Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
E-Book - Geisterritter

E-Book - Geisterritter

Titel: E-Book - Geisterritter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Funke
Vom Netzwerk:
Siegel.
    »Ja! Ich wette, deshalb traust du dich nicht in die Hölle!«, schrie ich. »Weil du …«, Ella griff warnend nach meinem Arm, aber ich war einfach zu wütend, um den Mund zu halten, »weil du verdammter Dreckskerl nicht einen einzigen Mord auf dem eigenen Gewissen hast!«
    Stourtons rote Augen verdunkelten sich. Ich konnte sein Skelettunter der pergamentenen Haut sehen, als trüge er ein abscheulich gutes Halloween-Kostüm.
    »Ach ja?«, raunte er und machte einen Schritt auf mich zu. Dann presste er die bleiche Hand direkt auf mein Herz.
    Ich sah Blut. Es klebte mir an den Kleidern. Ich war Stourton und stand auf einem dunklen Feld. Vor mir lagen zwei gefesselte Männer. Ihre Gesichter waren blutverschmiert, aber sie lebten noch. Einer meiner Knechte ließ den Knüppel sinken, als ich ihm auffordernd die Hand hinhielt. Er drückte mir ein Messer in die Hand. Der Griff war glatt und kühl und in der Klinge spiegelte sich das Licht einer Fackel. Ich wusste, was ich tun würde. Und dass ich mich darauf freute …
    Es war ein schreckliches Gefühl. Schrecklicher als alles, was ich je gefühlt hatte.
    Aber plötzlich war das Messer fort. Alles war fort, das dunkle Feld, die gefesselten Männer … und stattdessen lag Stourtons bleiche Hand vor meinen Füßen, abgeschlagen gleich unter dem Handgelenk.
    »Vergiss, was du gesehen hast, Jon!«, sagte Longspee und schob sich vor mich. »Vergiss es, hörst du?«
    Sein Schwert schimmerte von Stourtons geisterbleichem Blut.
    Ich spürte, wie Ella nach meiner Hand griff. Sie zog mich zurück, bis wir hinter uns die Mauer des Turmes fühlten. Sie reichte uns kaum bis zu den Schulterblättern, und ich glaubte den Abgrund, der hinter ihr gähnte, wie Eis im Nacken zu spüren.
    »Oh nein, nicht schon wieder du, ach so edler Ritter!«, spottete Stourton, während er sein Schwert zog. »Willst du mir noch eineHaut zerschneiden? Gib dir keine Mühe. Du kannst mir nichts anhaben, auch wenn du dich noch so oft mit mir schlägst. Du trägst den falschen Namen, um mich zur Hölle zu schicken.«
    Einer der Knechte, die mit uns auf den Turm gestiegen waren, trat an die Seite seines Herrn. Und vor der Tür, hinter der die rettende Treppe nach unten lag, stand der zweite Wache. Die beiden anderen waren bei Zelda und dem Vollbart geblieben.
    »Der falsche Name?«, fragte Longspee. »Welchen Namen würde ich brauchen?«
    Stourton lachte. Aus seinem Ärmel wuchs eine neue Hand – ihre Finger spreizten sich wie die Blätter einer fleischfressenden Blüte, während die Hand, die Longspee abgeschlagen hatte, auf dem Turmdach welkte und zerfiel.
    »Was denkst du, edler Ritter? Ich höre den alten Mann immer noch seinen Fluch schreien, bevor er starb. Ein Hartgill soll dich zur Hölle schicken, Stourton! Nur ein Hartgill! Aber stattdessen schicke ich sie seit fünf Jahrhunderten zur Hölle, aus Rache für das seidene Seil. Und nicht einer ist zurückgekommen, um den Fluch des alten Mannes wahr zu machen. Sie sind wie Lämmer, traben zur Schlachtbank und verlöschen. Der Junge, den du so selbstlos beschützt, wird denselben Weg gehen, und zwar heute Nacht.«
    Sein Knecht wollte einen Schritt auf mich zu machen, aber Longspee richtete warnend die Schwertspitze auf ihn.
    »Denkst du, das tote Fleisch kann dich beschützen?«, sagte er. »Ich werde dein schwarzes Herz so gründlich durchbohren, dass du deinen Herrn am Tor der Hölle erwarten wirst.«
    Der Knecht zögerte, das tote Gesicht angstverzerrt.
    »Worauf wartest du?«, fuhr Stourton ihn an. »Greif dir die Kinder und stoß sie über die Mauer, oder ich schick dich eigenhändig zur Hölle!«
    Der Knecht machte erneut einen Schritt auf uns zu.
    Aber Longspees Schwert war schnell wie eine Flamme, und der Knecht fiel wie ein aufgeschlitzter Sack und erfüllte die Luft mit so üblem Gestank, als löste seine verrottete Seele sich in der Nachtluft auf. Longspees Gestalt leuchtete so hell, als bestünde er aus weißem Feuer, und der Knecht, der an der Treppe stand, wandte sich entsetzt zur Flucht, aber Stourton stieß ihm mit einem Fluch das Schwert in den Rücken. Dann wandte er sich wieder zu Longspee um. Sein Gesicht hatte nichts Menschliches mehr, und seine Haut wehte ihm in Fetzen von den Knochen, als schälte seine eigene Wut sie ihm vom Leib.
    »Jon, lauft zur Treppe!«, rief Longspee, während er Ella und mich mit seinem Körper deckte.
    Stourtons Gestalt färbte sich schmutzig rot, als tränkte all das Blut, das er vergossen

Weitere Kostenlose Bücher