E-Bike Tour de Suisse (German Edition)
gebeten.“
„Meine Oma“, fährt Melanie fort, „hat das natürlich ganz anders gesehen als mein Vater. Vermutlich sah sie es so, dass ihr Ehemann sie noch in seinem Tode persönlich beschämt hat. Normalerweise stirbt der Mann in den Armen seiner Frau oder zumindest im Sterbebett im Kreise der Familie oder im Krankenhaus. ‚Opa hat sich nicht einmal von ihr verabschiedet, sondern er hat sich in den Armen einer Hure aus dieser Welt geschlichen‘, so wird dies wohl meine Oma gesehen haben. Damit wurde mir dann auch klar, warum meine Oma nicht wollte, dass darüber in der Verwandtschaft geredet wird und dass sie ihn deshalb zusammen mit der Lüge über die Todesumstände ins Grab gelegt hat. Dass mein Vater ihr zu Liebe sein Versprechen einhalten musste, solange sie lebt niemand etwas darüber zu erzählen, das verstehe ich.“
Dass die Geschichte nun so eine ganz besondere Wendung genommen hat, damit hat Martin wirklich nicht gerechnet. „Ich habe noch nie von einem solchen Vorfall gehört, obwohl so etwas vermutlich immer wieder mal passiert“, nimmt er das Gespräch wieder auf. „Dies zeigt mir, dass trotz sexueller Aufklärung solche Vorfälle immer noch vertuscht werden. Ich bin beeindruckt, dass du mir deine Geschichte von Opas rätselhaftem Tod so offen erzählst.“
Aber Martin ist mit der Geschichte noch nicht zufrieden. „Ich vermisse in der Story den persönlichen Bezug zu dir. Erzähl mir noch ein paar ganz persönliche Sachen“, bittet er sie. „Aber da kommt das Schiff wieder. Lass uns einsteigen. Ich glaube, das ist heute das letzte Schiff, mit dem wir zurück können.“
Sie setzen sich im Heck auf eine Bank.
„Was willst du hören?“, fragt Melanie.
„Alles“, gibt Martin zur Antwort, und er fährt fort. „Ich nehme an, du hattest eine liebe und glückliche Kindheit, verständnisvolle und tolerante Eltern, du hattest mit dem einen oder anderen Schulfach manchmal ein kleines Problem, aber im Prinzip warst du eine gute Schülerin.“
„Woher weißt du das denn alles?“, fragt sie ihn erstaunt.
„Das sieht man dir an und man merkt es, wenn man mit dir spricht“, gibt er zur Antwort.
„Ja wenn du schon alles weißt, was soll ich dir dann noch erzählen?“, so Melanie.
„Und vermutlich hast du dich in einen deiner Schulkameraden verliebt?“, hakt er bei ihr nach.
„Stimmt alles“, ist ihre Antwort, „also du weißt wirklich schon alles.“
„Aber nun erzähle mir mal, wie es dazu gekommen ist und wie sich das dann alles weiter entwickelt hat, das weiß ich alles noch nicht“, so Martin.
Und Melanie erzählt ihm ihre Geschichte.
„Ich hatte ein Problem mit Mathe, solche Dinge wie der Pythagoras oder der Strahlensatz und ähnliches, das wollte nun alles wirklich nicht in meinen Kopf rein. Aber es führte ja kein Weg dran vorbei, auch den Strahlensatz und den Pythagoras musste ich verstehen lernen. Die Jungs aus den Klassen über mir, die fand ich viel interessanter als irgendeine mathematische Logik. Mein Hauptproblem aber war das, dass ich für die Jungs in den Klassen über mir überhaupt nicht interessant war. Eine Sexbombe war ich sowieso nicht. Die äußeren Merkmale, die sich die Jungs üblicherweise bei den Mädchen ganz genau ansehen, die waren bei mir zwar alle vorhanden, aber nur in einer äußerst bescheidenen Ausführung. Ich war sehr schlank. Nach meiner persönlichen, vielleicht etwas zu kritischen Einschätzung, hatte ich zumindest optisch nichts Wesentliches vorzuweisen, was die Jungs begeistern könnte. Ich bin dann irgendwann einmal von einer Freundin darauf hingewiesen worden, dass ich sehr hübsche schlanke Beine habe. Als mir das klar wurde, habe ich ab diesem Zeitpunkt darauf geachtet, dass mein Rock oder meine Hose, was ich auch anhatte, stets so kurz waren, dass meine Beine in ihrer vollen Länge und in ihrer vollen Schönheit zu erkennen waren. Wie du siehst, lieber Martin. Meine Möglichkeiten habe ich genutzt, um die Jungs zu beeindrucken“.
„Das hast du sicher gut gemacht“, so Martin. „Mit welchen Tricks hast du dann deinen ersten Freund rumgekriegt?“
Darauf Melanie: „Ich habe gar keine Tricks angewandt. Ich habe mich in der Pause bei einer Freundin ausgeheult, dass diese Scheiß Mathe überhaupt nicht in meinen Kopf rein will. Und das hat einer der Jungs zwei Klassen über mir mitgekriegt. Er hat mich angesprochen und mir angeboten, mir das zu erklären. Auch bei den Hausaufgaben will er mir beistehen. Das hat mich
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