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Dying to Live - Die Traurigkeit der Zombies (German Edition)

Dying to Live - Die Traurigkeit der Zombies (German Edition)

Titel: Dying to Live - Die Traurigkeit der Zombies (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Paffenroth
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ziemlich gut. Ich nahm ihre Hand und legte sie direkt über dem Foto wieder auf meine Brust, genau dort, wo mein Herz schlug, ganz ruhig, aber übervoll. Ich blickte ihr fest ins Auge. Ich wusste nicht, ob ich den Kopf schütteln sollte, damit sie nicht mehr dachte, ich wolle sie nicht mehr, oder ob ich lieber nicken sollte, um ihr zu zeigen, dass ich sie wollte, und deshalb gab ich nur das leise Keuchen von mir, mit dem wir für gewöhnlich schöne, freundliche, positive Dinge ausdrückten.
    »Natürlich mag er dich noch, Blue Eye«, bot Will von der anderen Seite des Schreibtisches seine Hilfe an. Er hatte das Winterfoto in der Hand und schaute zwischen ihm und uns hin und her. »Es ist hart, sich an Menschen zu erinnern, die man einmal geliebt hat und die jetzt fort sind. Das ist etwas, das die Menschen, mit denen man zusammenlebt, oft nicht verstehen können, aber das bedeutet nicht, dass man sie nicht mehr mag. Ich weiß das. Das ist einfach etwas, das jeder selbst fühlen muss. Erinnerst du dich jetzt an sie, Truman? Erinnerst du dich daran, wie diese beiden Fotos gemacht wurden?«
    Ich konnte nur den Kopf schütteln.
    Er stellte das Bild wieder hin. »Nun, ich schätze, das ist genauso hart. Ich habe mich oft gefragt, wie es wohl wäre, wenn ich die Vergangenheit einfach vergessen könnte. Lauter neue Leute treffen. Ganz allein mit mir zu sein, ohne irgendetwas, das mich an die Vergangenheit erinnert. Aber das geht natürlich nicht. Und es war hart, an all die schlimmen Dinge zu denken, die ich gesehen habe – an meine Mom und all die anderen Menschen, die getötet wurden und all das. Vielleicht ist es für dich einfach anders, aber genauso hart. Es tut mir leid, wenn es dich traurig gemacht hat, sie zu sehen, aber vielleicht ist es ja ganz schön, jetzt ein Foto von ihnen zu haben. So hast du zumindest eine kleine Verbindung zu ihnen.« Er streckte seinen Arm aus und tätschelte tatsächlich Lucys Schulter, was ich unglaublich freundlich von ihm fand. »Und du mach dir keine Sorgen. Er gehört jetzt dir.« Er sah wieder zu mir und lächelte. Jetzt war er wieder der alberne Will. » Wenn du den feinen Herrn Professor Schlaumeier jetzt überhaupt noch willst, mit all seinen tollen Büchern und Diplomen. Der wird jetzt sicher nicht mehr mit uns ›gewöhnlichen‹ Leuten abhängen wollen. Wie nennt man die noch gleich? Ach ja, ›Vornehmtuer‹. So einer ist er von heute an auch.« Er machte ein paar komische Gesten, während er das sagte. Lucy sah zwischen uns beiden hin und her und ließ ihr gequältes kleines Lachen vernehmen, und ich fühlte mich ein winziges bisschen besser.
    Die Bücher in den Regalen hatten fast alle mit Philosophie zu tun, und viele trugen das Wort »Ethik« im Titel. Keines von ihnen kam mir wirklich bekannt vor, aber sie alle erfüllten mich mit derselben Aufregung, Begeisterung und Spannung wie der Besuch in der Bibliothek. Ich war gerade dabei, ein paar herauszuziehen, um sie mitzunehmen, als ich Will kichern hörte. »Also, wenn wir dachten, er sei vorher schon schlimm gewesen, Blue Eye, dann wird er jetzt absolut unerträglich sein.« Er hielt ein schmales Buch hoch, auf dessen Einband mein Name stand. »Jetzt ist er auch noch Autor.«
    Ich nahm Will das Buch aus der Hand. Es trug den Titel Tugendethik und der Gesellschaftsvertrag . Er gefiel mir besser als der Leitspruch, den ich in der College-Broschüre gelesen hatte, auch wenn ich ihn ein wenig abschreckend und sperrig fand. Zumindest hatte ich eine leise Ahnung davon, was die Begriffe bedeuteten. Ich las die Rückseite. Offensichtlich legte ich in dem Buch die spezifischen Auswirkungen dar, die die Tugendethik auf die Sozialethik hatte, da sie für die moderne Gesellschaft nicht nur eine bessere Grundlage bildete als das Modell des Gesellschaftsvertrages, sondern darüber hinaus eine Brücke zwischen dem Neo-Aristotelianismus und einigen deontologischen Ansätzen bilden konnte. Einem Professor aus Oxford gefiel das Buch, zumindest wurde er auf dem Buchrücken entsprechend zitiert. Ich hielt inne und fragte mich, ob es England oder andere Länder und Orte wohl noch gab, aber dann widmete ich mich wieder ganz der Frage, was um alles in der Welt ich da geschrieben hatte. Ich kam zu dem Schluss, dass ich einiges an Lektüre würde durcharbeiten müssen, wenn ich verstehen wollte, was ich früher einmal gedacht hatte.
    »Ziemlich schwerer Stoff, Truman«, sagte Will und legte mein Buch zusammen mit einigen anderen in einen kleinen

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