Dying for You - Gefangen Im Albtraum
beträchtliche Unterschiede. Delgado stammt aus kleinen Verhältnissen, er ist ein Mann aus dem Volk. Nun, wo er zu Geld gekommen ist, engagiert er sich für verschiedene Wohltätigkeitsprojekte. Bei den letzten Präsidentschaftswahlen unterstützte er den Kandidaten Naldo Salazar, einen Reformer. Seit der verlorenen Wahl zeigt er sich allerdings nicht mehr häufig in der Öffentlichkeit. Es kursieren Gerüchte, dass man ihm nach dem Leben trachtet. Castillo dagegen stammt aus der Welt der Reichen und Privilegierten. Er ist ein Playboy, der seine Zigarren gerne mal mit Hundertdollarscheinen anzündet, wie es heißt. Er unterstützte bei den letzten Wahlen Präsident Ortega, mit dem er auch privat befreundet ist. Ortega steht für den Status quo.“
„Wenn es Ihnen nur darum geht, den besten Deal für Bedell, Inc. auszuhandeln, stehen die Chancen für beide Firmen also gleich.“ Lucie fragte sich, ob Cara klar war, dass sie in ihrer Einschätzung kein Blatt vor den Mund nehmen würde. „Aber wenn Ihr Ziel darin besteht, den besten Deal für Bedell, Inc. auszuhandeln und gleichzeitig das amecanische Volk zu unterstützen, bleibt Ihnen wohl nur eine Wahl. Hat nicht Senor Delgado vorgeschlagen, dass seine und Ihre Firma zwischen einem Sechstel und einem Viertel des Geschäftsertrags in Hilfsprogramme für die bedürftige Bevölkerung investieren sollten?“
„Ja, das wäre Teil unseres Abkommens. Ich muss wirklich der Versuchung widerstehen, die Verträge mit Senor Delgado sofort zu unterschreiben. Andererseits bin ich es unseren Teilhabern und dem Firmenvorstand schuldig, mit Senor Castillo zumindest Gespräche zu führen, um zu sehen, ob er nicht vielleicht auch einen interessanten Vorschlag anzubieten hat – und zwar bezüglich einer Perspektive, seine Landsleute zu unterstützen.“
„Sie wollten ihn ursprünglich gar nicht treffen?“ Diesen Eindruck machte es jedenfalls auf Lucie.
„Nun, der Vorschlag stammt von Gray. Er sagte, es wäre für Vorstand und Teilhaber zufriedenstellender, wenn ich auch mit Castillo zu Gesprächen zusammenkäme. Denn dem Vorstand ist es eher unrecht, dass ich einen so großen Prozentsatz unseres Gewinns abgeben möchte.“
„Das kann ich mir vorstellen.“
Cara sah Lucie fragend an.
„Für manche Leute gibt es eben kein Genug. Sie können nie zu reich oder nie zu dünn sein.“ Lucie kicherte. „Na gut, zumindest nie zu reich.“
„Ich weiß, dass es so rüberkommt, als wären die Vorstandsmitglieder von Bedell, Inc. ein Haufen gieriger, herzloser Millionäre, aber das sind sie nicht. Das heißt, die meisten jedenfalls nicht. Aber kraft meines Amtes als Präsidentin von Bedell, Inc. bin ich nun mal dem Vorstand und den Firmenteilhabern verpflichtet, auch wenn ich Hauptanteilseignerin bin.“
Lucie lachte. „Das arme kleine reiche Mädchen.“ Oh-oh. Mit ihrer großen Klappe schaffte sie es doch immer wieder, sich in Schwierigkeiten zu bringen. „Entschuldigung! Ist mir so rausgerutscht.“
Cara lächelte. „Sie brauchen sich nicht zu entschuldigen. Ich schätze Ehrlichkeit. Und abgesehen davon haben Sie recht – ich bin nämlich ein armes kleines reiches Mädchen. Sie haben keine Ahnung, wie gut das mich beschreibt.“
Josue Soto betrat die Kirche kurz vor Sonnenuntergang. Außer ihm waren drei weitere Personen anwesend: ein alter Mann, der gerade eine Kerze entzündete, und ein junges Paar, das kniend ins Gebet versunken war. Josue schlüpfte in eine der hinteren Bänke, schloss die Augen und tat so, als würde er beten. Zehn Minuten später war das junge Paar verschwunden und nur noch der alte Mann da. Er hatte sich in die erste Reihe gesetzt und den weißen Schopf geneigt, während er ein Gebet vor sich hinmurmelte. In diesem Augenblick nahm Arturo neben Josue Platz.
„Heute ist sie angekommen“, flüsterte Josue ihm beinahe lautlos zu. „Sie wohnt bei Felipe Delgado. Du weißt, sein Anwesen ist nahezu uneinnehmbar. Außerdem hat sie zwei eigene Personenschützer dabei, einen Mann und eine Frau.“
„Ich muss wissen, wann sie das Anwesen verlässt, wann sie unterwegs und wann sie in der Stadt sein wird.“
Josue nickte. „Ich arbeite gerade daran, uns ihren Terminplan zu besorgen. Aber solche Informationen sind alles andere als billig.“
„Lass uns nicht über Geld reden. Bezahl einfach, was nötig ist.“
„Natürlich, geht klar.“
„Und sie bleibt zwei Wochen in Ameca, ja? Daran hat sich nichts geändert?“
„Soweit ich weiß, nicht.
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