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Durchschaut - Das Geheimnis, kleine und große Luegen zu entlarven

Titel: Durchschaut - Das Geheimnis, kleine und große Luegen zu entlarven Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Nasher
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dürfen mit niemandem außer dem Verhörenden sprechen. In ihren Zellen sind sie isoliert - eine besonders harte Maßnahme, da verängstigte Menschen ein gesteigertes Bedürfnis haben, mit anderen zu reden. Kann man die Prinzipien
dieser grausamen Methoden tatsächlich auf den Alltag übertragen? Tatsächlich, man kann - und zwar ohne moralische Grenzen zu überschreiten.
Stressige Situationen
    Um die erste Technik anzuwenden, muss man wahrlich keine finsteren Hintergedanken hegen - es genügt, den richtigen Zeitpunkt für das Gespräch mit dem Verdächtigen abzupassen.
    Die Grundregel lautet: Je größer der Stress, desto leichter sind die entsprechenden Anzeichen zu erkennen. Wenn man den vermeintlichen Lügner in einer Situation befragt, in der seine Konzentration bereits relativ stark gefordert ist, etwa beim Autofahren oder beim Kochen, wird der Ehrliche immer noch ohne Probleme antworten, der Lügner aber doppelt gestresst sein: Durch die zweifache Belastung wird er nicht nur schlechter lügen, sondern auch bei der anderen Aktivität schlechter abschneiden als sonst. 11 Konfrontiert man einen passionierten Hobbykoch in Ausübung seiner Lieblingstätigkeit mit einer Anschuldigung, darf man es durchaus als Indiz für seine Unehrlichkeit werten, wenn danach die Suppe versalzen ist. Gleiches gilt, wenn der Befragte plötzlich miserabel Auto fährt.
    Vor allem aber gelingt es dem Lügner bei erhöhtem Stress nicht mehr, die typischen Stressanzeichen zu überspielen: Er kann nicht mehr darauf achten, keine Pausen vor seinen Sätzen zu machen, da er einfach nicht über genügend gedankliche Ressourcen verfügt - gut für uns, denn das Entlarven fällt nun relativ leicht.

    Der Fall Nosenko
    Der hochrangige KGB-Agent Juri Iwanowitsch Nosenko nahm 1962 - mitten im Kalten Krieg - Kontakt zur CIA auf: Angeblich wollte er überlaufen. Die CIA aber wusste nicht, ob ihm zu trauen war - und wandte schließlich mehr als kreative Methoden an, um an die Wahrheit zu kommen. Nachdem Nosenko nach Washington gebracht worden war, unterzog man ihn erst mal einem vermeintlichen Lügendetektortest, der allerdings nur Theater war. Man warf ihm vor, dass er log, legte ihm Handschellen an und verfrachtete ihn in ein Auto. Dann brachte man ihn in ein Haus in einem Vorort von Washington, wo er auf dem Dachboden in einen Käfig gesperrt wurde.
    Von nun an bemühte sich die CIA nach Kräften, Nosenkos Realitätssinn außer Kraft zu setzen und ihn seiner Orientierung zu berauben. Uhren wurden unablässig umgestellt, das Licht wurde manipuliert, Weckzeiten ständig geändert, Mahlzeiten zu den sonderbarsten Zeiten serviert, unmittelbar nacheinander oder in sehr großen Intervallen. Noch dazu war es auf dem Dachboden im Sommer sehr heiß, im Winter sehr kalt.
    Um dem Wahnsinn zu entfliehen, bastelte sich Nosenko ein Schachspiel aus Kleiderfusseln, mit dem er Partien gegen sich selbst spielen konnte - ähnlich dem Häftling in Stefan Zweigs Schachnovelle . Die Wachen bemerkten es, konfiszierten die »Figuren« und tauschten seinen Baumwollanzug gegen einen aus Nylon aus. Als Nosenkos Zähne zu faulen begannen, durfte er sich die Zähne putzen. Da entdeckte er auf der Zahnpastaschachtel eine Beschreibung der Inhaltsstoffe - und steckte sie sofort ein, um den Text gegen die Langeweile immer und immer wieder zu lesen. Aber auch diesmal kamen ihm die Wachen auf die Schliche, sodass er seine »Lektüre« bald los war.

    Bei Befragungen bekam Nosenko sogenannte Wahrheitsdrogen verabreicht und wurde sämtlichen bekannten Verhörmethoden unterzogen - und trotzdem wusste die CIA nicht zwischen Wahrheit und Lüge zu unterscheiden. Alles, was ihre barbarischen Aktionen brachten, war völlige Unsicherheit - Nosenko gestand schließlich alles, was die CIA-Agenten seiner Auffassung nach hören wollten.
    Nach insgesamt fünf Jahren schrieb der verantwortliche CIA-Agent einen langen Bericht über Nosenko: Er kam zu dem Schluss, dass dieser log, und erhielt einen Orden dafür. Die gleiche Auszeichnung wurde kurz darauf seinem Nachfolger überreicht - dafür, dass er das Gegenteil festgestellt hatte.
    Im Oktober 1967 wurde Nosenko schließlich freigelassen. Er bekam eine Stelle bei der CIA und durfte Vorlesungen für neue Rekruten halten. Sein Gehalt wurde ihm rückwirkend für die Zeit seit 1962 ausgezahlt. Dass Nosenkos

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