Dustlands - Die Entführung
wollen. Trocken, tot und überall rot. Wie das Herz von einem Feuer. Rote Felsen, rote Erde.
Rot wie der Staubsturm am Silverlake an dem Tag, als die Tonton gekommen sind.
Ein Stückchen westlich vom Hügel ragt ein langer zerklüfteter Bergkamm auf.
Im Osten streckt sich ein Haufen dürrer Felsfinger nach dem Himmel. Es sind ziemlich viele, und sie stehen alle ganz dicht zusammen. Hoch und dünn und spitz. Sie sehen fies aus. Scharf. Wie Zähne. Rote Zähne. Ein Kribbeln läuft mir den Nacken rauf.
Was zum Teufel ist das?, frag ich.
Die heißen Hoodoos, sagt Jack.
Unglücksbringer.
Ash schaudert es. Die machen mir eine Gänsehaut, sagt sie.
So schnell wir können, reiten wir zum Fuß vom Pine Top Hill.
Was ist mit den Pferden?, fragt Lugh.
Die brauchen wir vielleicht, sagt Jack.
Er spricht es nicht aus, aber wir alle wissen, was er meint. Wenn es schiefgeht, müssen wir uns aus dem Staub machen.
Ich will Hermes bei mir haben, sag ich. Zwischen den Bäumen versteckt sind sie in Sicherheit. Ich steig ab und führ Hermes den Hügel rauf, im Zickzack über den losen Schiefer. Er rutscht immer wieder aus, aber ich rede leise mit ihm, damit er keinen Aufstand macht. Er vertraut mir. Genau wie ich ihm vertrau. Die anderen kommen hinter mir. Langsam und vorsichtig klettern wir nach oben.
Jack hat recht. Wir werden Pinch schon von weitem über die Ebene kommen sehen.
Ich gebe Hermes einen Klaps aufs Hinterteil, und Ash und Ike führen die Pferde weg. Sie wollen sie zwischen den Bäumen hinter uns anbinden. In der Zwischenzeit teilen Jack, Lugh und Tommo unsere Munition auf. Vor jedem von uns liegt ein hübscher Haufen Pfeile. Aber als ich sie mir so anguck, verlier ich trotzdem den Mut.
Tommo guckt zu Jack. Seine braunen Augen sehen dunkel aus, besorgt. Nicht genug, sagt er.
Wir haben reichlich, Junge, sagt Jack. Mach dir keine Sorgen.
Ich hab keine Waffe, sagt Lugh.
Tommo nimmt seine Armbrust und gibt sie Lugh. Das ist eine gute, sagt er. Ike hat die für mich gemacht.
Die kann ich nicht annehmen, sagt Lugh. Was benutzt du dann?
Schleuder, sagt Tommo und hält sie hoch.
Wenn du meinst, sagt Lugh. Danke, Tommo.
Ike und Ash kommen zu uns. Jack gibt Tommo den Weitgucker. Willst du Wache halten?, fragt er.
Wie wär das, mein Sohn?, fragt Ike. Der mit dem Weitgucker hat die wichtigste Aufgabe.
Tommo strahlt. Echt?
Ja. So, jetzt such dir den Baum mit der besten Aussicht über die Ebene aus. Kletter bis ganz nach oben und halt Ausschau. Sobald du jemand kommen siehst, rufst du. Laut und deutlich. Verstanden?
Verstanden, sagt Tommo. Er will schon losgehen, da hält Ike ihn noch mal am Arm fest.
Wenn es zum Kampf kommt, Tommo, bleibst du ganz dicht bei mir. Du weichst mir nicht von der Seite!
Keine Angst, Ike. Tommo lächelt. Ich halt dir den Rücken frei. Er drückt den Weitgucker fest an die Brust und läuft los, seinen Aussichtsbaum aussuchen.
Er hält mir den Rücken frei, murmelt Ike. Ein Kampf ist nichts für einen Jungen, der nichts hören kann. Wenn ich ihn bloß nicht mitgenommen hätte!
Ihm passiert schon nichts, sagt Jack. Mach dir keine Sorgen. Du hast ihm gesagt, er soll bei dir bleiben, und das tut er auch.
Also, was ist unser Plan?, fragt Ash.
Jack guckt mich an. Grinst. Ich grins zurück.
Jacks Silbermondaugen. Die Stille in seinem Innersten. Wie bei stillem Wasser.
Diesmal müssen wir uns auf die Schnelle was einfallen lassen, sag ich.
Ash verdreht die Augen. Irgendwie hab ich gewusst, dass du so was sagen würdest.
Was jetzt?, fragt Lugh.
Jetzt, sagt Jack, warten wir.
W ir kauern uns hinter die großen Felsen oben auf dem Hügel. Hinter uns liegt das Kiefernwäldchen, vor uns die Ebene, weit und kahl.
Lugh und ich hocken mit dem Rücken an einem großen Felsen. Dicht zusammen. Unsere Schultern berühren sich.
Oh, sag ich, fast hätt ich’s vergessen. Ich zieh seine Halskette aus der Tasche. Den kleinen Ring aus glänzendem, grünem Glas an dem Lederband. Ich geb Lugh die Kette. Hab ich am Wegesrand gefunden, sag ich.
Ich hab mich schon gefragt, wo die hingekommen ist.
Du hast Glück, dass ich da vorbeigekommen bin, sag ich.
Ja, sagt er. Ich hab wirklich Glück.
Eine Weile sind wir beide still, dann stupst er mich mit dem Ellbogen an. Also, sagt er, was ist das mit diesem Jack?
Was soll mit ihm sein?, frag ich.
Für mich sieht das aus, als ob da was läuft zwischen euch.
Ich spür, wie die Hitze mir den Nacken hoch und in die Wangen kriecht. Da läuft gar nichts, sag
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