Dustlands - Die Entführung
Ehre das für dich ist. All die Jahre der Planung … vergeudet. Seine mannigfaltigen Gefälligkeiten für dich – als Gast in seinem königlichen Palast – und du vergiltst es ihm mit einer Demütigung. Der König ist es nicht gewohnt, gedemütigt zu werden.
Ich geh mit dir zurück, sagt Lugh. Ich tu, was du willst. Nur lass meine Schwester gehen!
Du hast den König gekränkt mit deiner Undankbarkeit, sagt Pinch. Aber du bist für ihn jetzt nicht mehr von Interesse.
Angst steigt in mir auf, wie kalte Finger, die mir den Rücken raufwandern.
Dann nimm mich, sagt Ike. Ich hab ihnen gezeigt, wo sie dich finden können.
Der ritterliche Riese, sagt Pinch. Nein. Auch du genügst nicht.
Komm zur Sache, sagt Lugh. Was willst du?
Nicht was, sagt er. Wen.
Er zeigt auf mich.
Der König will sie, sagt er. Den Todesengel.
W ozu?, brüllt Ike.
Er wünscht, mit ihr zu sprechen, sagt Pinch. In aller Freundschaft mit ihr zu plaudern.
Sofort lass ich die Armbrust sinken und tret einen Schritt vor.
Lugh packt mich am Arm. Was tust du da? Du kannst da nicht runtergehen!
Er hat Emmi, sag ich. Natürlich red ich mit ihm.
Der will nicht mit dir reden! Guck ihn dir doch an! Der Mann ist verrückt!
Das ist zu gefährlich, Saba, sagt Ash.
Was will er überhaupt von dir?, fragt Lugh.
Sie hat damals in Hopetown seine Eltern getötet, sagt Jack. Und ihn hätte sie auch fast getötet.
Es ist ein Unfall gewesen, sag ich.
Lugh flucht. Warum hast du mir nichts davon gesagt?
Ich hab’s nicht für wichtig gehalten, sag ich.
Ich sage, wir erledigen ihn, sagt Ike. Wir sind sechs, und die sind nur drei.
Ike, er hält Emmi einen Bolzenschießer an den Kopf, sag ich. So wie ich das seh, haben wir keine Wahl. Ich geh da runter.
Nein, sagt Lugh. Wir denken uns was anderes aus. Du darfst nicht zu ihm gehen. Ich verbiet es dir.
Sie ist meine Schwester, sag ich.
Jack nimmt meine Hand. Ich guck zu ihm runter. Ich weiß, was er denkt.
Wenn sie Emmi mitgenommen hätten, Emmi, und nicht Lugh … würdest du sie dann suchen?
Als er mir damals in Darktrees diese Frage gestellt hat, ist die Antwort nein gewesen. Wenn er mich noch mal fragen würde, wenn er mich jetzt fragen würd, würd ich mit ja antworten. Ohne zu zögern. Ja.
Er drückt meine Hand. Und sagt: Egal, was er sagt, trau ihm nicht über den Weg. Wir geben dir Deckung.
Saba!, sagt Lugh. Komm zurück!
Aber ich geh schon den Hügel runter, rutsch immer wieder auf dem Geröll aus. Ungefähr drei Meter vor Pinch und Emmi bleib ich stehen. Alles okay, Em?, frag ich.
Ja, flüstert sie.
So ist es recht.
Wie rührend, sagt Pinch. Wirf deine Waffen fort.
Ich nehm den Köcher ab und leg ihn neben meine Armbrust auf die Erde.
Ist das alles?
Ich nicke.
Durchsucht sie, sagt er zu seinen Männern.
Sie steigen ab.
DeMalo kommt auf mich zu. Dieses verschlossene Gesicht. Diese überschatteten Augen. Sein Blick huscht kurz über mein Gesicht, als er anfängt, mich abzutasten. Das Gefühl von seinen Händen auf mir. Schnell. Leicht. Kühl. Ich halt den Atem an. Er findet das Messer in meinem Stiefel. Nimmt es mit, zusammen mit meiner Armbrust und dem Köcher.
Sie ist sauber, sagt er zu Pinch.
Nimm das Mädchen, sagt er. Wenn unser Engel hier irgendwelche Dummheiten macht, brich ihr den Hals.
Während der andere Tonton mich bewacht, hebt DeMalo Emmi vom Pferd. Pinch steigt auch ab. Er kommt mit dem falschen Bein auf, dem mit dem Käfig, und flucht.
DeMalo gibt ihm Emmi zurück.
Pinch hält sie vor sich, den Bolzenschießer drückt er ihr wieder an den Kopf. Dann macht er ein paar Schritte auf mich zu, muss dabei weit ausholen mit dem kaputten Bein. Er ist schweißgebadet. Hat bestimmt üble Schmerzen.
Ich kann ihn schon riechen. Diesen säuerlichen, süßlichen, fauligen Gestank.
So, sagt Pinch. Endlich. Der Todesengel. Der König hat eine persönliche Rechnung mit dir zu begleichen.
Was? Weil ich meinen Bruder gerettet hab, bevor du ihn verbrennen kannst?, sag ich.
Dein Bruder, sagt er. Natürlich. Diese Tätowierung auf euren Wangenknochen. Der König hätte dich damals töten sollen, er hätte sich viel Ärger erspart. Nein, das ist es nicht.
Was dann?, frag ich.
Er zieht sich das Shemag aus dem Gesicht. Es sieht schlimm aus. Verbrannt. Wunde schwammige Haut, entzündet und rot. Seine goldene Gesichtsfarbe ist überall abgeblättert und mit seiner Haut verschmolzen.
Er starrt mich an, atmet laut und schnell. Seine schwarzen Augen gucken grimmig. Voller Hass
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