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Durch Mark und Bein: 4. Fall mit Tempe Brennan

Durch Mark und Bein: 4. Fall mit Tempe Brennan

Titel: Durch Mark und Bein: 4. Fall mit Tempe Brennan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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aufragender Bäume in Ehrfurcht, aber meine Liebe gehört dem Meer. Ich bevorzuge Klimazonen, in denen Shorts und Sommerkleider genügen und man nur eine Schicht braucht. Lieber einen Badeanzug als Wanderausrüstung. Alles in allem bin ich lieber am Strand.
    Diese Gedanken gingen mir durch den Kopf, als ich am Rand des Trümmerfelds entlangging. Der Tag war klar, aber windig, der Verwesungsgestank weniger aufdringlich. Die Bergung der Opfer machte gute Fortschritte, und es lagen weniger Leichen herum, aber der Gesamteindruck war relativ unverändert. Gestalten in Schutzanzügen gingen oder krochen zwischen den Wrackteilen herum, allerdings trugen einige jetzt Kappen des FBI.
    Ich fand Larkes Öffnung und trat in den Wald. Das Sonnenlicht in dieser Höhe war zwar warm, doch im Schatten war es deutlich kühler. Ich folgte dem Pfad, den ich schon in der letzten Woche gegangen war, und blieb hin und wieder stehen, um zu horchen. Zweige knackten und schabten aneinander, tote Blätter trieben mit leisem Rascheln über den Boden. Über mir hämmerte ein Specht ein Stakkato, hielt inne und wiederholte es dann.
    Ich trug eine leuchtend gelbe Jacke, weil ich niemand überraschen wollte, und hoffte, dass die Tommy-Hilfiger-Farben auch die Kojoten abschreckten. Wenn nicht, würde ich die pelzigen Mistkerle mit Reizgas verjagen. Die chemische Keule in meiner Jackentasche hielt ich fest umklammert.
    Bei dem umgestürzten Sauerbaum kniete ich mich hin und betrachtete den Boden. Dann stand ich wieder auf und sah mich um. Bis auf den Ast, den ich als Keule benutzt hatte, gab es keinen Hinweis auf mein tierisches Abenteuer.
    Ich folgte weiter der schmalen Schneise. Der Pfad war leicht ausgehöhlt, und ich musste aufpassen, um mir nicht an einem unter Blättern versteckten Stein den Knöchel zu verstauchen. Obwohl der Bewuchs hier niedriger war als das umgebende Buschwerk, reichte er mir manchmal bis zu den Knien.
    Ich ließ den Blick schweifen, suchte nach Tieren und Hinweisen auf eine Begräbnisstätte. Larkes Hütte bedeutete eine menschliche Behausung, und ich wusste, dass zu alten Gehöften oft auch Familienfriedhöfe gehörten. Während eines Sommers hatte ich an der Spitze des Chimney Rock eine Ausgrabung geleitet. Eigentlich hatten wir nur die Hütte freilegen wollen, doch dann fanden wir einen winzigen Friedhof, der auf keinem Dokument verzeichnet war. Und auch Klapper- und Mokassinschlangen, wie mir jetzt wieder einfiel.
    Ich arbeitete mich voran durch dunklen, kühlen Schatten. Dornen und Zweige rissen an meinen Kleidern, und Insekten stürzten sich auf mein Gesicht. Windstöße brachten Schatten zum Tanzen, Formen veränderten sich. Doch plötzlich und unvermittelt öffnete sich der Wald zu einer kleinen Lichtung. Als ich ins Sonnenlicht trat, hob ein Weißwedelhirsch den Kopf, sah mich an und verschwand dann.
    Am anderen Ende der Lichtung stand ein Haus, das mit der Rückseite an einen steilen, über hundert Meter hohen Felsabhang gebaut war. Das Gebäude hatte dicke Fundamentsmauern, Gaubenfenster und ein Spitzgiebeldach mit breitem Gesims. Eine überdachte Veranda verdeckte die Vorderfront, und eine merkwürdige Steinmauer lugte hinter der linken Seite hervor.
    Ich winkte. Wartete. Rief etwas. Winkte noch einmal.
    Keine fragende Stimme, kein Bellen. Und auch sonst kein begrüßendes Geräusch.
    Ich rief noch einmal und hoffte dabei, dass kein Hinterwäldler mich im Fadenkreuz hatte.
    Stille.
    Mit gemischten Gefühlen ging ich über die Wiese. Obwohl es auf der Lichtung blendend hell war, ließ ich meine Sonnenbrille in der Tasche. Zusätzlich zu ganz normalen Eigenbrötlern beherbergten diese Berge auch rassistische, paramilitärische Typen. Fremde waren nicht gerade willkommen.
    Ich sah, dass die Natur das Grundstück zum größten Teil wieder in Besitz genommen hatte. Was früher einmal ein Rasen oder ein Garten gewesen war, war jetzt überwuchert von verkrüppelten Erlen, Sauerbäumen, Schneeglöckchenbäumen und zahlreichen Sträuchern, die ich nicht kannte. Hinter den Büschen mischten sich Espen, Fraser-Magnolien, Pappeln, Ahorn, Eichen und Mastbaumkiefern mit unbekannten Bäumen. Kudzu-Ranken behängten alles mit wirren grünen Netzen.
    Als ich zur Vordertreppe ging, bekam ich eine Gänsehaut auf den Armen, und Unbehagen hüllte mich ein wie ein kalter, nasser Schal. Von dem Anwesen ging etwas Bedrohliches aus. Lag es an dem dunklen, verwitterten Holz, den mit Läden verschlossenen Fenstern oder an dem Dschungel

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