E-Bike Tour de Suisse (German Edition)
2000 durch ein großes Unwetter schwer geprüft. Er überschreitet die Grenze nach Italien.
Es geht weiter bergab. Über Iselle und Varzo fährt er das Val Divedro hinunter nach Crevoladossola zum Val d’Ossola und dann weiter nach Pontetto.
Jetzt ist es wieder eben. Der steile Anstieg über den Simplon Pass hat ihn müde gemacht. Der Akku an seinem E-Bike und auch sein persönlicher Akku sind leer und es ist spät geworden. Er schaut nach einem Zimmer und stellt fest, dass das etwas schwieriger ist als er geplant hat. Er kann nur ein paar Brocken italienisch, und die Dorfbewohner sind auf fremdsprachige Ausländer schlecht vorbereitet. In einem Restaurant bekommt er einen Typ für ein Zimmer.
Als er die Unterkunft findet, hat er das Gefühl, dass die gute Wirtin erst ihr Wohnzimmer ausräumen muss, bevor sie ihn aufnehmen kann. So hat er sich das nicht vorgestellt und die Wirtin offensichtlich auch nicht. Ihr ist nur für ihn und nur für eine Nacht der Aufwand zu hoch. Aber die Familie ist sehr freundlich.
Sie rufen bei einem Bauernhof an, der seine Landwirtschaft um sechs Gästezimmer und ein Restaurant erweitert hat. Der nimmt ihn gerne auf, und das Zimmer ist ausgezeichnet. So verbringt Martin die Nacht auf einem italienischen Bauernhof bei Masera.
Ob ihn wohl Ochs und Esel am nächsten Morgen in aller Frühe wecken werden?
Achter Tag: Durch das Centovalli bis Cannobio
Ausgeruht und frisch gestärkt startet Martin in Masera seine 9. Etappe. Es war eine ruhige Nacht. Endlich habe ich diese hohen und steilen Pässe nun alle hinter mir, denkt er in seiner Naivität. Erst der Scheltenpass in glühender Hitze, dann der Simplonpass in derselben sengenden Sonne, heute gönne ich mir eine bequeme Tour bis Locarno. Ob ich auf der Rückfahrt tatsächlich noch den Gotthardpass knacke oder mit dem Zug fahre, das werde ich mir noch überlegen. In Masera zweigt sein Weg auf die Strada statale della Val Vigezzo. Und bald stellt er fest. Er muss nun heute schon wieder eine Bergstrecke angehen
Masera – Centovalli - Cannobio
Quelle: openstreetmap
Bis Druogno geht es auf einer Strecke von 10 km über 534 Höhenmeter auf 831 m über dem Meer. Das sind zwar im Durchschnitt nur 5 % Steigung, doch es geht immer wieder auf und ab. Aber es ist früh am Morgen und er ist noch frisch, das schafft er spielend. Er fährt den Torrente Melezzo occidentale entlang. Es ist eine wunderschöne Landschaft mit steilen Schluchten und schöner Aussicht. Bauersfrauen verkaufen den Autofahrern selbstgesammelte Pilze und Honig. Das Tal wird wegen seiner idyllischen Landschaft und der pittoresken Dörfchen, welche dem Maler Motive in Hülle und Fülle anbieten, das Tal der Maler genannt.
Die letzten 1,5 km der Steigung befinden sich in den Galeria Palesco, einem Tunnel. Da schaltet er sein Licht ein und tritt kräftig in die Pedale. Zum ersten Mal tritt er stärker und schneller, als sein Elektromotor dies verkraften kann, dieser ist tatsächlich überfordert. Kurz vor dem Tunnelende zeigt er Aussetzer, die Lichtanzeige der Motorsteuerung blinkt, obwohl sein Akku noch genug Kapazität hat. So muss er die letzten Meter im Tunnel ohne Motor zurücklegen. Oben angekommen macht er eine Pause, und nach wenigen Minuten und bei nur noch geringer Steigung ist dann alles wieder OK. Auch ein E-Bike Motor braucht halt mal eine Pause.
In Druogno ist er auf der Passhöhe angekommen. Er findet eine kleine Kneipe in der sich schon einige Wanderer eingefunden haben, er gönnt sich ein ‚Aqua con gaz‘ und einen Cappuccino. Es geht relativ eben, nur mit kleinen Höhen und Tiefen, weiter bis Santa Maria Maggiore. Sehenswert ist die Pfarrkirche, die auf den Fundamenten eines vor über tausend Jahren erstellten Gotteshauses erbaut wurde. Die Sehenswürdigkeiten und die schöne Landschaft machen Santa Maria Maggiore zum Sammelpunkt für bildungshungrige Touristen und Wanderer.
Fahrradakrobatik auf antikem E-Bike im Centovalli
Weiter geht es jetzt entlang dem Torrente Melezzo orientale. Über den Marktflecken Malesco fährt Martin weiter zum Wallfahrtsort Re mit der großartigen Kirche Santuario della Madonna di Re. Angeblich soll ein Steinwurf hier die Stirne Marias auf einem Altarbild getroffen haben und das Blut, das sich hieraus ergoss, soll Wunderheilungen vollbracht haben.
Ingenieurtechnische Höchstleistungen im Centovalli
Bei Camedo ist Martin wieder in der Schweiz angelangt, im Centovalli. Auf Deutsch heißt das ‚Hundert Täler‘.
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