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Dying to Live - Die Traurigkeit der Zombies (German Edition)

Dying to Live - Die Traurigkeit der Zombies (German Edition)

Titel: Dying to Live - Die Traurigkeit der Zombies (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Paffenroth
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die Bücher haben. Ich schätze, bei dir zu Hause hast du wirklich nur eine magere Auswahl. Mach dir keine Sorgen.«
    Ich war ziemlich überwältigt davon, dass Will – genau wie Lucy – viel eher zu teilen bereit war als ich. Ich schwor mir, in Zukunft ein besserer Mensch zu sein.
    Es wurde allmählich spät und wir mussten wieder aufbrechen. Auf dem Weg zur Tür bemerkte ich auf dem Schreibtisch des Bibliothekars eine alte Schreibmaschine. Auf allen anderen Tischen standen schwarze Computermonitore, die wohl für immer nutzlos bleiben würden. Ich konnte mir nicht erklären, weshalb auf diesem einen Tisch eine Schreibmaschine stand, aber ich bildete mir ein, mich daran zu erinnern, dass in Bibliotheken und anderen Büros oft Formulare verwendet worden waren, die sich teilweise leichter mit einer Schreibmaschine ausfüllen ließen als am Computer. Ich versuchte, sie hochzuheben. Sie war nicht allzu schwer.
    Will sah mich damit hantieren und kam mir zu Hilfe. »Warte, Truman. Hier ist bestimmt irgendwo ein Koffer dafür. Dann ist sie leichter zu tragen. Vielleicht gibt’s hier auch noch ein bisschen Ersatztinte und Farbbänder.«
    In den Schränken fanden wir tatsächlich den Koffer und anderes Zubehör. Will packte alles hinein. Wie jeder gewöhnliche Koffer oder Lucys Geigenkasten hatte auch dieser einen Tragegriff. Es war ganz leicht für Will, ihn hochzuheben und zu tragen.
    Als wir unser Zuhause erreichten, war es schon beinahe dunkel. Will reichte Lucy die Schreibmaschine und führte die anderen ans andere Ende des Geländes, während wir am Tor warteten. Lucy schien beunruhigt, so als fürchte sie, ich könne sie weniger mögen, weil ich Dinge aus meinem anderen Leben gesehen hatte. Ich blickte tief in ihr rechtes Auge und legte behutsam meine Hand auf ihre rechte Wange, und ich glaubte, sie verstand, dass sie sich damit irrte. Ich hoffte es sehr.
    Will ließ uns hinein und begann, die Kette wieder um die Metallstangen des Tors und den Zaun zu wickeln.
    Mit einem hohen Kreischen stürzten zwei kleine Gestalten hinter einem der Gebäude hervor. Sie waren etwa dreißig Zentimeter kleiner als Lucy, also keine kleinen Kinder mehr, sondern eher Jugendliche – ein Junge und ein Mädchen. Ich erinnerte mich, dass ich mich vor unserem letzten Ausflug mit Will an ihnen vorbeigedrängt hatte. Vielleicht waren sie ja aufgrund ihres Alters so viel schneller als der Rest der Leute auf dem Lagergelände. Offensichtlich hatten sie hinter dem Gebäude auf uns gewartet. Außerdem schienen sie gemeinschaftlich vorzugehen, so als hätten sie all das geplant. Sie knallten gegen das Tor, sodass Will das Gleichgewicht verlor und einen Schritt zurücktaumelte. Das Mädchen quetschte sich durch die Toröffnung, während die Kette mitsamt dem Schloss rasselnd zu Boden fiel.
    Nun bewegten sich auch die anderen langsam auf uns zu, sodass sich sowohl der Bereich zwischen dem Zaun und dem Gebäude daneben als auch der Bereich zwischen den anderen Gebäuden allmählich füllten. Ich ließ die Bücher fallen und wusste eine Sekunde lang nicht, was ich tun sollte. Beide Kinder waren nun auf der anderen Seite des Tores. Will packte das Mädchen mit seiner behandschuhten Hand an der Kehle und schlug den Jungen mit der Pistole zu Boden. Dann trat er ihm ins Gesicht und stellte sich auf seine Kehle, um ihn unten zu halten.
    Ich machte einen Schritt auf das Tor zu – ich musste es unbedingt sichern –, aber Lucy legte ihre Hand auf meine Schulter. Sie ließ die Schreibmaschine fallen und sah mich kopfschüttelnd an. Obwohl ihr Auge ebenso friedvoll und elegant wie immer wirkte, schockierte mich das Knurren, das über ihre Lippen kam und ihren morbiden Hunger ausdrückte – und möglicherweise auch ihre Grausamkeit.
    Will, der die beiden Kinder in Schach hielt, blickte zwischen mir, Lucy und der Meute hin und her, die sich dem Tor näherte.
    »Truman«, sagte er mit einer Stimme, die überraschend ruhig klang, »ich weiß, dass du Angst hast, aber du musst dieses Tor schließen, ganz egal, was passiert. Und du musst es jetzt tun!«
    Für eine Weile, die mir wie eine halbe Ewigkeit vorkam, blickte ich in Lucys Auge. Ich musste wissen, was sie dachte. Versuchte sie, mich oder die Kinder davor zu bewahren, dass man uns wehtat? Oder hatte der Hunger sie dazu getrieben?
    Selbst über das lauter werdende Stöhnen der Menge hinweg hörte ich, wie Will den Hahn seiner Waffe spannte. Das Geräusch hatte dieselbe mechanische Endgültigkeit wie eine

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