Dustlands - Die Entführung
verloren!, faucht sie. Die zugechaalten Trottel da kannst du vielleicht hinters Licht führen, aber mir machst du nichts vor. Du hast absichtlich verloren, und ich will wissen, warum.
Beruhige dich, Frau.
Der König hat eine Stimme wie ein Mund voll feuchter Erde.
Ein kalter Schauder läuft mir über den Rücken.
Aber ich kenne sie, Sohn, sagt Miz Pinch. Vikar, ich kenne die da! Sie ist die –
Seine Arme fliegen hoch. Er schlägt ihr mit seinem Gehstock ins Gesicht.
Sie schreit auf. Stolpert, hält sich an den Stangen fest, damit sie nicht hinfällt. Dann kauert sie sich hin. Ihre Lippe ist aufgeplatzt. Sie sieht alt aus. Verängstigt.
Miz Pinch ist die Mutter von dem Mann da. Die Mutter vom König. Vikar Pinch. Langsam ergibt das alles einen Sinn. Das Bild in Roosters Buch. Vikar Pinchs Aussehen. Warum Rooster Pinch gelogen hat, als ich ihn gefragt hab, ob er Kinder hat.
Wie redest du deinen König an?, fragt Vikar Pinch.
Sie sagt nichts. Kauert bloß da.
Da schreit er, dass die Spucke fliegt: Wie redest du deinen König an?
Euer … Euer Majestät, sagt sie. Ich rede meinen König mit Euer Majestät an.
Wenn du das noch einmal vergisst, sagt er, lässt er dich töten. Hast du das verstanden?
Sie nickt, packt eine Ecke von seinem Gewand und küsst es.
Ja, flüstert sie. Ich will nur zu Gefallen sein … Euer Majestät. Was anderes habe ich nie gewollt.
Mit dem Fuß schubst er ihre Hand weg. Wag es ja nicht, deinen König zu berühren!, sagt er. So. Was hast du über dieses Mädchen gesagt?
Euer Majestät, ich hab nur gesagt … dass ich sie kenne, Euer Majestät. Sie ist nicht wie die anderen. Ihr Kampfgeist ist zu stark, um besiegt zu werden. Sie hat heute verloren, weil sie das so gewollt hat. Sie ist durchtrieben. Sie führt was im Schilde.
Miz Pinch starrt mich mit Hass in den Augen an.
Genug!
Er wedelt mit seinem Tuch, und sie huscht in eine dunkle Ecke.
Der König will mit ihr sprechen, sagt Vikar Pinch. Mit diesem … Todesengel.
DeMalo kommt an die Zelle.
Komm her, Mädchen, sagt er. Seine Majestät wünscht, mit dir zu sprechen. Das ist das erste Mal, dass ich seine Stimme höre. Sie ist tief. Dunkel. Genau wie ich sie mir vorgestellt hab.
Komm, sagt er.
Ich steh auf, ganz langsam. Geh zwei Schritte. Bleib stehen.
Komm näher, sagt er.
Ich geh weiter. Dann steh ich dicht vor den Gitterstangen. Dicht bei ihm. Ich guck nicht hoch. Aber ich kann ihn spüren. Seine Wärme. Seine Kälte.
Saba, flüstert er, glaub ich.
Eine eigenartige Schwäche überkommt mich. Ich beug mich zu ihm hin. Pack die Stangen, um mich zu bremsen.
Da dreht er sich um, verbeugt sich vor dem König und weicht zurück in die Schatten. Hat er meinen Namen geflüstert? Nein … das muss ich mir eingebildet haben.
Jetzt kommt der König an meine Zelle. Seine Hände schießen vor. Packen mich durch die Stangen durch. Packen mich am Hals. Seine Finger sind stark. Sie drücken auf meine Luftröhre. Gerade so feste, dass mir das Atmen schwerfällt.
Hat die Frau recht?, fragt er. Hast du den Kampf absichtlich verloren?
Nein!, sag ich. Das hab ich nicht! Das würd ich nie!
Seine Finger drücken fester zu. Ich pack seine Handgelenke. Versuch, mich loszureißen. Er ist zu stark. Fieberhaft atme ich durch die Nase ein. Er stinkt, so was hab ich noch nie gerochen. Sauer, süß, faulig … alles auf einmal.
Dein König hat eine lange und beschwerliche Reise unternommen, um dich kämpfen zu sehen. Die wunderbare Kriegerin, von der alle reden, den Todesengel. Er wäre ungemein verstimmt, wenn er erführe, dass er betrogen wird.
Ich betrüg nicht!
Letzte Chance! Lügst du?
Nein!, keuch ich. Verlieren bedeutet den Tod. Jeder weiß das!
In der Tat, sagt er. Warum solltest du vorsätzlich verlieren? Warum sollte irgendjemand das tun? Es ergibt keinen Sinn.
Plötzlich lässt er mich los. Ich fall hin, schnapp nach Luft und fass mich an den Hals, wo er mich gewürgt hat.
Du hast dir etwas eingebildet, Frau, sagt er zu Miz Pinch. Du hattest eine Glückssträhne. Sie hat dir ein kleines Vermögen eingebracht. Du wirst dir eben eine neue Kämpferin suchen müssen, wenn diese hier Spießruten laufen muss.
Ihr habt sicher recht, Euer Majestät, sagt sie. Ihr habt immer recht, Ihr wisst immer Bescheid. Ich hätt Euch nicht belästigen sollen. Tut mir leid, dass ich Eure Zeit verschwendet hab, Euer Majestät.
Miz Pinch, eine Hündin, die mit eingekniffenem Schwanz bei Fuß geht.
Langsam steh ich auf.
Warte!
Pinch
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