E-Bike Tour de Suisse (German Edition)
Borgo, der noch intakte alte Ortskern von Ascona. Der Hügel über der Stadt heißt Monte Verità, auf Deutsch ‚Berg der Wahrheit‘. Hier bauten reiche Anarchisten, Philosophen, Maler, Naturalisten, Spiritisten, Schriftsteller und Spinner jeglicher Couleur ihre Villen. In Ascona gibt es auch viele Museen. Besonders bekannt sind das Museo Comunale d’Arte Moderna in der Via Borgo und die Gründervilla der Theosophen, die Casa Anatta.
Aber Museen interessieren ihn aktuell überhaupt nicht. Martin fährt am Golfclub von Ascona vorbei wieder zurück zum Hafen von Locarno. Melanie hat sich immer noch nicht gemeldet. Ob er sie zufällig irgendwo im Hafen oder in der Fußgängerzone finden wird? ‚Weiber‘, sagt er zu sich. ‚Unberechenbar und unzuverlässig. Wenn du die Hälfte von dem glaubst, was sie dir erzählen, wirst du immer noch um 100 % angelogen‘. Martin ist sauer. Was soll er nun machen? Soll er nun für sich alleine ein Zimmer suchen? Er gibt sich und ihr noch eine letzte Chance.
Ascona‚ ‚Côte d’Azur‘ der Schweiz
Er versucht nochmals sie telefonisch zu erreichen. Plötzlich erhält er nicht mehr die Meldung, dass der Teilnehmer nicht erreichbar ist, sondern einen Antwortton. ‚Vielleicht klappt es doch noch‘, denkt er bei sich. Melanie meldet sich, sie schreit sogar: „Hallo, prompto, hallo, prompto.“ Sie schreit immer wieder dasselbe in das Telefon. Aber sie hört ihn nicht. Er legt auf und schickt nochmal eine SMS los. Kurz darauf kommt bei ihm eine SMS von Melanie an: „Lieber Martin, es tut mir leid, der Akku von meinem Handy ist leer und ich lade den gerade neu auf. Ich hoffe die SMS kommt bei dir an. In Locarno war wegen des Filmfestivals kein Zimmer mehr zu kriegen. Ich bin in Cannobio in einem herrlichen Hotel an der Strandpromenade. Du wolltest ja weiter nach Italien. Da habe ich für uns zwei schöne Zimmer mit Balkon und Seeblick gefunden. Kannst du bitte da hinkommen? Ich habe meine angekündigte Geschichte für dich bereit. Ich freue mich auf die beiden kommenden Nächte mit dir. Ich liebe dich! Melanie.“
Diese SMS schleudert Martin aus seinem Stimmungstal heraus und hoch auf einen neuerlichen Stimmungsgipfel. Seine Hormone sind erneut um Jahrzehnte verjüngt. Er steht jetzt wieder unter höchster Spannung. Was so eine SMS alles bewirken kann. Natürlich wird er im Eiltempo nach Cannobio eilen, um Melanie zu treffen. Er schickt eine Bestätigungs-SMS zurück. Sein Smartphone steht noch unter Strom. Der Akku von seinem E-Bike ist schon wieder leer. Aber sein persönlicher Akku wurde durch Melanies liebe SMS wieder voll aufgeladen. Nichts kann ihn bremsen. Auf die 20 km bis Cannobio kommt es ihm nun auch nicht mehr an. Für eine schöne und charmante Frau würde er noch viel mehr auf sich nehmen. Und last but not least: Sie hat ihm ja auch ihre persönliche intime Geschichte versprochen, die er auch der geliebten Leserin und dem geneigten Leser dieses Buches nicht vorenthalten möchte. Da lohnt sich der Endspurt.
Martin fährt wieder zurück nach Ascona, dann am See entlang Richtung Brissago. Für Fußgänger und Radfahrer gibt es einen kleinen Weg entlang der Straße. Aber er hat in der Schweiz schon bessere Radwege erlebt. Für die Rückfahrt wird er sich etwas anderes überlegen. In Ronco sopra Ascona spricht ihn ein älteres schweizer Ehepaar an. Sie sind mit dem Wohnmobil unterwegs und haben auch ihre Räder dabei. Gestern am späten Nachmittag haben sie Martin ganz oben auf dem Simplonpass gesehen, und jetzt ist er schon hier unten am Lago Maggiore. „Das ist schon eine reife Leistung“, bewundern sie ihn.
Sie unterhalten sich über sein E-Bike und welche Unterstützung sie am Berg und in der Ebene vom Elektromotor erwarten können. „Auf der Ebene mit sporadischen Aufstiegen etwa 100 km, wenn man den Motor nur zuschaltet wenn es bergauf geht, oder wenn der Untergrund schlecht ist, zum Beispiel bei einem Waldweg mit Schotter, oder wenn man schnell vorankommen will, weil man auf einer Autostraße fahren muss, oder weil es stark regnet“, antwortet er ihnen.
„Und am Berg?“, wollen sie wissen.
„Da wird nach etwa 1.000 m Höhendifferenz der Akku leer sein. Wenn die Strecke nicht allzu steil ist oder man ganz steile Abschnitte zu Fuß schiebt, dann reicht es auch weiter.“
„Da machen Sie uns Mut, auch mal eine so große Strecke mit dem Velo zu wagen. Vielleicht legen wir uns auch noch ein E-Bike zu.“
Sie verabschieden sich freundlich. Als
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