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Durcheinandertal

Durcheinandertal

Titel: Durcheinandertal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Dürrenmatt
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wissen, während die Italienerin heißes Wasser in das Becken nachgoß.
    »He nu«, sagte der Gemeindepräsident, »sinniert haben wir eben miteinander, warum der liebe Gott so ungerecht ist, ob er überhaupt ein lieber Gott ist, warum andere Bergdörfer von ihm bevorzugt werden, so daß die Fremden kommen, während wir immer auf das Kurhaus stieren müssen jenseits der Schlucht am Sonnenhang mit den Millionären, und warum niemand zu uns kommt, bloß hin und wieder einige Wanderer mit Rucksäcken, aber die schlafen in ihren Zelten und bringen ihren Proviant selber mit, und wenn sie einmal in einer Pinte erscheinen, meinen sie, ein lausigeres Nest als das Dorf hätten sie noch nie gesehen, und warum, haben ich und Mani uns gefragt, zu uns ins Dorf nicht Lawinen oder Erdrutsche kommen, um alles zu verschütten wie bei anderen Bergdörfern, dann würde die ganze Schweiz helfen und im Radio die Glückskette Geld sammeln, und das Fernsehen käme, das Dorf würde berühmt und neu aufgebaut und käme zu Geld, da muß doch mit dem lieben Gott etwas nicht stimmen, daß alles so ungerecht zugeht mit den Menschen und der Natur, der Hund ist meiner Meinung gewesen in unseren Zwiegesprächen, natürlich hat er nur mit seinen Augen geredet, und wenn ich 87
    von einem zum ändern gelaufen bin, von einem Kantonsrat zu einem Ständerat und von dem zu einem Nationalrat, und spät nach Hause gekommen bin, da ist Mani aus seiner Hundehütte gekommen und hat sich vor die Haustüre gesetzt. Was willst du denn? habe ich den Hund gefragt. Der hat mich angeschaut und mir die rechte Pfote hingehalten. Ich habe sie geschüttelt und gesagt, ach so, du willst mich begrüßen. Da hat der Hund gesagt, ich soll den Unsinn mit dem Vom-einen-zum-andern-Laufen lassen, er, Mani, werde alles in Ordnung bringen.«
    »Gesagt?« fragte der Altbundesrat.
    »Mit den Augen«, erklärte der Gemeindepräsident. »Ich hab einfach gewußt, was der Hund meinte. Kann der Herr Altbundesrat so ein Gespräch mit Weibern führen? Daß ich mit dem Hund rede, habe ich dem Regierungspräsident nur nicht erzählt, weil er mich dann für verrückt gehalten hätte.« Ob der Herr Altbundesrat auch mit seiner Katze rede?
    »Es ist keine Katze, sondern ein Kater«, antwortete der Altbundesrat, »und er redet nicht, sondern schweigt mit mir, was auf das gleiche herauskommt, wir nehmen sozusagen die Eseleien durch, die ich als Bundesrat begangen habe und akzeptieren und decken mußte in unserem Kollegialsystem.
    Sieben Bundesräte, die immer gegen außen einig sein müssen!
    Und wenn erst einmal eine Frau Bundesrätin würde, dann wagt niemand mehr zu widersprechen, und kämen zwei Weiber in den Bundesrat, dann werden die zwei sich nie einig, und das Kollegialsystem geht in Scherben. Dann besser gleich sieben Weiber. Dümmer als die Männer sind sie ja nicht. Da bin ich froh, daß mich der Kater versteht, wenn der Maudi auch denkt, ich, der Altbundesrat, sei halt ein Mensch und der mache an sich Dummheiten. Aber wo ist jetzt Euer Hund?«
    »Erschossen, von der Kanone eines Panzers.«
    Der Altbundesrat stutzte. »Und Ihr lauft immer noch von einem Rechtsanwalt zum andern? Wozu?« Er schüttelte den 88
    Kopf. Das müsse er schon etwas genauer wissen. Wie denn ein Panzerwagen in ihr Dorf komme? Ein ganzes Regiment habe das Dorf besetzt, um Mani zu erschießen, erklärte der Gemeindepräsident und erzählte die Geschichte.
    Der Altbundesrat schüttelte den Kopf. »Der Armee traue ich jede Dummheit zu, aber nicht Mani. Der klettert doch nicht auf einen Felszinken des Spitzen Bonders, damit er gesehen und abgeschossen werden kann.«
    Der Hund sei eben neugierig gewesen, meinte der Gemeindepräsident.
    »Ach was«, lachte der Altbundesrat.
    »He nun«, sagte der Gemeindepräsident, »es ist nicht Mani gewesen, den die Armee heruntergeschossen hat, sondern, Herr Altbundesrat verstehen es schon, ich habe an einem neuen Mani zu schnitzen begonnen, der alte Mani ist arg mißlungen, da habe ich am Vortag, bevor das Regiment angerückt ist, mit dem Schulmeister – es ist eine heillose Arbeit gewesen, den Holzblock auf dem Spitzen Bonder zu plazieren, na ja, es war eigentlich mehr eine Attrappe.«
    »Das kann ich mir denken«, sagte der Altbundesrat, »wo ist nun Euer Hund?«
    »In einer Höhle im Wald«, antwortete der Gemeindepräsident. »Zweimal in der Woche bringe ich ihm Futter, und Elsi bringt ihm Futter, und manchmal wildert Mani eben.«
    »Ein kluges Tier«, stellte der Altbundesrat

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