Dustlands - Der Herzstein: Roman (German Edition)
wieder warm. Kein Geräusch, nur mein Atem. Mein Herzschlag.
Eine Wandfackel, fast runtergebrannt. Dahinter Dunkelheit. Dunkelheit und Stille. Ich nehm die Fackel von der Wand. Halt sie hoch, um mir zu leuchten. Ich muss nicht weit gehen. Der Gang ist nach zwanzig Schritt zu Ende. Eine Steintreppe windet sich steil nach oben.
Ich steh am Fuß von einer Steintreppe. Sie ist steil, führt in scharfen Kurven nach oben.
»Saba. Saba.«
Die Stimme läuft an den Wänden lang und mein Rückgrat hoch. Setzt sich an den dunklen Stellen tief in mir drin fest. Als würde sie da hingehören.
Schauder laufen mir über die Haut. Kalt und heiß auf einmal. Nein. Keine Stimme. Das ist bloß im Traum gewesen. Ich spür den Herzstein. Er ist jetzt viel wärmer. Ich steig die Treppe hoch. Geräuschlos.
Als ich oben ankomm, ist da eine Holztür. Alt, zerkratzt. Der Herzstein ist jetzt glühend heiß. Er ist auf der anderen Seite. Ich mach die Tür auf. Tret ins Zimmer. Es ist fast leer. Fast dunkel. Binsenlichter. Eine Kerze. Ein Stuhl mit hoher Rückenlehne. Mit Blick zum Feuer im Kamin.
Er steht auf. Er dreht sich zu mir um.
Ich komm oben an. Da ist eine Holztür. Alt und zerkratzt. Sonst nichts. Die Treppe geht nicht weiter, sie führt nur hierhin. Die Fackel geht aus.
Der Herzstein liegt heiß auf meiner Haut. Jack ist da drin. Die rote Hitze prasselt und knistert. Betrüger. Verräter.
An Maev und den Hawks und den Weststraßenräubern. An den vierzig Toten in Darktrees. An Emmi. An mir.
Ich umklammer das Messer noch fester.
Langsam, ganz langsam dreh ich den Knauf.
Langsam, ganz langsam mach ich die Tür auf.
I ch halt den Atem an. Die Tür macht kein Geräusch. Kein Seufzen. Kein Flüstern. Ich schieb sie langsam auf, das Messer bereit. Ein schwach erleuchtetes Zimmer. Binsenlichter. Teppiche auf dem Boden. Links ein großer Tisch mit einem Tuch drauf. An einem Ende steht Essen bereit, Teller, Becher und brennende Kerzen, davor ein Stuhl. Am anderen Ende vom Tisch stapeln sich Bücher.
Ein Feuer prasselt. Ein stabiler Stuhl aus dunklem Holz mit hoher Rückenlehne und Schnitzerei, mit Blick zum Feuer im Kamin. Keiner zu sehen. Rechts von mir steht eine Tür einen Spalt offen. Da ist noch ein Zimmer. Das Licht von einer Kerze fällt durch die Tür. Ich kann hören, wie sich da drin jemand bewegt. Leise Geräusche. Nur einer.
Jack ist da drin.
Ich schlüpf ins Zimmer. Mach die Tür leise wieder zu. Geh auf die andere Tür zu. Geräuschlos auf dem weichen Teppich. Das Messer fest umklammert. Meine Hand ist kalt. Ich spür Schweiß auf der Oberlippe. Der Herzstein versengt mich.
»Wo ist deine Eskorte?«
DeMalos Stimme.
Mein Herz setzt aus. Hastig dreh ich mich um, halt das Messer verdeckt an meinem Bein.
DeMalo ist gerade von dem Stuhl mit der hohen Rückenlehne aufgestanden. Er hält ein Buch in der Hand.
»Meine Eskorte«, sag ich.
Zwei Tonton kommen durch die Haupttür. Sie tragen Tabletts mit zugedecktem Essen. Essensdüfte kommen mit ihnen.
»Da sind sie«, sag ich schnell. »Gleich hinter mir.«
»Lang lebe der Wegbereiter«, sagen sie und beugen die Köpfe.
»Stellt das auf den Tisch, Brüder«, sagt er. »Und deckt auch für meinen Gast.«
Sie gehorchen eifrig.
Mein Atem geht abgehackt und flach. Das Blut braust in meinen Ohren.
Eine Frau kommt aus dem anderen Zimmer. Eine Dienerin, die an mir vorbeihastet, ohne den Blick zu heben. Nicht Jack. Die Tonton decken das Essen auf.
»Das genügt«, sagt DeMalo. »Wir bedienen uns selbst. Ihr könnt alles so lassen.« Er bringt sie zur Tür.
Mein Verstand arbeitet kühl. Ich lass das Messer fallen. Schieb es mit dem Fuß unter den Teppichrand.
»Danke, Brüder«, sagt er. »Ich möchte nicht gestört werden.« Er macht die Tür hinter ihnen zu und schließt ab. Den Schlüssel steckt er in die Tasche. Dann guckt er mich an.
Der Herzstein brennt. Heiß und stetig. Wie das Herz des Feuers im Kamin. Wo ist Jack? Er muss hier irgendwo sein.
»Du bist gekommen«, sagt DeMalo. »Genau wie ich es gesagt habe. Aus freien Stücken.«
Aha. Er weiß nicht, wie ich hierhergekommen bin. Noch nicht jedenfalls.
»Da ist immer noch jemand in dem Zimmer da«, sag ich.
»Ich glaube nicht«, sagt er. Er drückt die Tür auf und zeigt es mir. Es ist ein Schlafzimmer. Geweißte Wände, ein einfaches Bett mit einer einfachen weißen Decke. Eine kleine Truhe. Kerzen an den Wänden. »Nein«, sagt er. »Niemand außer uns.«
Kein Jack. Hier kann er sich nirgends
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