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Durch Mark und Bein: 4. Fall mit Tempe Brennan

Durch Mark und Bein: 4. Fall mit Tempe Brennan

Titel: Durch Mark und Bein: 4. Fall mit Tempe Brennan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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verschwunden und von einem Bär getötet worden war.
    Ich ließ den Blick über die Gesichter wandern und blieb bei zwei jungen Männern hängen, die etwas abseits standen. Ich war so überrascht, dass mir die Luft wegblieb.
    Obwohl das Gesicht damals vierzig Jahre jünger war, war es für mich unverkennbar. 1959 musste er Ende zwanzig gewesen sein und war eben erst aus England gekommen. Ein Professor der Archäologie an der Duke. Ein akademischer Superstar, der am verblassen war.
    Warum war Simon Midkiff auf Charlie Wayne Trampers Beerdigung gewesen?
    Mein Blick wanderte nach rechts, und diesmal war meine Überraschung deutlich hörbar. Simon Midkiff stand Schulter an Schulter mit einem Mann, der später zum Vizegouverneur aufsteigen sollte.
    Parker Davenport.
    War er es wirklich? Ich starrte das Gesicht an. Ja. Nein. Dieser Mann war viel jünger und dünner.
    Ich zögerte, schaute mich um. Seit über einem halben Jahrhundert hatte diesen Ordner niemand mehr in der Hand gehabt. Ich stahl ja nichts. Ich würde das Bild in ein paar Tagen zurückbringen, und niemand hätte einen Nachteil davon.
    Ich steckte das Foto in meine Handtasche, gab den Ordner zurück und eilte ins Freie.
    Draußen rief ich die Auskunft von Raleigh an, bat um die Nummer des Department of Cultural Heritage und wartete dann, bis ich verbunden wurde. Als eine Stimme sich meldete, fragte ich nach Carol Burke. Innerhalb von Sekunden hörte ich ihre Stimme.
    »Carol Burke.«
    »Carol, Tempe Brennan hier.«
    »Gutes Timing. Ich wollte eben für heute Schluss machen. Hast du vor, mal wieder einen Friedhof aufzubuddeln?«
    Neben anderen Pflichten ist das North Carolina Department of Cultural Resources verantwortlich für die Bewahrung des kulturellen Erbes. Wenn Bau- und Erschließungsprojekte, für die nationale oder bundesstaatliche Gelder, Genehmigungen, Lizenzen oder Ländereien erforderlich sind, geplant werden, dann ordnen Carol und ihre Kollegen Besichtigungen und Ausgrabungen an, um festzustellen, ob historische oder prähistorische Stätten bedroht sind. Ob Straßenbau, Flughafenerweiterungen oder Abwasserkanäle – ohne ihre Freigabe gibt es keinen Spatenstich.
    Carol und ich kannten uns aus den Tagen, als ich noch vorwiegend als Archäologin arbeitete. Zweimal hatten Bauträger aus Charlotte mich engagiert, um ihnen bei der Lokalisierung historischer Friedhöfe behilflich zu sein. Carol hatte beide Projekte beaufsichtigt.
    »Diesmal nicht. Ich brauche Informationen.«
    »Ich werde mir Mühe geben.«
    »Ich interessiere mich für die Ausgrabungsstätte, an der Simon Midkiff für euch arbeitet.«
    »Gegenwärtig?«
    »Ja.«
    »Im Augenblick arbeitet er überhaupt nicht für uns. Zumindest soweit ich das weiß.«
    »Dann gräbt er nicht im Swain County?«
    »Ich glaube nicht. Warte mal.«
    Als sie zurückkehrte, war ich zu Ryans Auto gegangen und hatte die Tür geöffnet.
    »Nee. Midkiff hat seit mehr als zwei Jahren nicht mehr für uns gearbeitet und wird es auch in der nächsten Zukunft nicht tun, weil er uns immer noch einen Bericht über seinen letzten Auftrag schuldig ist.«
    »Danke.«
    »Wenn nur alle Anfragen, die ich bekomme, so einfach wären.«
    Kaum hatte ich die Verbindung unterbrochen, klingelte mein Handy. Ein Journalist des Charlotte Observer. Eine Erinnerung an meine fortdauernde traurige Berühmtheit. Ich schaltete kommentarlos ab.
    In meinem Schädel pulsierten tausend Adern. Nichts ergab einen Sinn. Warum hatte Midkiff gelogen? Warum waren er und Davenport bei Trampers Begräbnis gewesen? Kannten sie sich damals schon?
    Ich brauchte ein Aspirin. Ich brauchte ein Mittagessen. Ich brauchte einen objektiven Zuhörer.
    Boyd.
     
    Nachdem ich zwei Aspirin geschluckt hatte, holte ich den Hund, und wir machten uns auf den Weg. Boyd hockte auf dem Beifahrersitz und streckte den Kopf zum Fenster hinaus, er hatte die Schnauze erhoben und bewegte sie schnuppernd, um auch noch den schwächsten Geruch einzusaugen. Als ich in der Schlange vor dem Burger King Drive-In stand und ihn beobachtete, dachte ich zuerst an das Eichhörnchen, dann an die Mauer des Hauses mit dem Hof. Was genau hatte sein früherer Besitzer ihm zu finden beigebracht?
    Plötzlich kam mir eine Idee. Ein Ort zum Picknicken und zum Überprüfen von Namen.
    Der Friedhof von Bryson City liegt auf dem Schoolhouse Hill, mit Blick auf den Veterans Boulevard auf der einen Seite und hinunter in ein Bergtal auf der anderen. Die Fahrt dauerte sieben Minuten. Boyd verstand die

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