Durch Himmel und Hoelle
an«, gab Elysia kurz zur Antwort, »aber wenn es Euch beruhigt, ich bin
nicht von zu Hause weggelaufen, um zu heiraten. Ich möchte Euch nicht die Ruhe rauben - abgesehen davon, daß ich mir einen unge- eigneteren Kandidaten für den Bräutigam kaum vorstellen kann«, fügte Elysia trocken hinzu. Sie war erschüttert, wie nahe er der Wahrheit gekommen war, und zwei rote Flecken färbten ihre Wan- gen.
Lord Trevegne musterte sie aus zusammengekniffenen spötti- schen Augen. Elysia erwiderte trotzig seinen Blick. Dann erschien plötzlich ein schiefes Lächeln auf seinem strengen Gesicht.
»Demarice? Der Name kommt mir bekannt vor.« Sir Jason sah Elysia an, als wollte er in ihrem Gesicht etwas finden, das ihm ent- gangen war. Plötzlich erhellten sich seine Züge. »Charles Dema- rice? Das ist es!« rief er aus. »Er ist Euer Vater, oder? Aber natür- lich, nach diesen Augen zu schließen, muß er es sein. Ihr kennt sei- nen Spitznamen, Cat Demarice, weil seine Augen schräg wie die ei- ner Katze sind - und bei Gott, Eure sind es auch. Es ist, als würde man eine Katze anschauen.«
Elysia wurde schamrot, als beide Männer ihr offen ins Gesicht starrten, und dann spürte sie, wie der Marquis den Rest ihrer Er- scheinung in Augenschein nahm. Sie kam sich abgerissen und schmuddelig vor, im Vergleich mit seinem eleganten Rock aus Satin und Samt und seinem makellosen Hemd. In ihren Augen konnte sie das Erstaunen lesen, mit dem sich die beiden fragten, was Charles Demarices Tochter in diesem Aufzug hier zu suchen hatte.
»Wo ist er denn? Ich habe ihn seit Jahren nicht mehr in London gesehen. Ich habe ihn ganz vergessen, weil ich ihm solange nicht mehr begegnet bin«, erkundigte sich Sir Jason neugierig.
»Mein Vater ist vor zwei Jahren gestorben wie auch meine Mut- ter. Sie sind beide verunglückt, als ihre Kutsche umstürzte«, sagte Elysia leise. Der Schmerz überschattete ihren Blick und verdunkelte ihre Augen bei der Erinnerung an das Leid, das dieses Unglück ihr gebracht hatte.
»Das tut mir aber leid«, entschuldigte sich Sir Jason. »Ich hatte keine Ahnung von Eurem Kummer. Bitte nehmt mein tiefempfun- denes Beileid für Euren schweren Verlust entgegen.«
»Manchmal glaube ich, es war gnädiger, daß sie miteinander star- ben, weil ich bezweifle, daß einer ohne den anderen hätte überleben können, so sehr haben sie sich geliebt.«
»Erstaunlich! Eine solche Zuneigung zwischen Mann und Frau ist sehr selten. Lord Trevegne hier glaubt zum Beispiel nicht an die Liebe - besonders nicht im Ehestand. Habe ich nicht recht, My- lord?« fragte Sir Jason den gelangweilt dreinschauenden Marquis.
»Ganz recht. Liebe existiert nur im Kopf von verarmten Dich- tern, die die Phantasien Jugendlicher und alter Jungfrauen nähren«, antwortete Lord Trevegne mit einem verächtlichen Lächeln.
»Damit stellt Ihr nur Eure Unwissenheit zur Schau, Mylord - aber von einem Londoner Gentleman habe ich mir nichts anderes erwartet«, entgegnete Elysia zornig.
»Wirklich? Und darf ich annehmen, daß Ihr diesen seligen Zu- stand, der den Neid der Sterblichen und Götter erregt, schon genos- sen habt?« spöttelte er.
»Nein, das habe ich nicht, aber -«
»Dann könnt Ihr nichts darüber wissen, und wenn ich mich nicht irre, auch nichts von Leidenschaft. Ihr kennt nur das, was Ihr gese- hen oder über das Ihr gelesen habt. Ich finde, daß man die meisten Frauen in zwei Kategorien einteilen kann, entweder sie sind roman- tisch und sentimental und haben bei jeder Gelegenheit Tränen pa- rat, oder sie sind geschäftstüchtige Opportunisten, die alles mitneh- men, was sie kriegen können.« Lord Trevegne sah Elysia fragend an. »Ich frage mich, zu welcher Kategorie Ihr gehört?« Sein Mund verzog sich verächtlich, als er beleidigend hinzufügte. »Aber mit Eurem Aussehen solltet Ihr wirklich keine Schwierigkeiten haben, jeden Wunsch von irgendeinem armen, verliebten Trottel erfüllt zu bekommen.«
»Ich bin weder das eine noch das andere, Mylord«, erwiderte Elysia kalt und sah direkt in die goldenen Augen des Marquis. »Ich bin ein Realist. Ich weiß, daß alle Männer unmenschliche Bestien sind, die nur ihrem eigenen Vergnügen nachgehen, ohne einen Ge- danken an die Gefühle anderer zu verschwenden - besonders, wenn man das Pech hat, mit einem von diesen ausgewachsenen Schuljun- gen verheiratet zu sein«, meinte Elysia verächtlich. Sie erwärmte sich sichtlich für das Thema, als sie fortfuhr und dabei ihr kleines, rundes Kinn
Weitere Kostenlose Bücher