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Dying to Live - Die Traurigkeit der Zombies (German Edition)

Dying to Live - Die Traurigkeit der Zombies (German Edition)

Titel: Dying to Live - Die Traurigkeit der Zombies (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Paffenroth
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Uhr vor einer Hinrichtung.
    »Blue Eye«, sagte er, »dieses Tor muss jetzt wieder verschlossen und gesichert werden. Wenn du und Truman es nicht tun, werde ich diese beiden hier töten und es selbst machen. Aber wenn ihr es für mich tut, verspreche ich, dass ich sie nicht töten werde.«
    Sie wandte sich zu Will, und ihre Blicke trafen sich.
    »Bitte vertrau mir«, sagte er und klang dabei, als sei er besorgter um uns als um sich selbst.
    Als ich Lucy ansah, glaubte ich, sie vorsichtig nicken zu sehen. Ich nahm sie bei der Hand und zog sie zum Tor hinüber – ich war ohnehin zu ungeschickt, um das Schloss selbst zu schließen. Lucy half mir dabei, die Kette durch den Zaun zu fädeln und schloss dann ab.
    Als die Menge uns erreichte, ließ ich zu, dass sie mich mit sich trug und gegen den Zaun presste. In dem Gewühl verlor ich Lucy.
    »Denkt daran«, hörte ich Will, »ihr müsst mir vertrauen. Ich werde so vorsichtig sein, wie ich kann, aber es wird nicht besonders sanft werden.« Er warf das Mädchen so weit von sich, wie er konnte, sodass sie mehrere Meter weit flog, bevor sie auf dem Rücken landete. Sie rollte sich sofort wieder herum und begann, sich aufzurappeln. Will richtete seine Pistole auf sie. Meine Augen weiteten sich und ich stieß ein Heulen aus, das jedoch nichts im Vergleich zu dem Schrei der Wut und Verzweiflung war, den Lucy, die sich von Will verraten fühlte, von irgendwo aus dem Herzen der Meute vernehmen ließ. Aus den Kehlen der anderen dröhnte weiterhin ihr übliches bedeutungs- und gefühlloses Stöhnen.
    Als die Pistole knallte – lauter, als ich es mir je hätte vorstellen können –, wurde Wills Arm ein Stück nach oben gerissen. Etwas Dunkles, Klumpiges spritzte mit Wucht aus dem Knie des Mädchens über den rissigen Asphalt und das Gras. Sie brach mit einem Ächzen zusammen, stützte sich aber sofort wieder auf ihren Händen ab, richtete sich auf und schob sich langsam in Richtung Will, aber da ihr nun ein Bein fehlte, hatte sie nur wenig Bodenhaftung und konnte sich kaum bewegen.
    Will steckte seine Waffe wieder ins Halfter. Er packte den Jungen am Hals und einem Bein, hob ihn hoch, schleuderte ihn ein paarmal herum und warf ihn über den Zaun. Der Stacheldraht verfing sich in den Kleiderfetzen des Jungen, sodass er hängen blieb.
    »Truman«, sagte Will, noch immer vollkommen ruhig, »du musst ihn rüberziehen. Beeil dich. Ich muss sie auch noch rüberbringen.«
    Während Will zu dem Mädchen ging und sie aufhob, versuchte ich, mich durch die Menge zu der Stelle durchzuquetschen, an der der Junge mit dem Kopf und der rechten Seite über den Zaun hing. Die anderen streckten ihre Arme nach Will aus, folgten seinen Bewegungen und ignorierten den Jungen, obwohl der Stacheldraht ihm Schmerzen zu bereiten und ihn aufzureißen schien, während er versuchte freizukommen. Mir fiel etwas auf, das ich schon öfter an uns bemerkt hatte – an seinen Kratzern war kein Blut zu sehen. Scheinbar hatten wir keines mehr in uns.
    Endlich war ich nahe genug, um seinen rudernden Arm zu fassen zu kriegen. Ich zerrte mit meinem ganzen Gewicht daran, und der Junge stürzte mitten in die Menge.
    Dann warf Will das Mädchen über den Zaun. Sie war kleiner als der Junge und flog etwas weiter, bevor sich ihre Hose am Stacheldraht verfing. Ich musste nur ganz leicht an ihrem Arm ziehen, um sie auf unsere Seite zu bekommen.
    Will kam zu mir herüber und setzte sich unter einen Baum. Nun sah auch er aufgewühlt und erschöpft aus. »Truman, wir werden in Zukunft vorsichtiger sein müssen«, rief er mir zu. »Ihr zwei seid nicht die einzigen cleveren Zombies da drin. Und Blue Eye«, rief er lauter, »ich kann dich gerade nicht sehen, aber es tut mir leid, dass ich dir Angst gemacht habe. Ich will euch allen nicht wehtun. Wir legen ein Gelübde ab, das nicht zu tun, es sei denn, ihr würdet sonst einen von uns umbringen. Ich hoffe, du vertraust mir jetzt. Ich danke euch beiden für eure Hilfe.«
    Damit erhob er sich und verließ uns wieder. Die Menge löste sich auf.
    Ich fand die Schreibmaschine und die Bücher wieder – nichts schien allzu sehr gelitten zu haben. Lucy und ich kehrten zu unserem Sofa zurück und saßen nebeneinander, während sich die Nacht um uns legte. Ich blickte erneut in ihr Auge und war genauso gefangen davon wie stets zuvor, aber dieses Mal waren meine Gefühle noch tiefer und vielschichtiger, und ich verspürte ein gewisses Bedauern. Ich erkannte die grausame Wahrheit an, die Milton

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