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Durch die Hintertür

Durch die Hintertür

Titel: Durch die Hintertür Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lear
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ich.
    »Sir James ist heute leider unpässlich, Sir«, sagte die kräftige Hauswirtschafterin und schürzte die Lippen. »Lady Caroline riet ihm, lieber im Hause zu bleiben. Es ist ein Jammer.«
    »Nun, wir werden die Jagd sicher nicht verpassen. Um wie viel Uhr kommt sie hier vorbei, Mrs. R?«
    »Gegen vier, Sir.«
    »Wunderbar. Dann haben wir noch genügend Zeit, um uns frischzumachen.«
    »Möchten Sie auf Ihr Zimmer, Sir?«
    »Ja, Mrs. R. Nur eine Minute.«
    »Wir wollten … dort gerade saubermachen.«
    Sie ging rückwärts, als wollte sie uns den Weg verstellen.
    »Keine Umstände, wir sind sofort fertig«, sagte Morgan. »Mr. Mitchell hat, ähm – Tennis gespielt, nicht wahr, Mitch?«
    »Genau. Ein paar Bälle hin und her geschlagen.«
    »Ich habe Sie gar nicht gesehen, Sir.«
    »Und er muss das Hemd wechseln. Sie wissen ja, wie pingelig diese Amerikaner sind. Wir sind im Handumdrehen wieder draußen, dann können Ihre wundervollen Mädchen kommen und unsere Junggesellenbude auf Vordermann bringen.«
    Mrs. Ramage wurde von einem Hustenanfall gepackt und musste sich deswegen vor unserer Tür so weit nach vorn beugen, dass ein Durchkommen unmöglich war. Morgan klopfte ihr auf den Rücken und manövrierte sie sanft zur Seite.
    »Nehmen Sie besser etwas gegen diesen Husten, Mrs. R.«, sagte er und zwinkerte mir zu. »Nicht, dass das noch chronisch wird.«
    Mrs. Ramage eilte den Gang entlang davon und ließ uns endlich allein.
    Sobald ich das Zimmer betrat, wusste ich, dass etwas nicht in Ordnung war. Meine Bücher waren nicht mehr ordentlich auf dem Schreibtisch gestapelt, sondern lagen überall verstreut herum, ein paar auf dem Boden, andere auf dem Bett. In meinem Koffer hatte zuvor bereits Unordnung geherrscht, aber jetzt sah er aus, als wäre ein Sprengsatz darin hochgegangen.
    »Jemand hat mein Rasierzeug durchwühlt«, hörte ich Morgan aus dem Badezimmer rufen. »Wie seltsam.«
    »Das ist ganz und gar nicht seltsam«, sagte ich. »Wir hatten ungebetene Gäste.«
    »Wo seid ihr?«, fragte Boy, zog Vorhänge zurück und riss Schranktüren auf.
    »Wer es auch gewesen ist, sie sind weg«, sagte ich. »Und ich weiß auch genau, auf welchem Weg sie sich aus dem Staub gemacht haben.«
    Das Fenster war verschlossen und von innen verriegelt. Morgan wirkte verblüfft.
    »Versuch’s mal mit der Tür da«, sagte ich und wies auf etwas, das ich bislang für den Wäscheschrank gehalten hatte – eine halbhohe Tür in der hinteren Wand, die mit derselben blauen Blumentapete bedeckt war wie der Rest des Zimmers.
    »Sei nicht albern, Mitch, darin ist nur die Bettwäsche.« Er ging vor der Tür in die Hocke und rief amüsiert: »Halloooo! Na, kommt schon raus aus eurem Versteck! Siehst du? Nichts …«
    Und dann hörten wir wenige Meter davon entfernt einen dumpfen Aufprall hinter der Wand.
    »Was zum –«
    »Pst! Hör zu!«
    Irgendwo knirschten Dielen – draußen auf dem Gang? Dann war alles wieder ruhig.
    »Wenn mich nicht alles täuscht, führt uns diese Tür zur Lösung des Rätsels.«
    »Du liest zu viel«, sagte Morgan.
    »Versuch’s doch mal.«
    Er scharrte am Rand der kleinen Tür herum; einen Knauf gab es nicht. »Verschlossen.«
    »Und zwar von der anderen Seite.«
    »Wahrscheinlich.«
    Vom Gang war Mrs. Ramages krächzende Stimme zu hören: »Mr. Morgan! Mr. Mitchell! Sind Sie angezogen?«
    »Eine Minute noch, Mrs. R! Mitchell sitzt gerade auf dem Töpfchen!« Morgan unterdrückte ein Kichern. »Das sollte sie eine Zeit lang auf Abstand halten.«
    »Wir müssen diese Tür aufbekommen«, flüsterte ich, »und zwar leise, damit wir nicht gleich Mrs. Ramage und die anderen am Hals haben.«
    »Lass mich nur machen.« Zu meinem Erstaunen schnappte sich Boy einen Brieföffner vom Schreibtisch und fuhr damit geschickt an den Rändern der Tür entlang, bis er auf Widerstand stieß. Er ruckelte und wackelte, bis es ein Klacken und Klicken gab. Die Tür öffnete sich.
    »Die Hintertür …«
    Morgan ging auf allen vieren voraus. Ich konnte die schweren Schritte von Mrs. Ramage vor unserem Zimmer hören, also schob ich ihn hinein und folgte ihm. Wir zogen die Tür hinter uns zu und verschlossen den Riegel, den Morgan von außen gelöst hatte. Dann kauerten wir in der Finsternis und warteten ab, bis unsere Augen sich daran gewöhnt hatten.
    Ich hätte mir niemals ausmalen können, dass Mrs. Ramage, eine Wirtschafterin in einem englischen Landhaus, auch nur auf den Gedanken käme, einfach so in ein Gästezimmer zu

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