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Durch Mark und Bein: 4. Fall mit Tempe Brennan

Durch Mark und Bein: 4. Fall mit Tempe Brennan

Titel: Durch Mark und Bein: 4. Fall mit Tempe Brennan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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der Vegetation, der alles in einem beständigen Halbdunkel hielt?
    »Hallo?« Mein Herz schlug schneller.
    Noch immer keine Hunde oder Bergbewohner.
    Schon ein flüchtiger Blick sagte mir, dass das Haus nicht schnell hochgezogen worden war. Oder erst in letzter Zeit. Der Bau war so solide wie das Newgate-Gefängnis in London. Obwohl ich bezweifelte, dass George Dance die Pläne gezeichnet hatte, hatte sein Erbauer doch das Misstrauen des Architekten gegen Öffnungen zur Welt geteilt. Es gab keine Panoramafenster für spektakuläre Ausblicke auf die Berge, keine Dachfenster, keine Galerien. Mit seinem gemauerten Fundament und seinen dicken, unbehandelten Holzbohlen war es offensichtlich nach rein funktionalen Gesichtspunkten erbaut worden. Ich konnte nicht feststellen, ob es zum letzten Mal am Ende dieses Sommers oder am Ende der letzten Depression benutzt worden war.
    Oder ob sich jetzt jemand darin befand und mich durch eine Ritze oder eine Schießscharte beobachtete.
    »Ist jemand zu Hause?«
    Nichts.
    Ich stieg auf die Veranda und klopfte.
    Keine Bewegungsgeräusche.
    Ich ging zu einem Fenster und spähte durch den Laden. Dunkles Material versperrte den Blick nach drinnen. Ich verdrehte den Kopf, um irgendwie einen Einblick zu bekommen, bis die fedrige Berührung einer Spinne mich zurückschrecken ließ.
    Ich stieg die Stufen wieder hinunter, ging auf einem überwucherten Plattenweg um das Haus herum und trat durch einen Torbogen in einen düsteren kleinen Hof. Er war umgeben von einer knapp zwei Meter hohen Steinmauer, über deren Krone die Zweige von Fliederbüschen hingen; ihre Blätter hoben sich dunkel von den Grün- und Gelbtönen des Waldes dahinter ab. Auf dem feuchten, verkrusteten Boden wuchs nichts außer Moos. Kein Leben schien sich in dem feuchten, dunklen Rechteck halten zu können.
    Ich drehte mich dem Haus zu. Eine Krähe kreiste und setzte sich auf einen nahen Ast, eine kleine schwarze Silhouette vor strahlendem Blau. Der Vogel krächzte zweimal, klapperte mit dem Schnabel und senkte dann den Kopf in meine Richtung.
    »Sag der Hausherrin, dass ich hier war«, sagte ich mit mehr Selbstbewusstsein als ich hatte.
    Die Krähe musterte mich kurz und erhob sich dann in die Luft. Als ich mich wieder umdrehte, sah ich aus dem Augenwinkel heraus ein Flackern, wie Sonnenlicht, das auf eine Glasscherbe fällt. Ich erstarrte. War das eine Bewegung in einem der oberen Fenster gewesen? Ich wartete eine ganze Minute. Nichts rührte sich.
    Der Hof hatte nur einen Eingang, und so ging ich den Weg zurück, den ich gekommen war, und schaute mir die andere Seite des Anwesens an. Gestrüpp füllte die Lücke zwischen Waldrand und Haus und endete in verwelkten Stockrosen am Fundament. Ich ging die Fläche ab, fand aber keine Hinweise auf Gräber, weder geöffnet noch intakt. Meine einzige Entdeckung war eine kaputte Metallstange.
    Frustriert kehrte ich auf die Veranda zurück, schob die Stange zwischen die Fensterläden und versuchte, sie behutsam aufzuhebeln. Sie gaben nicht nach. Neugierig, wie ich war, stemmte ich kräftiger, wollte aber keinen Schaden anrichten. Das Holz war solide und rührte sich nicht.
    Ich schaute auf die Uhr. Zwei Uhr fünfundvierzig. Das hier war sinnlos. Und töricht, falls das Gebäude nicht verlassen war. Wenn Besitzer existierten, waren sie nicht da oder wollten, dass es so aussah. Ich war müde, verschwitzt, und außerdem juckten mich tausend kleine Kratzer.
    Und ich musste zugeben, dass das Anwesen mir unheimlich war. Obwohl ich wusste, dass meine Reaktion irrational war, hatte ich das Gefühl, dass dieses Grundstück Böses verströmte. Und so beschloss ich, in der Stadt Nachforschungen anzustellen, ließ die Stange fallen und kehrte zur Absturzstelle zurück.
    Auf der Fahrt zurück zum Leichenschauhaus dachte ich über dieses merkwürdige Haus nach. Wer hatte es erbaut? Warum? Was war an dem Anwesen, das mir dieses Unbehagen bereitete?

7
    Ryan lauerte mir auf, als ich kurz nach neun am High Ridge House ankam. Ich sah ihn erst, als er sprach.
    »Sieht so aus, als hätten wir eine Explosion.«
    Die Hand am Türgriff, blieb ich stehen. »Nicht jetzt, Ryan.«
    »Jackson wird morgen eine Erklärung abgeben.«
    Ich drehte mich in die Richtung der Verandaschaukel. Ryan hatte einen Absatz aufs Geländer gestützt und schaukelte langsam hin und her. Als er an seiner Zigarette zog, beleuchtete ein winziger roter Schein sein Gesicht.
    »Ist das sicher?«
    »Wie Marias verlorene Unschuld.«
    Ich

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