Dustlands - Die Entführung
und … und noch irgendwas. Wahnsinn.
Sieh, was du getan hast, sagt er.
Ich schweig.
Sieh, was du getan hast! Jetzt brüllt er.
Das war ein Unfall, sag ich. Das hab ich nicht gewollt.
Des Königs Bein. Sieh, was du seinem Bein angetan hast.
Du hast uns gejagt, sag ich, und das Landschiff hat sich überschlagen. Damit hab ich nichts zu tun. Das ist ein Unfall gewesen.
Das! Waren! Keine! Unfälle! Er kreischt aus vollem Hals. Alle Adern an seinem Hals sind vorgetreten, und die Spucke spritzt nur so aus seinem Mund.
Ich weich einen Schritt zurück. Emmi hat die Augen aufgerissen und starrt mich an. Sie ist kreidebleich.
Der König verlangt dein Leben als Wiedergutmachung, sagt Pinch. Es ist ganz einfach. Du ergibst dich ihm, und alle anderen sind frei. Dein kostbarer Bruder, deine unschuldige kleine Schwester und deine Freunde.
Ich sag nichts.
Niemand hält dich hier fest, sagt er. Du bist frei und kannst gehen. Aber sobald du gehst, wird mein Finger ausrutschen und … peng! Keine kleine Schwester mehr.
Ich starr ihn an. Bin wie versteinert.
DeMalo beobachtet mich, das Gesicht ausdruckslos.
Denk nach, Saba! Denk nach!
Ah, sagt Pinch, dir gehen so viele Fragen durch den Kopf. Hat er noch mehr Männer? Warten sie außer Sicht? Deine Freunde haben dir wahrscheinlich gesagt, du sollst ihm nicht trauen. Du denkst: Woher weiß ich, dass er sein Wort hält?
Er hält inne. Dann sagt er: Das kannst du nicht wissen. Das macht die Sache ja so ergötzlich.
Lass sie gehen, du Dreckskerl, sag ich.
Sein Gesicht verzerrt sich. Er schlägt Emmi mit dem Handrücken ins Gesicht, und sie fällt hin. Sofort reißt er sie an einem Arm wieder hoch. Auf ihrer rechten Wange ist ein hässlicher roter Abdruck.
Deine Schuld, sagt er.
Die rote Hitze strömt durch mich durch. Ich tu alles, was du willst, sag ich, aber erst musst du sie gehen lassen.
Ein Zeichen des guten Willens? Er schüttelt den Kopf. Nein.
Ich spür, wie mir der Schweiß den Nacken runterläuft. Guck Emmi an. Guck mich nach Lugh um, nach Ike, Tommo, Ash. Sie beobachten mich. Warten. Und Jack. Ach, Jack.
Keiner von ihnen rührt sich.
Das Blut rauscht in mein Ohren. Das Herz schlägt mir bis zum Hals. Mir ist übel.
Ich dreh mich wieder zu Pinch um.
Du hast gewonnen, sag ich.
L angsam heb ich die Hände hoch.
Pinch macht eine Handbewegung. DeMalo bleibt, wo er ist. Der andere Tontonleibwächter kommt angerannt. Er reißt mir die Hände auf den Rücken und bindet sie zusammen.
Jetzt lass meine Schwester gehen, sag ich.
Pinch rührt sich nicht. Er steht einfach da und guckt mich lange an. Dann verzieht er den Mund in seinem kaputten Gesicht. Er lächelt.
Wo ein Sieger ist, sagt er, muss es auch einen Verlierer geben.
Er hebt die Hand. DeMalo hält sich ein gebogenes Metallstück an den Mund und bläst rein. Ein lauter Ton schallt durch die Luft. Vögel flattern erschrocken auf.
Hektisch guck ich mich um, mein Herz klopft wie verrückt.
Aus dem Wald oben auf dem Hügel kommen Tonton. Gleich hinter Lugh und den anderen. Es sind zwölf, mit Armbrüsten und Bolzenschießern im Anschlag. Sie müssen einen großen Bogen gemacht haben, damit sie von Norden zum Hügel kommen.
Dann höre ich ein komisches Geräusch. Wie … ein Hammer, der einen Nagel einschlägt. Ich wirbel herum.
Hinter Pinch kommen aus Richtung Freedom Fields noch mehr Tonton in Sicht, mindestens fünfzig bewaffnete Männer, so wie es aussieht. Sie rennen auf uns zu, quer über die Ebene, im Gleichschritt. Der Boden bebt, als sie näher kommen.
Ausgetrickst.
In der Falle.
Kein Ausweg.
D ie Tonton stellen sich hinter DeMalo auf.
Ich beobachte, wie meine Freunde ihre Waffen hinlegen. Jack und Ike, Lugh und Ash und Tommo. Die Tonton oben auf dem Hügel zwingen sie, sich mit den Händen hinterm Kopf flach auf den Boden zu legen. Wer sich wehrt, kriegt einen Tritt in den Rücken.
Tja.
Nach alldem, was wir geschafft haben, nach alldem, was wir durchgemacht haben, geht es so zu Ende. Nicht mal die Möglichkeit, im Kampf zu sterben. Zusammen zu sterben.
Zwölf Tonton auf dem Hügel. Noch mal fünfzig hier unten. Pinch wird uns nicht schnell sterben lassen. Mein Mund ist trocken. Die rote Hitze ist weg.
Ich bin klein. Schwach. Allein.
Saba, sagt Emmi. Saba, tu doch was. Sie fängt an zu weinen.
Bitte, sag ich zu Pinch. Du hast keinen Grund, ihr wehzutun. Lass sie und den Jungen gehen. Sie haben dir doch nichts getan.
O nein, sagt er, sie werden die Ersten sein. Damit ihr anderen
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