Durch Himmel und Hoelle
eine Ausländer in diesem kalten Land - es wärmt mich, als wäre ich wieder im sonnigen Frankreich. Für diese Geste, Ma- dame, bin ich votre servant devoué. Ihr seid die wunderschöne Lady Trevegne, natürlich. Man hat uns vorgestellt, aber an einen
so unbedeutenden Franzosen erinnert Ihr Euch sicher nicht«, sagte er traurig.
»Und ob ich mich an Euch erinnere, Comte. Ihr habt mich gerade rechtzeitig vor einem ermüdenden Monolog über Stickerei von der Frau des Vikars bewahrt.«
»Dann war es mir ein Vergnügen, Euch vor dieser formidablen Dame zu retten«, er grinste entwaffnend. »Es ist wirklich sehr lie- benswürdig, Lady Trevegne, daß Ihr Erbarmen mit diesem trauri- gen Franzosen habt, der Heimweh nach den Klängen seiner Heimat hat. Eure bezaubernde Stimme erinnert mich an die anderen Made- moiselles, die immer so fröhlich schwatzen und lachen. Aber leider ist das alles vorbei«, sagte er. »C'est une tragédie, et maintenant, je suis un Bettler.«
»Ihr seid Emigrant, Comte. Es muß sehr schwer für Euch sein, hier in England. Aber als Bettler dürft Ihr Euch nicht betrachten. Wurden Eure Besitzungen konfisziert?«
»Vraiment.« Er seufzte. »Das ist leider die traurige Wahrheit. Und jetzt hat Le Petit Corporal alle Hoffnungen zerschlagen, daß ich je wieder in meine Heimat zurückkehren kann.«
»Napoleon!« kreischte eine schrille Stimme neben dem Comte. »Monsieur le Comte, glaubt Ihr, er wird London angreifen?«
Die anderen Gäste in ihrer Nähe unterbrachen ihre belanglosen Gespräche, um zu hören, was der Comte auf die Frage des nervösen Herrn antworten würde, dessen Kragen so hoch war, daß er trotz aller Bemühungen den Kopf nicht mehr drehen konnte.
»Nein, das glaube ich nicht. Ich halte es für ein Gerücht. Er ist nicht stark genug, dieser bourgeois General, um die tapferen Eng- länder zu besiegen, «non?«
Das wurde mit lauten Bravorufen und zahlreichen Trinksprü- chen auf England und den König quittiert.
»Ich bezweifle, daß Napoleon das ernsthaft im Sinn hat. Wir ha- ben die stärkste Marine der Welt, und man darf nicht vergessen, daß
er an vielen Fronten kämpfen muß. Für uns ist nur der Kanal eine ernsthafte Bedrohung. Er würde es nicht wagen, von der Nordsee aus anzugreifen, wenn er alle Sinne beisammen hat. Der Winter steht vor der Tür. Ehrlich gesagt, bezweifle ich manchmal, daß er noch bei Verstand ist«, sagte Lord Trevegne gelangweilt und nahm sich ein kleines Stück Fasan von einer Platte, die ein Diener hielt.
»Aber hier an der Küste sind wir so schutzlos. Diese Franzosen könnten über den Kanal kommen und uns im Schlaf ermorden, be- vor wir die Augen aufmachen!« fügte die Frau des Vikars mit hyste- rischer Stimme hinzu, und mehrere beifällige Stimmen wurden laut.
»Unsinn!« erklärte Squire Blackmore erbost. »Die Marine würde das nicht zulassen. Lauter prächtige Männer.« Er wurde rot und schaute sich schuldbewußt um. »Verzeihung, meine Damen, aber mir kocht das Blut, wenn ich dieses Angstgeschwätz höre.«
»Die Marine ist so sehr damit beschäftigt, Schmuggler zu verfol- gen, daß sie es nicht mal merken würde, wenn ein paar Froschfres- sermatrosen über die Themse segeln. Die würden sie wahrschein- lich für Schauspieler aus Covent Garden halten, die eine Vorstel- lung geben«, behauptete jemand am unteren Tisch. Gelächter bran- dete auf.
Elysia warf einen Blick auf den Comte, dessen Mund ganz schmal geworden war bei der abfälligen Bezeichnung über sein Volk.
»Ihr dürft Euch nicht von ihnen provozieren lassen, Comte«, sagte Elysia mitfühlend und legte eine Hand auf seinen starken Arm. »Ich glaube, sie versuchen, ihre Angst mit Spott zu kaschie- ren.«
Er blickte in ihre großen grünen Augen, die ihn so freundlich an- sahen, und führte ihre Hand an seine Lippen, mit glühenden dunk- len Augen.
»Danke. Vous êtes un ange, et je vous adore«, hauchte er leiden- schaftlich und drückte ihre Hand.
Elysia entzog ihm behutsam ihre Hand, wandte sich verlegen von
seinem glühenden Blick ab und sah direkt in Alex' wütende Augen, die sie drohend anstarrten.
»Wenn die Schmuggler nicht wären, würdet Ihr nicht den ausge- zeichneten Brandy trinken, den Ihr in Euren Kellern lagert«, be- merkte der Marquis sarkastisch, ohne jemanden direkt anzureden, »oder den feinen Tee, den Ihre Damen so elegant in ihrem Salon zu sich nehmen.«
»Ich wette, Ihr habt auch ein paar Flaschen versteckt«, sagte ein Mann, der aussah, als hätte
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