Durch Himmel und Hoelle
einen Blick zu, die scheinbar von den Porzellanfiguren gefesselt war, und flü- sterte widerwillig: »Ich muß ja sagen, sie stehen ihr sehr gut, mit ih- rer Haarfarbe und so.«
»Lady Woodley muß vor Neid so grün sein wie die Smaragde«, sagte die andere frech. Beide lachten und schielten hinter ihren flat- ternden Fächern zu besagter Lady hinüber.
Elysia ging weiter und unterdrückte ein Lächeln. London hatte also eine Heirat zwischen Alex und Lady Woodley erwartet? Jetzt wußte sie, warum die Witwe ihr so mörderische Blicke zugeworfen hatte - sie hatte damit gerechnet, die nächste Marquise zu werden. Was war nur passiert, daß Alex sie verlassen hatte? Sie würde es wahrscheinlich nie erfahren, trotzdem hatte sie ein ungutes Gefühl. Lady Woodley war sicher keine gute Verliererin und würde sich auch nicht so leicht geschlagen geben. Die dunkeläugige Witwe war ihr Feind.
»Es tut mir so leid, daß ich bis jetzt nicht mit dir reden konnte, Elysia«, sagte Louisa, die ihr leise gefolgt war.
»Das ist doch vollkommen in Ordnung. Du mußt deine Gäste unterhalten, und ich habe dieses Porzellan bewundert. Eine beacht- liche Sammlung.«
»Ja, Mama ist eine leidenschaftliche Sammlerin. Es macht mir wirklich nichts aus, mit den Gästen zu reden - ich weiß nur nicht, wie ich mich höflich entschuldigen kann, wenn ich weg will. - Bitte.« Louisa ergriff Elysias Hand und zog sie hinter sich her. »Komm, ich zeig' dir noch eine Vitrine von Mama - in der Biblio- thek können wir uns ungestört unterhalten.«
Keiner merkte, wie sie das Zimmer verließen, und Louisa führte Elysia in die Bibliothek, in der ein großer Glasschrank mit hübsch arrangierten orientalischen Vasen und Tellern stand. Der Raum war nicht so groß wie die Bibliothek in Westerley und bot auch nur herzlich wenig Lesematerial. Ein Großteil des Raumes diente der Ausstellung verschiedener Sammlungen, eine davon bestand aus reich geschnitzten Messern und Schwertern. Elysia wandte sich schaudernd ab.
»Ich bin ja so froh, daß du heute abend gekommen bist. Ich habe mit Bestürzung erfahren, daß Peter Trevegne einen Unfall hatte. Ich hoffe doch, er wird wieder ganz gesund.«
»Ja, sicher wird er bald wieder hergestellt sein. Dany, unsere Haushälterin, ist besser als jeder Arzt. Ansonsten hätte Alex ihn heute abend sicher nicht allein gelassen.«
»Ja, also...« Louisa verstummte verunsichert. Sie zögerte, das zu sagen, was ihr auf der Zunge lag, und ihr kleines Gesicht wirkte ver- schüchtert und besorgt.
»Was ist denn?« versuchte Elysia, ihr zu helfen.
»Woher weiß man, daß man verliebt ist?« platzte sie atemlos her- aus. Elysia war vollkommen überrumpelt - eine solche Frage hätte sie von Louisa nie erwartet.
»J-ja nun, so richtig weiß ich das auch nicht«, mußte Elysia zuge- ben.
»Aber du mußt es doch wissen. Ich meine, du hast doch Lord Trevegne geheiratet. Wann hast du gemerkt, daß du in ihn verliebt bist?« fragte Louisa, und dann wurde ihr Blick richtig verträumt. »Es muß wunderbar sein zu wissen, daß man wiedergeliebt wird. Ich habe beobachtet, wie der Marquis dich ansieht - er war fast ver- rückt vor Eifersucht beim Dinner, als der französische Comte deine Hand gehalten und mit dir geflirtet hat. Er beobachtet dich ständig, wenn er meint, daß du es nicht siehst.«
»Wirklich?« fragte Elysia überrascht. Sie war sich sicher gewesen, daß er voll und ganz mit Lady Woodley beschäftigt war, die an- scheinend keinen Bissen in den Mund nahm, ohne ihn zuerst um Rat zu fragen, und ständig ihre beringte Hand auf seinen Arm legte.
»Und?« fragte Louisa hartnäckig.
»Und was?« erwiderte Elysia, die in Gedanken ganz woanders war.
»Und wann hast du gemerkt, daß du den Marquis liebst? Oder woher hast du gewußt, daß es die wahre Liebe ist?«
Elysia betrachtete nachdenklich Louisas erwartungsvolles Ge- sicht. Wie sollte sie ihr sagen, daß sie Alex gar nicht liebte und daß sie nichts von der Liebe wußte? Durfte sie Louisas romantische Träume zerstören? Hatte sie das Recht, sie mit ihrer eigenen Bitter- keit zu belasten? Offensichtlich war Louisa sehr verliebt - und das zum ersten Mal. Einst hatte sie genau solche Träume wie Louisa ge- habt, doch jetzt wußte sie, daß es nur die Träume eines naiven, un- schuldigen Schulmädchens gewesen waren.
»Für mich ist es Liebe, wenn man an nichts anderes mehr denken kann als an die Person, in die man verliebt ist. Man fühlt sich verlo- ren, wenn er nicht da
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