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Dystopia

Dystopia

Titel: Dystopia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Lee
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mit der Zeit in dem Tunnel stauen wie das Wasser einer Talsperre hinter einer Staumauer? Ihn komplett verstopfen, irgendwann?
    Paiges Miene verriet ihm, dass sie sich seit Tagen mit denselben Fragen herumplagte und ebenfalls keine Antworten darauf hatte.
    «Zu irgendeinem Zeitpunkt», sagte Travis, «vermutlich vor dem Zusammenbruch der Welt in ein paar Monaten, benutzt also jemand den Verdoppler dazu, die unteren drei Etagen des Komplexes mit dieser Masse aufzufüllen?»
    Paige nickte. «Das würde ziemlich schnell gehen, wenn man erst mal eine ausreichende Menge zum Verdoppeln hätte. Der Verdoppler könnte dann alle paar Sekunden eine Masse von etwa dreißig Kubikzentimetern erzeugen.»
    «Aber warum sollte irgendjemand das tun wollen?», fragte Travis.
    Paige antwortete erst nach kurzem Schweigen. «Weil es unter bestimmten schlimmen Umständen sinnvoll erscheinen würde. Und das ist genau der Grund, warum ich mir diesen Plan habe einfallen lassen.»
    Travis sah zu Bethany hinüber. Offenbar vermochte sie Paige ebenso wenig zu folgen wie er. Dann begriff er.
    «Der Plan B», sagte er.
    Paige nickte erneut. «Die Füllmasse aus Schweren Lappen geht auf eine Idee von mir zurück. Vor einem halben Jahr bin ich darauf gekommen. Weil ich seit der Auseinandersetzung mit Pilgrim damals eigentlich pausenlos nur über mögliche Bedrohungsszenarien nachdenke. Ich habe mir einfach eine Situation vorgestellt, in der jemand mit bösen Absichten im Begriff wäre, die Kontrolle über Border Town an sich zu reißen und wir uns dagegen mit unseren Verteidigungssystemen nur wenige Stunden lang zur Wehr setzen könnten. Ich habe mir überlegt, wie wir diese Stunden am besten nutzen könnten. Wie könnten wir die gefährlichsten Entitäten und das Portal selbst am besten sichern?» Sie zuckte die Achseln. «Etwas Besseres als Plan B ist mir nicht eingefallen. Nämlich, alles nach unten in den untersten Stock zu schaffen, B51, und danach die drei untersten Stockwerke mit der Füllmasse zu versiegeln, die kein Mensch jemals würde durchdringen können. Man könnte sich einen Monat lang mit einem schweren Löffelbagger abmühen, ohne auch nur einen Kratzer zu hinterlassen. Selbst die Zündung einer Wasserstoffbombe da unten hätte nur die Wirkung, die Masse noch etwas fester zu komprimieren. Die Dichte dieses Stoffs ist einfach unvorstellbar. Sie lässt sich zwar auf Papier berechnen, aber geistig trotzdem nicht bis ins Letzte nachvollziehen. Na ja, jedenfalls habe ich diese Überlegungen in einer Stellungnahme festgehalten und auch mit einigen Leuten darüber gesprochen. Alle waren der Ansicht, dass das verflucht riskant wäre. Weil man unmöglich sicher sein könnte, ob es funktionieren würde wie beabsichtigt, und weil keinerlei Möglichkeit bestünde, es notfalls wieder rückgängig zu machen. Als generelle Maßnahme, sich des Portals für alle Zeit zu entledigen, traf es eher auf Ablehnung. Auch bei mir. Aber alle, mit denen ich gesprochen habe, waren dafür, den Plan in die Tat umzusetzen, wenn sich eines Tages einmal eine wirklich verzweifelte, aussichtslose Lage ergeben sollte.» Sie schwieg kurz und fügte dann leise hinzu: «Wobei der bevorstehende Weltuntergang wohl Grund genug wäre.»
    Hinter ihnen war das Düsengeheul eines weiteren Flugzeugs im Landeanflug zu vernehmen. Es steigerte sich zu einem Brüllen, und da glitt auch schon eine 747 erdrückend riesig über sie hinweg, so dicht, dass die Sonnenschirme über den Tischen leise in den Abgasen flatterten.
    «Trotzdem, das ist doch eine bahnbrechende Erkenntnis», sagte Travis. «Dass es tatsächlich funktioniert, meine ich. Dass man das Portal versiegeln kann und diese Versiegelung jahrzehntelang hält, mindestens. Falls wir herausfinden, was mit der Welt in einigen Monaten geschieht … und auch, wie sich das verhindern lässt …, hättet ihr anschließend die freie Wahl, das Portal offen zu lassen oder zu versiegeln, um es für alle Zeit los zu sein. Eine Möglichkeit, über die man durchaus nachdenken sollte.»
    Paige nickte bedächtig, den Blick wie in weite Ferne gerichtet. Selbstverständlich hatte sie darüber schon nachgedacht, und zwar eingehend vermutlich.
    «Es
würde
jahrzehntelang halten», sagte sie. «So viel zumindest steht jetzt fest. Für die weitere Zukunft aber lassen sich eben keine Voraussagen treffen. Mit ausreichend Beton, nehme ich an, könnte man wohl auch einen kleinen Schildvulkan zuschütten. Und auch das könnte jahrzehntelang halten.

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