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Dying to Live - Die Traurigkeit der Zombies (German Edition)

Dying to Live - Die Traurigkeit der Zombies (German Edition)

Titel: Dying to Live - Die Traurigkeit der Zombies (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Paffenroth
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sie überhaupt nicht in der Lage gewesen, zu gehen. »Dir haben sie viel schlimmer wehgetan.«
    Sie zuckte die Achseln. »Aber nicht zu schlimm.«
    »Ich glaube, er wollte mir nicht zu heftig ins Gesicht schlagen, bevor er … du weißt schon. Bevor er getan hätte, was er tun wollte.« Ich konnte das Wort »vergewaltigen« benutzen, wenn ich es im Stillen dachte, aber ich war noch nicht so weit, es laut auszusprechen, vor allem nicht vor Vera.
    Fran sah mich wieder an. »Gut möglich, dass er das gedacht hat, ja. Manchmal ist es unmöglich, nachzuvollziehen, was solche Menschen denken – oder ob sie überhaupt nachdenken. Ich habe immer gehofft, wir hätten all das hinter uns. Ihr Kinder seht ohnehin schon so viel Gewalt und Tod. Diese ganze Scheiße sollte eigentlich längst vorbei sein und der Vergangenheit angehören. Ihr solltet neben allem anderen nicht auch noch damit leben müssen.«
    »Wir hatten Glück, dass Will rechtzeitig aufgetaucht ist«, sagte ich. Denn das war es, worüber wir wirklich nachdachten – nicht, was alles passiert war, sondern, was alles hätte passieren können.
    »Allerdings.« Fran konnte noch kürzer angebunden sein als mein Dad.
    »Und was, wenn er nicht aufgetaucht wäre?«
    Wir gingen ein paar Schritte ohne Antwort weiter. »Ich erinnere mich noch an das erste Mal, als ich dich gesehen habe, Zoey. Ich und Jack und Jonah – wir waren rechtzeitig da, um dich zu retten. Später sind wir dann nicht rechtzeitig gekommen, um deinen Dad zu retten. Ich weiß nicht, warum. Ich weiß noch, dass meine Mom mir, als ich noch klein war, immer gesagt hat, dass alles aus einem bestimmten Grund geschieht. Und ich versuche noch immer, daran zu glauben. Aber ich habe keine Ahnung, was für ein Grund das sein könnte, wenn ich daran denke, was beispielsweise mit deinem Dad passiert ist – oder was uns heute beinahe passiert wäre.«
    »Ich schätze, alles, was man tun kann, ist, dankbar zu sein, wenn irgendjemand rechtzeitig auftaucht.«
    »Ja, wahrscheinlich. Will war schon immer ein mutiger Junge. Es hilft, wenn die Menschen wissen, was Leiden bedeutet – ich schätze, das macht uns mitfühlender. Diese Scheißkerle von eben hatten keine Ahnung, was Leiden bedeutet. Oder vielleicht wussten sie es doch, aber es hat sie nur gemeiner gemacht und dazu geführt, dass sie anderen wehtun wollten. Ich weiß es nicht. Und es ist mir auch scheißegal. Manche Leute sind es einfach nicht wert. Ich hätte sie noch viel mehr leiden lassen und ihnen nicht nur eine Kugel in den Kopf gejagt, wenn ich gekonnt hätte.«
    Wir gingen weiter. Das klang mir nach einer äußerst pragmatischen Lösung: sich einfach keine Gedanken mehr zu machen und die Dinge so zu akzeptieren, wie sie passiert waren – oder sich sogar am Leiden der Übeltäter zu erfreuen. Ich war mir allerdings ziemlich sicher, dass ich niemals jene stoische Gelassenheit entwickeln würde, die die erste Lösung für mich möglich gemacht hätte, und darüber hinaus besaß ich einfach nicht das nötige emotionale Rüstzeug für die zweite Alternative. Unsere Welt war für eine dieser beiden Reaktionen zu sehr von Verwunderung und Schrecken geprägt. Diese beiden Kräfte – Verwunderung und Schrecken – wirkten in scheinbar entgegengesetzten Richtungen auf uns ein und ließen jede andere Reaktion äußerst schwierig oder unaufrichtig erscheinen.
    Wir erreichten die nächstgelegene Farm, wo die Bewohner unsere Wunden reinigten und uns mit Wasser und etwas zu essen versorgten. Einer der Erwachsenen fuhr mit einem Fahrrad in die Stadt, um den Leuten dort mitzuteilen, was geschehen war, damit sie Arbeiter losschickten, die den Zaun reparierten und sich nach Eindringlingen umsahen, nach lebenden wie nach toten. Bei Sonnenuntergang hörte ich mehrere Fahrzeuge vor der Hütte vorfahren. Ich ging nach draußen, wo Mom und Dad mich in die Arme schlossen, und auch Vera wurde von ihren Eltern umarmt. Mom weinte ein bisschen und schimpfte über mein neues blaues Auge – das alte, das Miss Dresden mir verpasst hatte, war kaum noch zu erkennen –, aber als sie sahen, dass es mir gut ging, beruhigten sie sich.
    Dann beratschlagten mein Dad und die anderen Erwachsenen, was zu tun sei. Fran beschrieb die Männer und ihr Fahrzeug, konnte jedoch keinerlei Angaben machen, woher sie gekommen waren oder ob es vielleicht noch mehr von ihnen gab. Sie erzählte, dass die Männer anscheinend Angst gehabt hatten, es könnten noch mehr von uns auftauchen und dass sie deswegen

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