Durch Himmel und Hoelle
oben diniert. Es war doch ein anstrengender Tag.« Er musterte sie kritisch. »Ihr braucht ein bißchen Ruhe, meine Liebe. Ihr seht etwas blaß aus.«
»Ich bezweifle ernsthaft, Mylord, daß Blutergüsse momentan in Mode sind«, erwiderte Elysia erbost.
»Ah«, hauchte er. »Es freut mich zu hören, daß Euer Sturz Eurer wunderbaren Schlagfertigkeit nicht geschadet hat. Sie würde mir schrecklich fehlen. Ich hatte schon Angst, Ihr hättet sie verloren, Mylady«, sagte er und ließ sie dabei nicht aus den Augen.
»Nein, Mylord, in der Tat nicht. Ich besitze immer noch all meine geliebten Tugenden. Sie sind nur momentan außer Betrieb. Ich bin mir sicher, Ihr werdet begreifen, daß ich andere und wichtigere Dinge im Kopf hatte, als Eure Lordschaft mit meinen Geistesblit- zen zu unterhalten.«
»Bravo, du kommst aber schnell wieder in Form, meine Liebe.« Er lachte, als würde er sich wirklich amüsieren. Sein Blick wanderte besitzergreifend über ihre Gestalt, die nur von einer grünen Samt- robe mit sehr offenherzigem Dekollete verhüllt war.
Elysia hatte seinen Blick falsch verstanden und sagte trotzig: »Ich habe gerade gebadet und nicht damit gerechnet, jemanden empfan- gen zu müssen, bevor ich mit meiner Toilette fertig bin.«
»Meinetwegen braucht Ihr Euch nicht weiter anzuziehen, My- lady. Ich bin schließlich und endlich Euer Mann und habe Euch schon mit weniger gesehen«, erklärte er dreist und sah, wie sie bei diesen Worten errötete. »Sollen wir essen? Ich glaube, ich bin heute abend sehr hungrig.«
Elysia beäugte ihn mißtrauisch, als er sie fürsorglich zum Stuhl führte und die Diener wegschickte, nachdem sie die Silberschalen mit Deckeln aufgetragen hatten.
»Gestattet mir, Euch zu bedienen, Mylady«, bot Alex freundlich an und zeigte ihr eine Platte pochierten Steinbutt mit sahniger Sauce. »Kann ich Euch mit diesem saftigen Stück verlocken?« Er legte es geschickt auf ihren Teller und fügte noch eine Scheibe Schinken in Madeira hinzu, etwas gefüllten Salat, Austern, Weinge- lee, Kartoffeln in Sauce Hollandaise und Hummer. Es waren noch zahllose andere Gerichte unter den Wärmeglocken verborgen.
Elysia starrte ihren Teller an. Sie hatte keinen Appetit. Wie sollte sie einen Bissen herunterkriegen, wenn er kaum einen Meter ent- fernt von ihr saß? Bis jetzt war immer der lange Bankettisch zwi- schen ihnen gewesen. Diese Distanz war viel zu gering für ihren Seelenfrieden.
Alex schien das gar nichts auszumachen. Elysia beobachtete, wie er fachmännisch seine Austern öffnete und das weiche, saftige Fleisch schlürfte. Er hob den Kopf, bevor er das schimmernde Weingelee verspeiste und sah sie verwundert an. »Hast du keinen Hunger? Antoine hat sich heute abend wirklich selbst übertroffen.«
Er fuhr sich mit der Zungenspitze über die Oberlippe und tupfte sich elegant die Mundwinkel ab. »Bist du sicher, daß du gar keinen Appetit hast? Hier, versuch ein Stückchen Hummer.« Er hielt ihr eine Gabel voll unter die Nase und lockte sie mit dem Duft. »Komm, sei ein braves Mädchen und iß.«
Elysia konnte ihm in dieser Stimmung nicht widerstehen und nahm den Bissen Hummer, dann überraschte sie sich selbst, indem sie hungrig alles, was auf ihrem Teller war, aufaß.
Alex füllte ihre Gläser immer wieder mit dem kräftigen, dunkel- roten alten Wein. Elysia fühlte sich sehr entspannt und angenehm schwindlig, als sie sich zurücklehnte. Das Zimmer hatte einen rosi- gen Schimmer, und das Feuer knisterte träge im Kamin. Alex reichte Elysia ein randvolles Glas Champagner, trotz ihrer Proteste, sie hätte genug getrunken. Sie gab klein bei und nahm es. Die Blasen kitzelten sie in der Nase, als sie daran nippte.
»Und jetzt werden wir reden«, verkündete Alex plötzlich, und seine harte Stimme zerschmetterte das behagliche Schweigen.
Elysia erstarrte und versuchte, ihre zerstreuten Gedanken ir- gendwie zu sammeln. Wenn Alex ihr doch nur nicht so viel Wein gegeben hätte. Sie konnte kaum einen klaren Gedanken fassen.
»Es hat keinen Sinn, meine Liebe.«
Elysias benebelter Blick richtete sich auf ihn.
»Ich habe dich absichtlich ein bißchen betrunken gemacht, damit du dich entspannst«, sagte er ohne Umschweife und ließ dabei ihr gerötetes Gesicht nicht aus den Augen.
Elysia stellte mit zittriger Hand ihr Champagnerglas auf den Tisch neben dem Sofa. »Warum?« fragte sie.
»Weil dein scharfer Verstand in etwas beschwipstem Zustand nicht so schnell arbeitet wie gewohnt. Du wirst meinen
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