epoche. Ist denn die Vernichtung des Menschen mit Hilfe des Staates nicht die Kernfrage unserer Zeit, unserer Moral, die in der psychologischen Verfassung jeder Familie Spuren hinterlassen hat?«
März 2007
Abb. Autograph des Anfangs der Erzählung »Cherry Brandy« von Warlam Schalamow (RGALI, Russisches Staatliches Archiv für Literatur und Kunst, Moskau).
Warlam Schalamow — biographische Daten
1907 — Am 18. Juni (1. Juli) wird Warlam Tichonowitsch Schalamow (Varlam Tichonovič Šalamov) in Wologda als jüngstes von fünf Geschwistern geboren; Vater: Tichon Schalamow, russisch-orthodoxer Priester; Mutter: Nadeschda Schalamowa, Lehrerin.
1923 — Schulabschluß am St. Alexander-Gymnasium in Wologda.
1924 — Abreise nach Moskau; Arbeit als Gerber in einer Lederwarenfabrik.
1926 — Beginn des Jurastudiums an der Juristischen Fakultät der Moskauer Lomonossow-Universität, an der Fakultät für Sowjetisches Recht; erste Kontakte zu literarischen Kreisen.
1927 — Teilnahme an der Demonstration der Opposition zum 10. Jahrestag der Oktoberrevolution.
1929 — Am 19. Februar erste Verhaftung in einer illegalen Universitätsdrukkerei wegen der Verbreitung von »Lenins Testament« (Brief vom Dezember 1922 an den XII. Parteitag der KPdSU, in dem der todkranke Lenin vor Stalin warnte); bis März 1929 Haft im Butyrka-Gefängnis; Urteil: drei Jahre Haft im Konzentrationslager und fünf Jahre Verbannung im Norden.
1929–31 — Gefangener der Wischera-Lagerabteilung (im Nord-Ural) der Solowezker Sonderlager; Arbeit in einer Holzfabrik.
Oktober 1931 — Entlassung aus dem Lager, Arbeit beim Bau eines Chemiekombinats in Beresniki.
1932 — Rückkehr nach Moskau.
1933 — Tod des Vaters.
1934 — Heirat mit Galina Guds (1935 Geburt der Tochter Elena); Dezember: Tod der Mutter.
1934–37 — Erste Publikationen (Prosa und Publizistik).
Januar 1937 — erneute Verhaftung, Urteil: fünf Jahre »Arbeitsbesserungslager« wegen »konterrevolutionärer trotzkistischer Tätigkeit«.
August 1937 — Ankunft mit dem Schiff in der Bucht Nagaewo (Magadan), Arbeit im Goldbergwerk »Partisan«.
Dezember 1938 — Verhaftung im Zusammenhang mit der »Juristenverschwörung«; Gefängnis in Magadan.
Dezember 1938 — April 1939 — Durchgangsgefängnis in Magadan; Typhusquarantäne.
April 1939 — August 1940 — Im Lager am »Schwarzen See«; Arbeit als Wassersieder, Helfer eines Topographen, Arbeit bei Erdarbeiten.
August 1940 — Dezember 1942 — Verlegung nach Arkagala; Arbeit im Kohlebergwerk; Ende der Haftzeit; Verlängerung der Lagerhaft bis Kriegsende.
Dezember 1942 — Mai 1943 — Verhaftung in Arkagala; Verlegung ins Strafbergwerk Dschelgala; Arbeit in einer Bergbaubrigade.
Mai 1943 — Verhaftung; Verurteilung in Jagodnoje; Urteil: zehn Jahre »Besserungsarbeitslager« wegen »anti-sowjetischer und konterrevolutionärer Tätigkeit« (Artikel 58-10).
Herbst 1943 — Krankheit; Aufenthalt im Krankenhaus »Belitschja«.
Dezember 1943 — Sommer 1944 — Bergwerk »Spokojnyj«, Arbeit im Schacht.
Sommer 1944 — Verhaftung in Jagodnoje nach Denunziation; Bergwerk »Spokojnyj«, Einsatz bei »allgemeinen Arbeiten«.
Frühjahr 1945 — Waldlageraußenstelle des Lagerpunktes von Jagodnoje.
Sommer — Herbst 1945 — Krankheit; Aufenthalt im Krankenhaus »Belitschja«.
Herbst 1945 — Außenstelle der Holzfäller »Diamantenquelle«; Flucht; neue Anklage in Jagodnoje ohne Frist;
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