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Dystopia

Dystopia

Titel: Dystopia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Lee
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Unter dem Beton aber würde sich mit der Zeit immer mehr und mehr Druck anstauen. Und was würde dann eines Tages passieren? Nichts Gutes, wobei wir bei Vulkanen zumindest etwas von den waltenden Gesetzmäßigkeiten verstehen. Was das Portal betrifft, verstehen wir dagegen so gut wie nichts.» Ein Schaudern durchlief ihre Schultern. «Nein, falls es uns gelingt, die Welt noch einmal vor dem Untergang zu bewahren, habe ich nicht die Absicht, das Portal zu versiegeln. Auch nicht, nachdem wir gesehen haben, dass es funktioniert –
besonders
, nachdem wir das gesehen haben. Es erscheint mir einfach zu gefährlich.»
    Nachdem sie noch einige Sekunden in die Ferne gestarrt hatte, blickte sie schließlich auf ihre Hände vor sich auf dem Tisch und zuckte die Achseln. «Nun wisst ihr also, was wir unten im Aufzugschacht vorgefunden haben. Danach sind wir nach oben geklettert und haben festgestellt, dass der Komplex auch dort versiegelt war, wenn auch nicht ganz so drastisch. Die Öffnung ist an der Oberfläche bloß mit einer Stahlplatte abgedeckt worden, über die dann eine dicke Schicht normaler Beton gegossen worden ist. Wer daran nichtsahnend vorbeikommt, könnte die Fläche für das Fundament eines Schuppens halten, der dort früher mal gestanden hat. Das haben wir am nächsten Tag gesehen, als wir mit den Zylindern nach oben ins Freie gegangen sind. Und dort oben wurde die Sache dann langsam richtig interessant.»

21
    «Ihr beide habt vermutlich ziemlich schnell erraten, wie weit die Zukunft auf der anderen Seite von uns entfernt ist», sagte Paige. «Wahrscheinlich habt ihr es bis auf zehn Jahre genau schätzen können.»
    «Etwa siebzig Jahre, haben wir geschätzt», sagte Bethany.
    Paige nickte. «In einer Stadt wie Washington verändert sich natürlich sehr viel. Die Natur verschafft sich ziemlich rasch wieder Geltung, Bäume und dergleichen liefern einem Anhaltspunkte für eine Schätzung. Die Wüste über Border Town aber war immer schon unberührte Natur. Da die Zivilisation dort nie irgendwelche Spuren hinterlassen hatte, konnte sich dort nach dem Ende der Zivilisation auch nichts verändert haben. Als wir mit den Zylindern am Dienstag hinauf an die Oberfläche gegangen sind und einen von ihnen angeschaltet haben, hätte die Öffnung, durch die wir schauten, ebenso gut eine Scheibe aus Glas sein können. Abgesehen von der Betonfläche an der Stelle, wo sich das Aufzuggehäuse hätte befinden sollen, hatte sich in der Wüste nichts verändert. Nicht das Geringste. Wir hatten also weiter nicht die leiseste Ahnung, wie weit die Zukunft auf der anderen Seite entfernt war. Es hätten zwanzig Jahre sein können oder auch ein paar tausend.»
    Sie trank noch einen Schluck.
    «Tatsache ist, dass wir zu dem Zeitpunkt noch nicht einmal wussten, ob die Welt untergegangen war oder was sonst geschehen sein mochte. Dass Border Town aufgegeben worden war, hieß nichts Gutes, aber wer konnte daraus schon irgendwelche sicheren Schlüsse ziehen? Wir jedenfalls nicht. Und der Anblick der leeren Wüste half uns auch nicht weiter, Leere ist ja so gut wie immer ihr Normalzustand. Ich stieg also dort oben durch die Öffnung und habe als Erstes minutenlang zum Himmel hochgestarrt, in der Hoffnung, dort den Kondensstreifen eines Flugzeugs zu sehen. Tja, was wäre gewesen, wenn.»
    Eine faszinierende Vorstellung. Travis wunderte sich, dass er sie bisher noch gar nicht in Betracht gezogen hatte: Was, wenn sich auf der anderen Seite der Iris keine Zukunft postapokalyptischen Zuschnitts befunden hätte? Was, wenn Paige und die anderen eine Welt in voller Blüte vorgefunden hätten, Jahrzehnte nach der jetzigen Gegenwart? Was hätten sie von einer solchen Welt lernen können? Was hätten sie von dort alles mitgebracht?
    In Paiges Augen sah er einen Anflug des Optimismus, den sie vielleicht verspürt hatte, als sie am Dienstagmorgen nach oben in den Himmel über der Wüste schaute.
    Dann erlosch dieser Anflug.
    «Danach haben wir einige naheliegende Versuche durchgeführt», sagte sie. «Zunächst haben wir auf der anderen Seite einen mobilen GPS -Empfänger angeschaltet und versucht, damit Satellitensignale zu empfangen. Und wir haben auch einige empfangen. Aber die Positionsangaben waren völlig durcheinander. Die Satelliten kreisten zwar noch oben am Himmel, aber nicht mehr dort, wo sie hingehörten. Eine von uns vieren, Pilar Gutierrez, war vor ihrem Wechsel zu Tangent gut zwanzig Jahre lang im Jet Propulsion Laboratory der NASA

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