Durchschaut - Das Geheimnis, kleine und große Luegen zu entlarven
Hochsicherheitsgefängnis Alcatraz an einer Lungenentzündung, nachdem er aus anderen Haftanstalten erfolgreich ausgebrochen ist.
»In den Küssen welche Lüge!«
HEINRICH HEINE
II. DIE DREI EMOTIONEN
So unterhaltsam Geschichten über Hochstapler auch sind, so tragisch verläuft meist deren reales Leben: Mit ihren groÃen Begabungen hätten sie problemlos ehrliche Karrieren einschlagen können (etwa als Politiker), statt ein Leben lang auf der Flucht zu sein und wahrscheinlich im Gefängnis zu enden. Es ist ein Phänomen: AuÃergewöhnlich intelligente Menschen leben eine Lüge, die früher oder später auffliegen muss.
Warum tun sie das? Warum begibt sich jemand in eine solche Gefahr - um der Lüge willen? Eine Antwort könnte lauten: weil es Spaà macht. Das Lügen wird also von einer bestimmten Emotion begleitet, der Freude an der Täuschung, die für berufsmäÃige Hochstapler offenbar zur Sucht geworden ist.
Der Psychologe Paul Ekman hat in jahrzehntelanger Arbeit noch zwei andere Gefühle ermittelt, die die Lüge in der Regel mit sich bringt: die Angst, entlarvt zu werden, sowie Schuldgefühle. Um diese drei Emotionen - Angst, Schuld, Freude - geht es bei unserem nächsten Prinzip. Denn wenn man diese Gefühle versteht, begreift man, was im Inneren eines Lügners vorgeht.
1. Angst vor der Entlarvung
Schon der römische Senator und Historiker Tacitus wusste: »Angst passt nicht zur Wahrheit.« Und tatsächlich: Angst ist häufig die dominante Emotion beim Lügen. Dem Lügner droht zweierlei: Zum einen fürchtet er, dass die Lüge selbst herauskommt - dass ihm also nicht gelingt, zu verschleiern, was er verschleiern will. Zum anderen fürchtet er, dass er vor den anderen als Lügner dasteht - und damit Ansehen einbüÃt.
Als ich einmal als Kind (erfolgreich) leugnete, eine Fensterscheibe unseres Urlaubshotels auf Gran Canaria mit der Zwille zertrümmert zu haben, fürchtete ich erstens die konkreten Folgen - würde ich die Scheibe am Ende von meinem kargen Taschengeld ersetzen müssen? - und zweitens die Strafe für die Lüge an sich - wie würden meine Eltern auf diese persönliche Enttäuschung reagieren? Natürlich hängt beides eng zusammen, aber genau genommen handelt es sich um zwei unterschiedliche Aspekte, die man sich beim Enttarnen von Lügen zunutze machen kann.
Die Angst vergröÃern
Angst ist also ein gutes Indiz, wenn es darum geht, einen Lügner zu entlarven. Sie kann zu körperlicher Anspannung führen, etwa zu häufigerem Blinzeln. Auch sprachliche Anzeichen wie Pausen, Stottern, Wiederholungen oder eine höhere Stimmlage sind typische Signale für Angst. Man braucht derartige Indikatoren nicht auswendig zu lernen; wir wissen intuitiv, wann jemand Angst hat.
Entscheidend ist, sich bewusstzumachen, dass Menschen zumeist Angst haben, wenn sie lügen - die Anzeichen der
Angst zu erkennen, ist nicht besonders schwer. Wie so oft geht es darum, die Mechanismen der Lüge zu verinnerlichen. Mit diesem Grundverständnis gewappnet, werden Sie Lügen deutlich öfter entlarven.
Natürlich gibt es auch ungewöhnlich coole Menschen, die lügen können, ohne dabei groÃe Angst zu empfinden. Doch selbst diese begnadeten Schwindler bekommen weiche Knie, wenn man die Angst gezielt verstärkt. Die erste Möglichkeit, dies zu bewerkstelligen, ist, dem Verdächtigen zu verdeutlichen, wie furchtbar man das Lügen an sich findet. Er muss begreifen, dass es für Sie nichts Schlimmeres gibt als die Lüge selbst. Damit verstärken Sie die Angst vor dem möglichen Imageschaden. Treten Sie entschieden genug auf, sieht Ihr Gegenüber die Lüge nicht mehr als kleinen Trick, um einer Strafe zu entgehen, sondern als verheerende Gefahr für sein Ansehen - und entscheidet sich eher für die Wahrheit.
Ein Beispiel: Ein schwieriges Beziehungsgespräch steht an. Sie sind überzeugt davon, dass Ihr Partner Ihnen verschweigt, wo er gestern wirklich gewesen ist, doch er leugnet beharrlich. Das Gespräch dreht sich im Kreis. An diesem Punkt können bestimmte Sätze Wunder wirken: »Ich möchte die Wahrheit von dir hören. Glaub mir, ich kann damit leben, aber nicht damit, dass du mich anlügst.« Oder: »Wenn du mir nicht die Wahrheit sagst, ist es aus. Wenn du ehrlich bist, tut es vielleicht weh, aber dann kann alles so sein wie
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