Dustlands - Die Entführung
todernst.
Für mich sieht das aus, als ob du ein gefährliches Spiel spielst, sagt er.
Warum kümmert’s dich, was ich tu?
Wir gucken uns lange in die Augen. Dann: Nur so, sagt er. Sei einfach … vorsichtig, Engel. Das ist alles.
Langsam lässt er meine Hand wieder los. Fast so, als ob er das gar nicht tun will.
Ich dreh mich um und geh weg, und der Herzstein kühlt langsam wieder ab.
D unkelheit. Kann kaum was sehen. Die Luft ist voll Rauch. Brennt mir im Hals, in der Nase, beißt in den Augen.
Wo bist du?, schrei ich.
Keine Antwort. Hungrige Flammen züngeln an Holz. Glühende Holzstücke knacken und zischen.
Ich muss ihn finden. Kann ihn doch nicht hierlassen.
Ich hör ein Herz schlagen. Mein Herz. Immer wieder. So laut. Es hallt in meinem Kopf wider.
Ich drück mir die Hände auf die Ohren. Gerat in Panik. Dreh mich im Kreis, blind.
Wo bist du?, schrei ich. Wo bist du?
Jetzt eine andere Stimme. Flüstern. Mercys Stimme.
Der Herzstein zeigt dir … der Herzstein … Herzstein … beeil dich, Saba …
Helle Sonne. Übungshof. Epona lächelt. Wir werden Hopetown abbrennen, sagt sie.
Ich muss ihn finden. Bevor es zu spät ist.
Zu spät … zu spät … zu spät …
Ich wach auf, murmel vor mich hin. Ich bin schweißgebadet, die Decke hat sich um meine Beine gewickelt, mein Herz schlägt wie wild.
Der Traum ist neu. Von Feuer hab ich bis jetzt noch nie geträumt. Und es ist nicht Lugh gewesen, den ich so verzweifelt gesucht hab. Ich weiß nicht, wen ich da gesucht hab.
Ich tu, was ich immer tu, um den Albtraum zu verscheuchen. Ich sitz auf meiner Pritsche, zieh die Knie an die Brust und mach die Augen zu.
Dann denk ich an Wasser. An ganz sauberes Wasser. An einen See. Ich spring rein. Das Wasser umspült mich, überall. Meinen müden Körper, meine zerrissene Seele, mein schweres Herz. Ich schwimm, und das Wasser wäscht mich sauber.
Und so schaff ich es wieder mal bis zum nächsten Morgen.
D er Käfigwärter macht mir die Tür auf. Ich geh zum letzten Mal in den Käfig.
Meine Hände und Beine fühlen sich an, als wären sie weit weg, als würden sie nicht zu mir gehören. Mein Magen hat sich völlig zusammengekrampft. Mein Mund ist trocken.
Ich kann meine eigenen Gedanken nicht hören, so laut ist die Meute. Die, die nicht mehr ins Kolosseum reingepasst haben, drängen sich in den Straßen und sitzen auf Dächern. Auch wenn sie nicht sehen können, was passiert, können sie die Schreie und das Gebrüll hören. So oder so, alle wollen sie beim Ende vom Todesengel dabei sein. Bei meinem Ende.
Die Chaalverkäufer machen ein Wahnsinnsgeschäft. Mit großen Körben voll mit den dunkelgrünen Blättern auf den Köpfen drängen sie sich durch die Leute. Sie wollen, dass alle bei der großen Entscheidung schön zugechaalt sind.
Der Käfigmeister steht auf seinem Balkon, wo sich Leute in ihren besten Kleidern drängen. Ich kann die Pinchs sehen – Rooster und Miz Pinch stehen in eine Ecke gedrängt, Vikar Pinch, der König, im Mittelpunkt. Er sitzt auf einem ausgefallenen goldenen Stuhl, und alle scharwenzeln sie um ihn rum, bieten ihm Becher und Teller mit allem Möglichen an. Er wedelt sie alle mit seinem Spitzentuch weg und starrt runter ins Kolosseum.
DeMalo steht in seiner Nähe.
Ich hoff, Emmi ist in Sicherheit. Die Free Hawks haben gesagt, sie kümmern sich um sie. Aber ich werd erst dann beruhigt sein, wenn ich sie selbst seh.
Ich starr auf den Mittelgang. Er geht vom Boden des Kolosseums bis ganz nach oben.
Der Gang für den Spießrutenlauf.
Maev sitzt in der ersten Reihe am Mittelgang. Also gleich neben dem Spießrutengang. Sie nickt mir kaum merklich zu. Guckt hinter sich und dann wieder zu mir.
In den ersten ungefähr zehn Reihen sitzen ganz am Ende, also auch gleich am Spießrutengang, lauter junge Frauen, die ziemlich kämpferisch aussehen.
Ich seh, wie ein Mann versucht, eine von ihnen wegzuschubsen. Ihr den Platz am Spießrutengang wegzunehmen, damit er näher dran ist, wenn es losgeht. Die Frau rammt ihm den Ellbogen in den Hals und guckt dabei nicht mal hin.
Die Free Hawks sind also da. Genau wie Maev es versprochen hat.
Nero sitzt auf dem Lichtmast, der gleich neben dem Käfig steht. Er schreit, immer wieder. Er ist außer sich vor Angst, das seh ich. Plötzlich stürzt er runter, landet auf dem Käfig und schlüpft zwischen den Stangen durch. Das hat er in der ganzen Zeit, die ich hier schon kämpf, noch nie getan.
Er fliegt zu mir und setzt sich auf
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