Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dystopia

Dystopia

Titel: Dystopia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Lee
Vom Netzwerk:
durch die verrosteten Stäbe des Gitterwerks drang, war nur ein gleichförmiges Rauschen zu vernehmen, aber irgendwo ganz in der Nähe verursachte er ein anderes Geräusch. Eine Art Prasseln auf einer soliden Oberfläche.
    Die Treppe.
    Ganz wie in dem Bürohochhaus in Washington hatten die robusten Stufen des Treppenaufgangs in diesem Gebäude die Jahrzehnte des Verfalls unbeschadet überstanden. Früher am Tag waren sie die gesamten dreißig Stockwerke auf der Treppe emporgestiegen.
    Travis stand auf. «Also, gehen wir.»
    Sie machten sich auf den Weg, wobei sie einige Male stehen blieben, um zu horchen, aus welcher Richtung genau das prasselnde Geräusch kam. Da es so finster war, bewegten sie sich nur langsam vorwärts, setzten vorsichtig einen Fuß vor den anderen, auch aus Sorge um die Tragfähigkeit des Gitters. Ehe sie zur Treppe kamen, könnte ihnen noch anderes begegnen. Der Aufzugsschacht zum Beispiel.
    Travis schwenkte in halber Höhe einen Arm vor sich herum. Kurz darauf traf er auf einen Widerstand. Eine aufrecht stehende Strebe. Er tastete sich weiter und fand das obere Ende des noch stabilen Treppengeländers.
    Eine halbe Minute später befanden sie sich bereits zwei Etagen tiefer. Travis verließ den Treppenabsatz und schob sich vorsichtig ein paar Meter weiter zu der Stelle vor, an der er die Repetierflinte zurückgelassen hatte. Dank der Metallplatte, unter der er sie angelehnt hatte, war sie trocken geblieben. Er kehrte mit der Flinte zur Treppe zurück.
    «Ich hätte gern den Rucksack», sagte er.
    Er hörte ein Rascheln, und dann drückte Bethany ihm in der Finsternis den Rucksack in die Hände, in dem sich jetzt nur noch die Flintenpatronen befanden. Bethany hielt nach wie vor die SIG in der Hand, und Paige trug den Zylinder.
    «Was hast du vor?», fragte Paige.
    «Ich gehe wieder nach oben», sagte Travis. «Während ihr schön weiter nach unten geht.»
    «So ein Unsinn. Entweder kommst du mit uns mit, oder wir kehren alle zusammen nach oben zurück.»
    «Finn und seine Leute haben noch den anderen Zylinder», sagte Travis, «und er ist ihr einziger Ausweg aus dem Gebäude. Die Ausgänge im Erdgeschoss sind vermutlich eine halbe Sekunde nach der Ohrfeige, die du Garner verpasst hast, zugeschnappt wie eine Bärenfalle. Sogar die oberen Treppenhäuser könnten inzwischen durch Sicherheitspersonal abgeriegelt worden sein. Zumindest muss Finn davon ausgehen. Er kann das Gebäude also nur noch durch die Iris verlassen, vom obersten Stock aus. Das ist das eine, und das andere ist, dass er uns nach wie vor schnappen oder eliminieren will. Welche Strategie ist für ihn also am sinnvollsten?»
    Paige dachte kurz nach, ehe sie antwortete. «Er wird uns ein paar Minuten Vorsprung lassen und erst dann durch die Iris steigen. Um zu vermeiden, dass wir noch in der Nähe sind und auf ihn und seine Leute schießen, während sie durch dieses Nadelöhr kommen.»
    «Genau», sagte Travis. «Wenn sie diesen neuralgischen Punkt erst mal überwunden haben, sind sie uns gegenüber klar im Vorteil. Du hast die Nachtsichtgeräte gesehen, die sie umgehängt hatten. Sie können also in der Finsternis sehen, im Gegensatz zu uns. Falls sie in den nächsten Minuten durch die Iris kommen, während wir uns die Treppe hinuntertasten, werden sie uns mühelos einholen, ehe wir im Erdgeschoss ankommen. Und sie wissen, dass wir unseren Zylinder nicht dazu benutzen können, um auf einer Etage weiter unten wieder zurückzusteigen – nicht, solange das Gebäude komplett abgeriegelt ist. Wir würden sofort festgenommen werden und uns umgehend in der Gewalt von Präsident Currey befinden. So oder so bedeutet das für uns den sicheren Tod. Wir haben nur eine Chance: Wir müssen uns so lange hier zwischen den Ruinen aufhalten, bis wir dieses Gebäude weit hinter uns gelassen haben. Aber das geht nur, wenn einer hier oben bleibt und den Rückzug sichert. Und so leid’s mir tut, wieder mal den Chauvi raushängen zu lassen, das übernehme ich, und damit basta.»
    Er zog sich den Rucksack über die Schultern. Das Gewicht der Patronen darin hatte etwas Beruhigendes.
    «Aber sehen wir’s mal positiv», sagte er. «Das ist auch eine Gelegenheit, der Sache hier und jetzt ein Ende zu setzen.»
    «Dann sollten wir alle drei bleiben», sagte Bethany.
    «Nein», beharrte Travis. «Wir dürfen den Zylinder nicht aufs Spiel setzen. Was Currey am Telefon gesagt hat, stimmt. Niemand würde diese Geschichte glauben, wenn er nicht selbst einen Blick

Weitere Kostenlose Bücher