Dying for You - Gefangen Im Albtraum
in diesem Haus. Doch selbst wenn sie im Zimmer gleich nebenan wäre, war sie tabu für ihn. Am Tag der Beerdigung hatte er seinem Bruder Brenden etwas ins Grab versprochen, von dem er nie gedacht hätte, dass es ihn so quälen würde.
Hatte er für seine Sünden gebüßt, indem er auf Lucie verzichtet hatte?
Es tut mir leid, Brenden. Gott, es tut mir so leid! Ich hatte kein Recht, mir zu nehmen, was nicht mein war. Lucie war deine Freundin. Die Liebe deines Lebens.
Sawyer streckte sich auf dem Bett aus, zog die Decke über sich und schloss die Augen. Natürlich flackerten Bilder von Lucie durch seinen Kopf. Lucie, wie sie lächelte, wie sie lachte, wie sie flirtete – mit Whit Falkner! Ihre braunen Augen funkelten, als sie die Hände nach ihm ausstreckte, ihn zu sich lockte. Das seidene Kleid und ihr Haar umschmeichelten sie wie flüssiges Kupfer und liebkosten ihren Körper auf eine Weise, nach der Sawyer sich so sehr verzehrte. Doch sie ging an ihm vorbei und warf sich in Whits offene Arme.
Nein, geh nicht zu ihm. Komm zu mir! Ich will dich! Ich habe dich immer gewollt.
Sawyer riss die Augen auf. Er starrte an die dunkle Zimmerdecke und betrachtete die Schatten, die das Mondlicht durch die transparenten Vorhänge tanzen ließ.
Jede Faser seines Körpers war zum Bersten gespannt, in Alarmbereitschaft, und sein Geschlecht war hart. Er hob den Arm und rieb sich den Nacken, um sich zu entspannen.
Denk nicht an Lucie! Aber sicher. Leichter gesagt als getan.
Neun Jahre hatte er versucht, sie aus seinem Kopf zu verbannen, nicht mehr an die Nacht zu denken, in der sie sich geliebt hatten.
Nein, verdammt! Nein! Das war damals Sex, keine Liebe!
Sawyer riss das Laken weg, stand auf und ging hinüber zu den bodentiefen Fenstern, von wo man auf den umzäunten Hof blickte. Noch Monate nach Brendens Beerdigung hatte er nicht richtig schlafen können, war nur mit Whiskey, kurzen Nickerchen und Schuldgefühlen dahinvegetiert. Er hatte seinen Job beim FBI gekündigt, sich seinem Elend ergeben und angefangen, gegen seine Liebe zu Lucie anzukämpfen. Immer wieder war sie zu ihm gekommen, immer wieder hatte sie versucht, mit ihm zu reden, hatte ihm ihren Trost angeboten. Und immer wieder hatte er sie zurückgewiesen und sie für Brendens Tod verantwortlich gemacht. Schließlich hatte er seine Wohnung aufgegeben und war ins Motel gezogen, nur um ihr zu entgehen.
Vier Monate nach Brendens Beisetzung hatte ihm dann Sam Dundee einen Job bei Dundee Private Security and Investigation in Atlanta angeboten. Für Sawyer war das der ersehnte Neuanfang. Er konnte ja nicht ahnen, dass Lucie ihm folgen würde und die damalige Geschäftsführerin Ellen Denby sie auch einstellen würde. Damals hätte er sofort kündigen sollen, doch er wollte es sich nicht eingestehen, dass ihre Anwesenheit irgendeinen Einfluss auf ihn hatte. Also versuchte er, sich selbst und Lucie zu beweisen, dass sie ihm nichts mehr bedeutete. Und als Ellen in den Ruhestand ging und Sam ihm den Geschäftsführerposten anbot, dachte er, er könnte Lucie kraft seines Amtes dazu bewegen zu kündigen. Er hatte ihr jeden noch so üblen Auftrag aufgehalst, auch solche, die Dundee normalerweise abgelehnt hätte. Doch er hatte nur eins im Sinn gehabt: Lucie zu demütigen. Doch je mehr dieser Aufträge er ihr auftischte, desto tougher wurde sie. Sie murrte und meckerte und flippte regelmäßig aus. Aber sie weigerte sich zu kündigen.
Als sie endlich die Reißleine zog und bei Dundee kündigte, hatte er naiverweise geglaubt, er hätte ihren neunjährigen Krieg gewonnen. Doch mittlerweile war ihm klar: Er würde sich nie von Lucie befreien können, wenn er nicht endlich einen Weg fand, sie aus seinem Kopf und seinem Herzen zu verbannen.
Er schob den Vorhang zur Seite und sah aus dem Fenster. Aus dem Augenwinkel heraus bemerkte er eine Bewegung. Er zwinkerte, schaute ein zweites Mal hin und stellte fest, dass sich schräg neben seinem Zimmer ein Balkon befand. Und auf diesem Balkon stand jemand in der kalten Oktobernacht. Die mittlere der drei Scheiben vor ihm war die Balkontür. Er tastete schon nach dem Messinggriff, dann fiel ihm ein, dass er nackt war. Also ließ er den Griff wieder los und spähte weiter aus dem Fenster.
Die Frau, die im Mondlicht auf dem Balkon stand, hatte ihren schlanken Körper in eine Bettdecke gehüllt. Ihr langes, lockiges rotes Haar glänzte wie Kupfer.
Lucie!
Hatte Cara Bedell ihn absichtlich im Zimmer neben ihr einquartiert? Oder war Lucie es
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