Dynamit im Kofferraum
Tim
entgegen.
„Danke! Du hast mir schon
wieder geholfen“, sagte sie leise. „Dieser sture Mensch begreift nichts.“
Sie zitterte, und das Gesicht
war noch bleicher geworden.
„Sie brauchen sich nicht
aufzuregen“, sagte Tim.
„Leider doch!“ Sie seufzte.
„Ich erkläre es dir später. Aber ich habe kein Preisschild ausgetauscht.
Wirklich nicht.“
Priske legte auf und fand
gleich zu seiner Sturheit zurück. „Zunächst muß ich Ihre Personalien
feststellen. Wie heißen Sie?“
Die Frau zögerte. Dann
lockerten sich die zusammengepreßten Lippen.
„Petra Fronsippe.“
Priske notierte auf einem
Block.
„Adresse?“
„Schneitröder Allee 100.“
Priske notierte nicht, starrte
nur auf den Block.
„Ist das in Zehrenburg?“
So hieß ein nobles Stadtviertel
im Südwesten der Großstadt.
„Allerdings.“
„Schneitröder Allee 100 —
sagten Sie?“
Die Frau nickte.
Was hat er denn? dachte Tim.
Gefällt ihm die Adresse nicht? Oder gibt’s die vielleicht gar nicht? Endet die
Allee bei Nummer 90?
„Wohnen Sie dort?“ Priske
blickte auf, und seine tiefliegenden Augen waren so ausdruckslos wie
Pflastersteine. „Ich frage, weil das doch eine sehr teure Gegend ist.“
„Ich wohne dort. Ich bin
Hausdame bei Baron Albrecht von Finkweiler. Vielleicht begreifen Sie nun, daß
ich solche Gaunereien nicht nötig habe.“
„Wer weiß? Es gibt vermögende
Leute, die betreiben Betrug als Sport.“
„Ich bin nicht vermögend. Aber
ich stehe in einer Position, die Vertrauen voraussetzt.“
„Weshalb kleben Sie dann die
Preisschilder um?“ Langsam verzog sich sein Gesicht zu einem Grinsen. „Tut mir
leid, ich werde Anzeige erstatten müssen. Bei der Polizei. Wir zeigen alle
Ladendiebe an. Das gilt auch für Betrüger. Verbunden ist das außerdem mit
Hausverbot.“
Wenn der so weitermacht, dachte
Tim, kriegt er eine.
*
Eine andere Etage.
Dort in der Klokabine stand
Mivan, der König der Taschendiebe.
Er trug teuren Zwirn; das
Gesicht war von dunklem südländischen Teint, Kraushaar wuchs bis tief in die
Stirn.
Man konnte ihm alles zutrauen,
diesem Gesicht, nur keine Ehrlichkeit.
Er lächelte. In der Hand hielt
er Brancos Brieftasche. 4000 DM waren drin. Mindestens. Die richtige Beute mit
einem einzigen Diebstahl.
Dieser Tölpel! Seit zwei
Stunden hatte Mivan ihn beobachtet, hatte ihn die Arbeit machen lassen — das
Grobe.
Der Junge ist nicht unbegabt,
dachte Mivan, er hat unspürbare Flinkfinger und schätzt die Leute richtig ein.
Aber er muß noch viel lernen. Er deckt nach hinten nicht ab. Wer hinter ihm
steht, kann sehen, was er tut. Und er benutzt keinen Tresor.
Mivans Tresor war um die linke
Wade geschnallt, eine Spezialtasche für die Beute.
Schauplatzwechsel? Mivan
überlegte.
Er hatte phantastisch abgesahnt
in den letzten Tagen. Dicke Kohle, fast ein Jahresverdienst. Jetzt konnte er
sich Ehrlichkeit leisten. Manchmal tat er das, denn es war nett, sich bedienen
zu lassen, aufzutreten als richtiger Kunde, der angelächelt wird und geschätzt
— auch wenn er ein ekliger Blödmann ist — , denn schließlich bringt er ja Geld.
Mivan dachte an Zenta, sein ihm
angetrautes Weib. Sie wünschte sich eine neue Armbanduhr. Keine Wertanlage,
sondern eine modische, passend zu ausgeflippten Klamotten.
Also gut! Zenta sollte sie
haben, sogar mit Garantieschein.
Mivan verließ die Toilette und
sockte zur Uhren-Abteilung.
Dort herrschte Andrang. Es gab
auch Modeschmuck, und eine Herde Teenies wirbelte umher.
Einmal fühlte Mivan sich
eingekeilt von allen Seiten. Tuchfühlung. Er wurde gerempelt. Gelegenheit zum
Stehlen. Aber diesmal verzichtete er. Und die Leute hinter ihm schoben. Er
landete beim Stand mit den Uhren.
Die Verkäuferin legte ihm
etliche vor.
Es juckte ihn in den Fingern.
Doch er blieb ehrlich und ließ sich die Uhr, die er ausgewählt hatte, einpacken
als Geschenk.
3. Brancos Rache
Priske, der Hausdetektiv, hatte
die Ellbogen aufgestützt. Mit einem Bleistift klopfte er gegen seine gelben
Zähne. Dabei sah er Petra Fronsippe nachdenklich an.
Will der geschmiert werden?
überlegte Tim. Erwartet der, daß sie ihm Geld zusteckt? Damit er sie laufen
läßt.
Petra hatte wieder und wieder
ihre Unschuld beteuert. Dann erklärte sie, wenn es zur Anzeige käme, werde sie
sofort ihren Anwalt anrufen.
Aber Priske saß ganz oben auf
dem Thron seiner Macht. Und er genoß das. Offenbar machte es ihm Spaß, der Frau
zuzusetzen.
„Ich muß mich an
Weitere Kostenlose Bücher