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Dustlands - Der Herzstein: Roman (German Edition)

Dustlands - Der Herzstein: Roman (German Edition)

Titel: Dustlands - Der Herzstein: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Moira Young
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anhält. Und dieses Gebäude. Ohne den Himmel hab ich keine Ahnung, wie viel von der Nacht schon vorbei ist. Es ist, als wär man unter der Erde gefangen.
    Tommo muss das Seil längst angebracht haben. Er wird in heller Aufregung sein, wird sich fragen, wo ich bin. Und wenn sie alle ohne mich abgehauen sind? Und wenn ich hier festsitz? Dann bin ich ganz allein dran schuld. Bin auf Rache aus gewesen, statt an Emmi zu denken. Lugh hat recht. Ich bin besessen von Jack. Wenn ich doch hier rauskomm, mach ich’s wieder gut bei ihr.
    Plötzlich – nur ein paar Meter vor mir – geht eine Tür auf. Ich drück mich an die Wand. Zwei Tonton kommen raus. Sie stehen im Gang und unterhalten sich leise. Ich halt den Atem an. Blinzel nicht mal. Umklammer das Messer, bereit zuzuschlagen. Innerlich schrei ich sie an, sie sollen weitergehen. Irgendwas tropft mir auf den Kopf. Heiß. Schmerzhaft. Ich verdreh die Augen. Ich steh genau unter einer Wandkerze. Ein Tropfen landet auf meiner Stirn. Ich zuck nicht mal zusammen. Endlich gehen sie weiter, schwatzen immer noch. Ich erlaub mir wieder zu atmen, das Gesicht vor Schmerzen zu verziehen. Ich wart, bis ich ihre Schritte nicht mehr hör. Dann lauf ich hinter ihnen her.
    Kurz darauf komm ich zu der offenen Metalltreppe, die wie ein Rückgrat mitten durchs Gebäude verläuft.
    Okay, ich bin im dritten Stock, irgendein Fenster auf der Seeseite. Die Seile festgemacht, und runter geht’s zu den wartenden Kanus. Rechts von mir seh ich eine Bewegung. Ich komm gerade recht, um zu sehen, wie zehn Meter vor mir ein Tonton eine Tür aufmacht. Sie liegt auf der Seeseite. Er schlüpft in den Raum. Ich krieg eine Gänsehaut. Diesen Hinterkopf kenn ich. Ich hab den ganzen Weg nach Freedom Fields draufgestarrt. Der Herzstein auf meiner Haut ist warm.
    Jack.
    Mit einem Ruck erwacht die rote Hitze wieder zum Leben. Mit zitternden Händen zieh ich mir die Stiefel an. Das Herz schlägt mir bis zum Hals. Auf Zehenspitzen schleich ich durch den Gang, halte das Messer umklammert.
    Halt dran fest. Halt dich an dem fest, was er getan hat. Ohne seinen Verrat wär keiner von uns hier. Und ich hätte mich nicht an DeMalo verloren. Hätte mich nicht in DeMalo verloren.
    Früher hab ich gewusst, wer ich bin. Jetzt nicht mehr. Und das ist alles seine Schuld.
    Vor der Tür bleib ich stehen. Der Herzstein ist jetzt heiß. Ganz langsam, geräuschlos, dreh ich den Knauf.
    Ich mach die Tür auf. Und ich geh rein.

    E s geht ganz schnell. Blitzartig.
    Ein kleines Zimmer. Wie eine Zelle. Dunkel. Mondlicht strömt durch ein kleines Fenster in Hüfthöhe.
    Jack lehnt sich aus dem Fenster. Als ich reinkomm, fährt sein Kopf zu mir rum, seine Augen sind aufgerissen. »Nein!«, zischt er.
    Ein Seil spannt sich durch den Raum und zum Fenster raus. Auf einer Seite ist es am Türknauf festgebunden. Unser Seil. Er hält es in den Händen. Umklammert es.
    Verrat.
    Noch während ich das alles wahrnehm, stürz ich mich auf ihn. Mit erhobenem Messer. Der Raum ist so klein, dass er keine Zeit hat auszuweichen. Er packt meine Messerhand. Mit meinem Ansturm hätte ich ihn fast aus dem Fenster geworfen. Er hat das Gleichgewicht verloren, kippt nach hinten.
    Mit einer Hand hält er meine Messerhand hoch. Mit der anderen hält er am Seil fest. Mit dem Unterkörper drückt er gegen mich. Mit den Füßen scharrt er über den Boden.
    »Nein!«, bringt er raus. »Emmi!«
    Ich stemm die Füße in den Boden. Mit aller Kraft drück ich gegen ihn. Beweg das Messer langsam auf sein Gesicht zu.
    »Emmi!«, ruft er erstickt. »Seil!«
    Hände packen mich von hinten. Reißen mich von Jack weg. Ich taumel gegen die Wand. Es ist Maev. Sie und Jack umklammern beide das Seil. Stemmen sich dagegen. Als würde ein Gewicht dranhängen. Ein Mensch.
    »Mach die Tür zu!«, zischt Maev.
    »Was?«, frag ich.
    »Die Tür!«
    Ich gehorch, und das Seil spannt sich wieder. Mir platzt gleich der Schädel. Die rote Hitze, die mich im Sturm überrollt hat. Ich keuch. Plötzlich kapier ich, was Jack mir sagen will. Emmi hängt am Seil.
    Ich renn zum Fenster. Zieh Maev weg und beug mich neben Jack raus. Emmi hängt ungefähr drei Meter unter uns am Seil. Schaukelt hoch überm See hin und her. Fünf bleiche Gesichter gucken zu mir hoch. Molly und Tommo in einem Boot. Ash und Lugh in einem anderen. Ash zieht ein drittes Boot – leer – hinter sich her. Creed tritt Wasser. Er schüttelt den Kopf und schwimmt auf das leere Boot zu.
    »Emmi!«, zisch ich. »Alles in

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