Durch den Sommerregen
jedoch ziemlich schnell nur noch das Pflichtgefühl und nicht die Vorfreude nach Hause getrieben hat.
Nachdem mir in den letzten zwei Stunden meines Arbeitstages die Sonne in den Rücken gebrannt hat, bin ich bereit für mein klimatisiertes Auto und eine Dusche. Die Jalousie am Fenster hinter dem Informationstresen ist defekt und der Hausmeister hat natürlich auch Urlaub. Die Vertretung aus der Stadtverwaltung schafft es leider erst morgen, zu uns herüber zu kommen und jetzt fürchte ich, dass ich mir einen ziemlich bösen Sonnenbrand im Nacken eingefangen habe. Kein normaler Mensch schützt sich schließlich mit Sonnencreme, wenn er in geschlossenen Räumen arbeitet.
„Fahr ruhig nach Hause, Mausi. Ich schließ für dich ab.“ Steffi legt mir eine kalte Hand auf die Schulter. Sie kommt gerade aus dem Archiv, das nur ein paar kleine Fenster kurz unter der Decke hat und bei dem Wetter angenehm kühl ist.
„Gabriel will gleich mit mir Essen gehen, aber bei dem Wetter ist mir nicht danach, irgendetwas Heißes zu mir zu nehmen.“ Außer vielleicht seinen ...
„Gabriel heißt er also.“ Natürlich klammert sie sich sofort an diese kleine Info, aber das war ja auch meine Absicht. Wenn ich ihr gar nichts gebe, dann habe ich bald keine Freundin mehr, falls es das ist, was wir sind.
„Ja, Gabriel heißt er.“
Ich nehme meine Handtasche aus der untersten Schublade meines Schreibtischs und suche darin meinen Autoschlüssel.
„Ist er heiß?“
Da sich gerade Kunden in der Nähe befinden, wartet sie mit völlig neutraler Miene auf meine Antwort.
„Er ist respektvoll, höflich und weiß, wie man sich in Gesellschaft benimmt.“ Steffi sieht enttäuscht und gelangweilt zu mir. „Oh, und er ist tätowiert, groß und durchtrainiert. Außerdem hat er Wimpern, für die jede Frau Geld bezahlen würde und eine Zunge, für die die meisten Frauen das Gleiche tun würden. Von dem französischen Akzent will ich erst gar nicht anfangen.“
Natürlich sage ich das gerade laut genug, damit Steffi es noch versteht.
Der treten fast die Augen aus den Höhlen.
„Und den enthältst du uns vor? Das ist nicht fair, Lena. Nächstes Wochenende muss er mitkommen, sonst nehme ich es persönlich. Das Prachtstück muss ich mir genauer anschauen.“
Ich kann es mir lebhaft vorstellen, wie meine anderen Kolleginnen und auch der ein oder andere Kollege Gabriel mit unauffälligen Blicken inspizieren. Nicht, solange ich es vermeiden kann. Mein armer Gabriel.
30.
Ich bin froh, dass ich mich doch noch von Gabriel zu einem Essen habe überreden lassen. Ein Biergarten im Schatten des Schlossparks, der auch eine große Auswahl an Salaten anbietet, ist jetzt genau das Richtige. Während wir uns bei einem Weizenbier gegenüber sitzen, wird mir klar, dass wir so etwas bisher noch nie zusammen gemacht haben. Abgesehen von unserem missglückten Date im Coffeeshop haben wir eigentlich noch nicht viel außerhalb unserer Wohnungen gemacht. Auch wenn es keine bewusste Entscheidung war, ist mir schon klar, warum ich es bis jetzt nicht vorgeschlagen habe.
Miteinander Zeit zu verbringen und auch Sex zu haben ist zwar schon ernst, aber solange man sich nicht gemeinsam in der Öffentlichkeit zeigt, kann man immer noch behaupten, man wäre nie zusammen gewesen. Das ist zwar naive Schulmädchenlogik, aber manchmal weiß man sich eben nicht anders zu helfen.
„Geht es dir gut, schöne Frau?“ Gabriel legt eine Hand auf meine und sieht mich über seine Sonnenbrille hinweg an. Ich weiß auch nicht, wie ich je denken konnte, es wäre keine gute Idee, mich mit diesem Mann zu zeigen.
„Es geht mir sehr gut.“ Ich habe nur immer noch große Angst, dass dieser Zustand nicht von Dauer ist.
„Darf ich deine Eltern kennenlernen?“
Auf die Frage habe ich schon lange gewartet und trotzdem weiß ich nicht, was ich darauf antworten soll.
„Bald“, sage ich. Es ist nichts als eine Hinhaltetaktik. Auch wenn meine Eltern inzwischen von Gabriel wissen, bin ich noch nicht so weit.
„Kann ich dich wenigstens als meine Freundin bezeichnen, ohne dass du jedes Mal zusammenzuckst?“
„Ich hasse den Begriff. Wir sind keine Teenager mehr.“
„Was dann? Wie soll ich es denn klarmachen, dass du zu mir gehörst?“
„Brauchst du dafür wirklich einen Stempel? Wir verbringen fast jede freie Minute miteinander. Du weißt mehr von mir als jeder andere und umgekehrt ist es vermutlich ähnlich. Ich weiß nicht, was du von mir willst.“
Wir streiten nicht,
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