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E-Book - Geisterritter

E-Book - Geisterritter

Titel: E-Book - Geisterritter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Funke
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Longspee von Licht umgeben, aber das seine färbte den Nebel so schmutzig grün wie Schimmel ein altes Brot.
    Er sah in seiner neuen Haut noch furchterregender aus. Die wievielte ist es?, flüsterte es in meinem Kopf, aber ich war ziemlich sicher, dass ich die Antwort nicht erleben würde. Sein Pferd scharrte auf den Gräbern, als wollte es die Toten darin wecken, aber der Seidene Lord hatte nur Augen für mich. Sie brannten in seinem Kopf, als stünde seine dunkle Seele in Flammen.
    »Da bist du ja, Hartgill!«, schnarrte er. »Worauf wartest du noch? Komm her!« Er sprach mit mir, als wäre ich einer seiner Knechte oder Stalljungen. Aber ich war immer noch der Knappe eines Ritters – auch wenn dieser Ritter vielleicht selbst ein Mörder war.
    »Nicht, bevor du Ella gehen lässt!«, rief ich – und verfluchte die Angst, die meine Stimme so schrill klingen ließ wie die eines Erstklässlers.
    Aber Ella hatte zu der ganzen Sache natürlich auch eine Meinung.
    »Ich werd nirgendwo hingehen, Jon Whitcroft!«, rief sie. »Was glaubst du? Dass ich mit Zelda seelenruhig nach Hause fahr, während diese Monster dir den Kopf abschlagen oder sonst was mit dir machen?«
    Den Kopf abschlagen … ich schluckte. Sie hatte wirklich eine ganz eigene Art, die Dinge auf den Punkt zu bringen.
    »Ella!«, rief Zelda. »Tu, was Jon sagt. Komm zu mir und alles wird gut!«
    Ella zögerte, und bevor sie gehorchen konnte, packte der Knecht, der hinter ihr stand, sie erneut. Ella stieß mit dem Ellbogen nach ihm, aber als der Knecht die Hand hob, um sie dafür zu schlagen, hielt Stourton ihn mit einem scharfen Zischen zurück.

    »Lass sie gehen!«, fauchte er. »Ich will nur den Jungen! – Nicht, dass ich ihn nicht ohnehin bekommen würde!«, setzte er mit einem abscheulichen Lächeln hinzu.
    Er sah toter aus als je zuvor. Das Gebiss in seinem lippenlosen Mund war so verrottet, als hätte er es aus einem der Gräber gestohlen. Sein Haar war nicht länger grau, sondern weiß. Es hing ihm so ausgedünnt auf die Schultern herab, dass es eher Spinnweben als Haaren glich, und seine neue Haut spannte sich über den Knochen, als wäre sie ihm wie ein Leichenhemd aufs Skelett geschneidert worden. Seine Männer waren kein appetitlicherer Anblick und sie gehorchten ihm in den neuen Körpern ebenso fraglos wie in Geistergestalt. Kein Wunder. Schließlich hatten sie Jahrhunderte Übung darin.
    Ella zögerte immer noch, bis Stourtons Knecht sie schließlich unsanft in unsere Richtung stieß, ihre Augen fragten bei jedem Schritt, den sie auf uns zumachte, was genau der Plan war.
    Es ist nicht wirklich ein Plan, Ella, dachte ich, während ich mich auch auf den Weg machte – auf Stourton zu, der die knochige Hand schon am Schwert liegen hatte. Sein Schwert kann dir nichts anhaben, Jon!, wiederholte ich mir bei jedem zittrigen Schritt. Es kann dir nichts anhaben, vergiss das nicht!
    An das, was die toten Männer tun konnten, versuchte ich einfach nicht zu denken.
    Ella und ich kreuzten die Wege zwischen zwei Kindergräbern, was wirklich nicht sehr ermutigend war. Na, komm schon, Vollbart!, dachte ich, als wir so dicht aneinander vorbeigingen, dass ich nach Ellas Hand hätte greifen können – und erinnerte mich leichtpanisch daran, dass meine Mutter sich ständig darüber beschwerte, dass er zu allem und jedem zu spät kam.
    Der Schuss kam im selben Moment. Er traf einen der Knechte in den Rücken und riss ihn herum.
    »Renn, Ella!«, schrie ich, während ich ihr einen Stoß in Zeldas Richtung gab.
    Der nächste Schuss kam aus den Büschen neben dem Tor und ich hörte Stourton auf sehr altmodische und ziemlich üble Weise fluchen.
    Sieh dich nicht um, Jon!, befahl ich mir, während Ella und ich auf Zelda und die offene Kirchentür zurannten. Zelda schwang ihre Krücke wie Zeus seinen Blitzstrahl, aber ich hörte die Hufschläge schon hinter mir, so geisterhaft leicht, dass sie nur noch bedrohlicher klangen. Verdammt, Jon, sieh dich nicht um!, dachte ich noch mal. Er kann dir nichts anhaben! Aber im selben Moment spürte ich eine Hand meinen Nacken packen, eine eiskalte, aber sehr starke Hand. Sie warf mich zu Boden und ein hässliches Gesicht starrte auf mich herab. Vermutlich war es im Leben gar nicht sonderlich hässlich gewesen, aber nun war es ganz verrutscht und verzerrt von Bosheit.
    »Du gehst nirgendwohin, Hartgill!«, grunzte Stourtons Knecht und setzte mir den schlammigen Stiefel auf die Brust.
    Ich sah Ella wie angewachsen zwischen den

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