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Dystopia

Dystopia

Titel: Dystopia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Lee
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Information auf. «Audra Nash Finn. Interessanter Hintergrund. Zwei Doktortitel: einen in Luft- und Raumfahrttechnik, erworben am MIT , der andere erworben in Harvard, in Philosophie.»
    «Ich baue Raketen, also bin ich?», scherzte Travis.
    «Eine Zeitlang hat sie in der Richtung gar nichts gebaut. Nach der Promotion hat sie zunächst in Harvard eine Stelle als Philosophiedozentin angetreten, 1987. Hat diesen Posten auch einige Jahre lang bekleidet. Im Sommer hat sie sich immer als humanitäre Helferin im Ausland engagiert. Hat dabei offenbar Finn kennengelernt und ihn 1990 geheiratet. Die nächsten vier Jahre über hat sie ihre Lehrtätigkeit fortgesetzt, war aber auch oft mit Finn auf Reisen, um ihn bei seinen Bemühungen zu unterstützen. Dann Ruanda. Danach hat auch Audras humanitäres Engagement ein Ende. Im Jahr darauf dann, im Sommer 1995, geschah etwas Merkwürdiges. Sie hat mit Finn zusammen einen Meinungsartikel verfasst und anschließend dem
Harvard Independent
zur Veröffentlichung angeboten.»
    «Worum ging es in dem Artikel?», fragte Paige.
    «Das weiß niemand. Der Artikel wurde abgelehnt, und noch ehe sie ihn anderen Publikationen anbieten konnten, haben offenbar gewisse Leute ihren Einfluss geltend gemacht, um sie von einer Veröffentlichung abzubringen. Hauptsächlich Audras Vater, der zu jener Zeit Gouverneur von Massachusetts war. Vielleicht empfand er den Text als zu kontrovers und hatte die Befürchtung, er könnte im Wahlkampf gegen ihn eingesetzt werden. Was ich über diese Affäre weiß, stammt aus dem Konkurrenzblatt des
Independent
auf dem Campus, dem
Crimson
. Dessen Redakteure haben Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt, um ein Exemplar des Artikels in die Hände zu bekommen oder zumindest jemanden zu finden, der den Text gelesen hatte und zu einer Auskunft über den Inhalt bereit war, aber ohne Erfolg. Sie haben überall auf Granit gebissen.»
    «Was kann denn in dem Artikel so Schlimmes gestanden haben?», fragte Travis.
    «Alles, was der
Crimson
seinen Quellen entlocken konnte, war, dass es weit mehr war als ein bloßer Meinungsartikel. Eher eine Art Thesenpapier. Wenn man bedenkt, dass Audra und Finn erst im Vorjahr restlos desillusioniert aus Ruanda zurückgekehrt waren, lässt sich das Thema wohl ungefähr erahnen. Vielleicht nicht diese Krise im Speziellen, aber womöglich enthielt er ja grundsätzliche Überlegungen zur besseren Bewältigung von humanitären Krisen ganz allgemein. Irgendeine neuartige Idee dazu. Vielleicht etwas richtig Umwälzendes. Egal, was der Text genau beinhaltete, ihrem Vater jedenfalls hat er eine Höllenangst eingejagt. Und damit ist der Aufsatz anscheinend auf Nimmerwiedersehen verschwunden. Audra hat ihre Dozentenstelle in Harvard in jenem Herbst aufgegeben und stattdessen bei Longbow Aerospace angefangen, Satelliten zu konstruieren. Wollte wohl endlich mal ihre andere Qualifikation nutzen. Zwei Jahre später ist sie bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen.»
    Eine Minute lang fuhren sie schweigend dahin. Travis vermutete, dass ihnen allen derselbe Gedanke durch den Kopf ging.
    «Das Thesenpapier muss nicht unbedingt etwas mit dem zu tun haben, was gerade abläuft», sagte er. «Es könnte auch bloß ein interessantes Detail sein, das in keinerlei Zusammenhang mit irgendetwas steht. Sollte aber ein Zusammenhang bestehen, dann hat dieser Text den Anstoß zu dem Vorhaben geliefert, das Finn und seine Leute jetzt heimlich vorantreiben; mit anderen Worten, die Blaupause zu Umbra. Vielleicht war das 1995 nicht mehr als eine rein theoretische Überlegung, noch dazu in begrenztem Maßstab. Aber seither könnte die Sache ja ungleich größere Dimensionen angenommen haben.»
    Paige dachte kurz darüber nach. «Schwer nachvollziehbar, wie ein Denkanstoß zum Thema Flüchtlingshilfe am Ende zum Weltuntergang führen könnte.»
    «Was, wenn es eher um konkrete Hilfsmaßnahmen geht?», warf Bethany ein. «Wenn es irgendwie mit Nahrungsversorgung zu tun hat oder mit Ernteerträgen in anderen Teilen der Welt. Vielleicht geht es bei Umbra ja um Genmanipulation bei Pflanzen. Da könnte ein Fehlschlag theoretisch weltweit katastrophale Folgen haben.»
    «Aber mit Genetik kannten sie sich beide doch gar nicht aus», wandte Paige ein. «Und Genmanipulation bei Pflanzen ist heute schon längst an der Tagesordnung, ungeachtet der Risiken.»
    «Eins zumindest steht fest», sagte Travis. «Als ihr dem Präsidenten den Zylinder vorgeführt habt und er durch die Öffnung

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