Durch Himmel und Hoelle
Munde hörte sich das an, als wäre er eine Mesalliance eingegangen. »Alex ist - oder war — ein solcher Draufgänger. Ich frage mich, ob er sich än- dern wird, oder habt Ihr ihn erfolgreich an Euer Bett gekettet?« fragte sie frech.
Elysia richtete sich langsam auf und spürte, wie sie langsam vor Wut über die Unverschämtheiten dieser Frau zu kochen begann.
»Alex ist ein beachtlicher Mann. Es werden wohl einige Betten in London kalt bleiben, jetzt da er nicht mehr die Runde macht«, fügte Lady Woodley mit einem boshaften Seitenblick hinzu.
»Und wird das Ihre eines der leeren sein, Lady Woodley?« fragte Elysia zuckersüß. Sie konnte sich einfach nicht mehr länger beherr- schen.
Lady Woodley verschlug es die Sprache bei dieser wohlplazierten Spitze, und sie hob den Fächer, als wollte sie zuschlagen. In diesem Moment erschien Alex und stellte sich nonchalant zwischen die bei- den.
»Wie ich sehe, habt ihr euch schon bekannt gemacht«, sagte er ru- hig. Er hatte sowohl Elysias gerötete Wangen und das Blitzen in ih- ren Augen als auch Marianas schmollendes Gesicht bemerkt. »Ich möchte dir jemanden vorstellen, meine Liebe«, sagte er und steuerte Elysia geschickt aus der Gefahrenzone. »Lady Woodley, wenn Ihr uns bitte entschuldigt.«
»Eine Eurer Amouren, Mylord?« fragte Elysia neugierig und ver- suchte, möglichst gelassen zu klingen.
»Möglicherweise. Ihr seid doch nicht etwa eifersüchtig, My- lady?«
»Mitnichten, Mylord, obwohl mir versichert wurde, daß eine ganze Reihe von Frauen dieses Problem haben wird.«
Lord Trevegne lachte lauthals und überraschte mehrere Leute, die nicht fassen konnten, daß der hochmütige Marquis so herzlich lachte. »Da fällt mir eine Zeile eines unbekannten Poeten ein, der meine Gefühle exakt schildert. Warte... wie war das noch?« Er überlegte kurz. »Ah, ja, es beginnt: >Du mußt dich setzen, sagt die Liebe, und mein Fleisch kosten.< Stimmst du mir zu?« Sein Blick war die reine Provokation. »Eine Einladung zum Essen schlage ich nur selten aus - besonders nicht, wenn es gut vorbereitet ist.«
»Seid Ihr sicher, Mylord, daß Ihr Euch den Vers nicht selbst eines Abends in Eurem Club ausgedacht habt, nachdem die Langeweile und der Wein schon Euren Geist umnachtet hatten?«
»Ah, Ihr seid wirklich ein Genie, wenn es darum geht, meine bes- seren Fähigkeiten schlechtzumachen.« Er grinste.
»Ich war mir nicht bewußt, daß Ihr welche hättet, Mylord.«
»Ich brauche nicht zu befürchten, daß Ihr mir je Honig ums Maul streichen werdet, Mylady - aber erinnert mich daran, daß ich Euch nie bitte, eine Totenrede für mich zu halten, sonst schicken sie mich wirklich direkt in die Hölle.«
Mit dieser boshaften Bemerkung überließ er sie dem Squire, der sie zum Dinner führte. Elysia saß zur Rechten ihres Gastgebers und
Alex ihr gegenüber zur Linken des Squire. Die einzigen beiden Menschen, mit denen Elysia das Essen vielleicht genossen hätte, wa- ren außer Sichtweite am anderen Ende der ewig langen Tafel. Charles und Louisa saßen dort zwischen den weniger wichtigen Gästen.
Elysia vermied es, über den Tisch zu schauen, wo Alex neben Lady Woodley saß, deren schönes Gesicht sehr selbstzufrieden aus- sah. Wie die Katze, die den Kanarienvogel verschluckt hatte - und daran ersticken würde, dachte Elysia, während sie beobachtete, wie Lady Woodley spielerisch mit Alex flirtete. Elysia musterte die dunkelhaarige Frau aus nachdenklich zusammengekniffenen Au- gen. Sie war also Witwe. Der Squire war eine unerschöpfliche Quelle von Informationen gewesen, insbesondere was die schöne Witwe anging, die er besonders schätzte und die in London den Ruf einer nonpareille hatte. Selbst ein uninteressierter Beobachter hätte festgestellt, daß die Witwe an Alex interessiert war und ihn ziemlich gut kannte.
»Bitte gestattet mir, mit Euch zu sprechen. Dieses Roastbeef, c'est magnifique, n'est-ce pas?« sagte der Franzose neben Elysia mit kaum verständlichem Akzent. »Voilà, Lady Trevegne!« verkündete er mit dramatischer Geste, als er ihr das Salz reichte.
»Merci, Monsieur, mais je ne suis pas votre nom.« Elysia entschul- digte sich in perfektem Französisch, weil sie seinen Namen nicht kannte.
Das dunkle Gesicht des jungen Franzosen strahlte vor Freude. »Ah, Madame, je suis enchanté«, hauchte er. »Je suis Jean Claude d'Aubergere, Comte de Cantere. Es ist mir eine so große Freude, Euch in meiner Sprache reden zu hören. Ich fühle mich nicht mehr wie
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