Durch Zeit und Raum
dröhnten die Trommeln.
Aber der Regen blieb aus.
Als Brandon am nächsten Abend die Kuh von der Weide holte, kam ihm Davey Higgins entgegen. »Bran, Pastor Mortmain sagt, ich darf nicht mehr mit dir reden.«
»Du tust es gerade.«
»Wir kennen einander seit frühester Kindheit. Ich werde mit dir sprechen, solange das möglich ist. Aber die Leute sagen, Zylle hält den Regen ab. Das Korn verdorrt auf den Halmen. Wir wollen ja den Indianern nichts Böses unterstellen, aber Pastor Mortmain sagt, daß Zylle blaue Augen hat, beweist, daß sie keine echte Rothaut ist, und deshalb wollte ihr Stamm sie loswerden und hat sie uns auf den Hals gehetzt.«
»Du weißt, daß das nicht stimmt!« rief Brandon zornig. »Die Indianer sind stolz auf Zylles blaue Augen.«
»Ich weiß es«, erwiderte Davey, »und du weißt es; aber wir sind bloß Kinder, und die Erwachsenen hören nicht auf uns. Pastor Mortmain hat uns verboten, ins Indianerlager zu gehen, und Maddok ist in der Siedlung unwillkommen. Mein Vater glaubt Pastor Mortmain aufs Wort, und sein Sohn, dieser Duthbert mit dem Pastetengesicht, stellt meiner Schwester nach. Bran, was sagen deine Bilder dazu?« Davey blickte ihn von der Seite an.
Brandon schaute ihm offen ins Gesicht. »Ich bin jetzt zwölf, Davey. Ich bin kein Kind mehr und habe meine kindischen Traumbilder längst vergessen.«
Er ließ Davey stehen und brachte die Kuh in den Schuppen. Daß er seine Bilder verleugnet hatte, kam ihm wie ein Verrat vor.
Maddok tauchte hinter dem Schuppen auf. »Vater schickt mich. Ich soll dir helfen, wenn Gefahr droht, und dir überallhin folgen, ohne mich dabei selbst blicken zu lassen. Du kennst die Schliche der Indianer und wirst mich sehen. Ich wollte dir das nur sagen, damit du keine Angst mehr hast.«
»Ich habe Angst«, gab Brandon unumwunden zu.
»Wenn es doch endlich regnen würde!«
»Du kennst dich mit dem Wetter aus. Kommt bald Regen?«
Maddok schüttelte den Kopf. »Die Luft riecht nach Donner, aber es wird nicht regnen, ehe der Mond sich rundet. Die Blitze am Himmel verdrehen den Menschen den Kopf. – Wie geht es Zylle und dem Kleinen?«
Jetzt lächelte Brandon. »Es geht ihnen ausgezeichnet.«
Als sich die Llawcae abends zum Gebet versammelten, waren ihre Gesichter ernst. Richard betete um Weisheit, Vernunft und Regen. Um unverbrüchliche Freundschaft und Mut. Und wieder um Regen.
Der Donner grollte weiter. Die Nacht schwoll unter dem heißen Zucken der Blitze. Und kein Tropfen fiel aus den Wolken.
Die Kinder sprachen nicht mehr mit Brandon. Selbst Davey wandte sich schamrot ab. Einmal stellte Pastor Mortmain Brandon zur Rede und sagte: »Unter euerm Dach haust das Böse. Ihr solltet zusehen, es zu beseitigen.«
Als Brandon das erzählte, platzte Ritchie vor Zorn: »Das Böse haust nur im Herzen des Pastors!«
Aber das Böse war so hartnäckig wie die lähmende Hitze.
Am Abend kam Pastor Mortmain in Begleitung seines Sohnes Duthbert und des Guten Higgins zur Hütte der Llawcae. »Wir begehren mit der Rothaut zu sprechen.«
»Mit meinem angetrauten Weib…« legte Ritchie los, aber sein Vater brachte ihn zum Schweigen.
»Euer Besuch kommt zu später Stunde, Pastor Mortmain«, • sagte Richard ruhig. »Meine Schwiegertochter und der Kleine haben sich bereits zur Ruhe begeben.«
»Dann werdet Ihr sie eben wecken müssen. Wir sind gekommen, uns zu vergewissern, ob das Indianerweib eine Christin ist oder…«
Zylle kam in die Stube, das Kind auf dem Arm. »Oder was, Pastor Mortmain?«
Duthbert starrte sie mit lüsternen Augen an.
Der Gute Higgins wandte sich ihr freundlich zu. »Wir gehen davon aus, daß Ihr in Christus lebt, Zylle. So ist es doch, nicht wahr?«
»Ja, Guter Higgins. Als ich Ritchies Weib wurde, nahm ich auch seinen Glauben an.«
»Obwohl er im Widerspruch zu den Ansichten Eures Volkes steht?« fragte Pastor Mortmain.
»Ich wüßte keinen zu nennen.«
»Die Indianer sind Heiden!« rief Duthbert.
Über den Kopf des Kindes hinweg musterte Zylle den vorlauten Burschen. »Ich weiß nicht, was ein Heide ist. Ich weiß nur, daß Jesus von Nazareth das wahre Lied singt . Er kennt die Uralten Harmonien.«
Zutiefst erschrocken rang Pastor Mortmain nach Atem. »Sagt Ihr: unser Herr und Erlöser singt? Genug! Mehr brauchen wir nicht zu hören.«
»Warum sollte er denn nicht singen?« fragte Zylle. »Selbst die Sterne singen das Lob des Schöpfers; so, wie auch wir im Versammlungshaus unsere frommen Hymnen anstimmen.«
Pastor
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