Durch Himmel und Hoelle
Katastrophe hervorgehen, dachte Elysia, als sie die neue Entschlossenheit in den sanften grauen Augen entdeckte. Aber hart würde dieses sanfte Wesen nie- mals werden.
»Sie wollten zuviel, Elysia«, sagte Louisa traurig. »Ihre Gier hat sie verdorben. Aber was sie auch gewesen sein mögen, sie waren
meine Eltern, und als solche werde ich sie auch in Erinnerung behal- ten.« Louisa stand zögernd auf. »Es gibt jetzt viele Dinge, um die ich mich kümmern muß, und ich weiß überhaupt nicht, wo ich an- fangen soll.« Sie schüttelte hoffnungslos den Kopf.
»Du kannst nicht allein damit fertig werden. Bitte gestatte un- seren Rechtsanwälten, sich um deine Angelegenheiten zu küm- mern. Ich kenne sie nicht, aber Alex wird dir sicher helfen, und wenn du noch weitere Schwierigkeiten hast, wird sich mein Bruder Ian glücklich schätzen, dir beizustehen.«
»Ian? Ich habe gar nicht gewußt, daß du einen Bruder hast.« Louisa schien sehr überrascht zu sein. »Ich habe immer geglaubt, daß du das einzige Kind deiner Eltern warst. Ich freue mich darauf, ihn kennenzulernen.«
»Aber du kennst ihn ja schon«, rief Elysia unschuldig.
»Wirklich? Nein«, erwiderte Louisa nachdenklich. »Ich glaube, du irrst dich, ich würde mich doch sicher an deinen Bruder erin- nern.«
»Vielleicht kennst du ihn unter einem anderen Namen — David Friday. Ich glaube, hier benützt er diesen Namen.«
Louisa starrte Elysia an, als hätte sie den Verstand verloren. »Da- vid Friday ist dein Bruder? A-aber ich verstehe das nicht. Ist er denn kein Matrose... wer ist er denn?«
»Das ist eine lange, unglaubliche Geschichte, und nicht einmal ich kenne alle Einzelheiten. Ich weiß nur, daß er Ian Demarice, mein älterer Bruder, und Offizier bei der Königlichen Marine ist. Ein ziemlich ehrenwerter Herr. Aber warum läßt du ihn nicht alle deine Fragen beantworten?«
»So etwas... dein Bruder? Oh, ich könnte einfach nicht. . . und außerdem, wenn das, was du sagst, wahr ist, dann hat er ja nur seine Pflicht getan«, fuhr sie verwirrt fort. »Ich habe schon immer vermu- tet, daß mehr hinter ihm steckt. Er war immer ein Gentleman, im- mer. Unten geht alles drunter und drüber, aber ich glaube, ich habe
ihn gesehen. Ich bin so verwirrt. Er ist Offizier, hast du gesagt?« Elysia nickte, und Louisas Miene wurde auf einmal ganz traurig, als sie sagte: »Dann war alles nur gespielt, sogar sein Interesse an mir war ein Teil seines Auftrags, der jetzt beendet ist.«
»Zwischen uns wird nie alles vorbei sein, Louisa.«
Louisa drehte sich erschrocken um und sah Ian ins Zimmer kom- men. Seine Schaftstiefel waren voller Schlamm, und seine Jacke hatte ein Loch, wo ihn die Kugel getroffen hatte. Sein Arm war in ei- ner Schlinge, und er sah müde, aber glücklich aus. Sein Auftrag war erfolgreich erledigt, und alles, was er sich vorgenommen hatte, hatte er zu Ende gebracht.
»Ian, wie geht's deinem Arm? Solltest du wirklich schon herum- laufen?« meinte Elysia besorgt, als er auf sie zukam und sie liebevoll auf die Wange küßte.
»Hör schon auf, mich zu bemuttern. Ich habe schon genug Für- sorge von dieser Frau unten abgekriegt. Eine Mrs. Duney... Diney, ich weiß nicht, wie sie heißt, aber sie hat meine Wunde großartig versorgt. Die hätten wir am Mittelmeer gebraucht, aber die Männer wären alle desertiert, wenn sie ihnen mit diesem Zeug, das sie Medi- zin nennt, gekommen wäre.« Er schnitt eine Grimasse, als hätte er immer noch den Geschmack auf der Zunge. »Alles wegen einem kleinen Kratzer.«
»Das ist das Spezialelixier von Dany, das bringt dich garantiert wieder auf die Beine.« Elysia lachte erfreut, weil bei Ian keine Nach- wirkungen zu erkennen waren.
»Das Zeug hat mich aber beinahe umgeschmissen!« Er ging zu Louisa, die sehr intensiv eine Schnitzerei am Kamin studierte, und richtete seine nächsten Bemerkungen an ihren Nacken. »Ich bin Ian Demarice.« Er beugte sich förmlich über ihre kraftlose Hand.
»Mr. Demarice«, erwiderte Louisa höflich, »ich fürchte, ich kenne Euren Rang nicht.«
»Lieutenant.« Ian blickte ihr fest in die grauen Augen. »Es tut mir
leid, Louisa. Um nichts in der Welt wollte ich Euch Leid zufügen, aber unsere Wünsche werden nicht immer berücksichtigt. Bitte glaubt mir, ich wollte dieses Ende nicht.«
»Ich danke Euch. Ich weiß, Ihr habt nur Eure Pflicht getan. Ich bin sicher, es gab keine bessere Lösung, um das alles zu einem glücklichen Ende zu führen. Jemand mußte dabei verletzt
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