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E-Book - Geisterritter

E-Book - Geisterritter

Titel: E-Book - Geisterritter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Funke
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Wiehern bäumte es sich auf – und ich drehte mich um und rannte.
    Ich bin kein besonders guter Läufer. Aber in dieser Nacht rannte ich um mein Leben. Ich spür noch heute mein rasendes Herz und das Stechen in meinen Lungen. Ich rannte an den alten Häusernvorbei, die im Schatten der Kathedrale stehen, als suchten sie Schutz bei ihr vor der Welt, die außerhalb der alten Stadtmauer lärmt, vorbei an parkenden Autos, erleuchteten Fenstern und verschlossenen Gartentoren. Renn, Jon! Hinter mir hallten die Hufschläge über den abendlichen Domhof, und ich glaubte, den Atem der Höllenpferde in meinem Nacken zu spüren.

    Bonapart rief meinen Namen: »Whitcroft! Whitcroft, zum Teufel, bleib sofort stehen!«, … aber der Teufel war es ja, der hinter mir her war, und plötzlich hörte ich eine andere Stimme … falls es eine Stimme war.
    Ich hörte sie in meinem Kopf und meinem Herzen. Hohl und heiser und so grausam, dass ich sie wie ein stumpfes Messer in meinem Innern spürte.
    »Ja, renn, Hartgill!«, höhnte sie. »Renn. Wir jagen nichts lieber als deine schmutzige Brut. Und noch ist uns keiner entkommen.«
    Hartgill? Das war der Mädchenname meiner Mutter. Nicht, dass sie aussahen, als ob sie diese Feinheit interessierte. Ich stolperte weiter, schluchzend vor Angst. Der mit den strähnigen Haaren schnitt mir den Weg ab und die anderen drei waren hinter mir. Zu meiner Rechten reckte die Kathedrale ihren Turm den Sternen entgegen.
    Vielleicht rannte ich auf sie zu, weil sie dastand, als könnte nichts ihre Mauern erschüttern. Aber der weite Rasen, der sie umgab, war nass vom Regen, und ich rutschte bei jedem Schritt aus, bis ich schließlich keuchend auf den Knien landete. Ich kauerte mich zitternd auf den kalten Boden und schlang die Arme umden Kopf, als könnte mich das vor meinen Jägern verbergen. Kälte hüllte mich ein wie Nebel und über mir wieherte ein Pferd.
    »Das Morden ist ohne die Jagd nur der halbe Spaß, Hartgill!«, raunte die Stimme in meinem Kopf. »Aber am Ende ist der Hase immer tot.«
    »Mein Name ist Whitcroft!«, stammelte ich. »Whitcroft!« Ich wollte um mich schlagen, treten, ihre weißen Leiber zur Hölle schicken, wo sie herkamen. Aber stattdessen hockte ich im feuchten Gras und übergab mich fast vor Angst.
    »Whitcroft!«, Bonapart beugte sich über mich. »Whitcroft, steh auf!«
    Ich war nie zuvor so glücklich gewesen, die Stimme eines Lehrers zu hören. Ich vergrub mein Gesicht im Gras und schluchzte, aber diesmal vor Erleichterung.
    »Jon Whitcroft! Sieh mich an!«
    Ich gehorchte, und Bonapart fischte ein Taschentuch aus der Tasche, als er mein verheultes Gesicht sah. Mit zitternden Fingern griff ich danach und lugte an ihm vorbei.
    Die Geister waren fort. Ebenso wie die Stimme. Aber die Angst war noch da. Sie klebte mir wie Ruß auf dem Herzen.
    »Himmel, Whitcroft. Nun steh schon auf!« Bonapart zog mich auf die Füße. Die anderen Kinder standen am Rand des Rasens und starrten mit großen Augen zu uns herüber.
    »Ich nehme an, du hast eine Erklärung für diesen ziellosen Spurt durch die Nacht?«, fragte Bonapart, während er mit Abscheu meine schmutzigen Hosen musterte. »Oder wolltest du uns allen nur beweisen, wie schnell du laufen kannst?«

    Aufgeblasener Mistkerl.
    Meine Knie zitterten immer noch, aber ich versuchte mein Bestes, so gefasst wie möglich zu klingen, als ich antwortete: »Da waren vier Geister. Geister auf Pferden. Sie … sie haben mich gejagt.«
    Das Ganze klang selbst in meinen Ohren idiotisch. Ich schämte mich so sehr, dass ich mir wünschte, der feuchte Rasen würde mich auf der Stelle verschlucken. Angst und Schande. Konnte es noch schlimmer kommen? Oh ja, Jon.
    Bonapart seufzte und blickte so anklagend an der beleuchteten Kathedrale hinauf, als hätte sie mir diese lächerliche Geschichte eingeflüstert.
    »Also gut, Whitcroft«, sagte er, während er mich nicht sonderlich sanft zurück zur Straße zog. »Mir scheint, wir haben es hier mit einem ungewöhnlich heftigen Anfall von Heimweh zu tun. Vermutlich haben diese Geister dir befohlen, auf der Stelle nach Hause zu rennen, stimmt’s?«
    Wir standen inzwischen wieder bei den anderen und eins der Mädchen fing an zu kichern. Aber der Rest musterte mich so besorgt, wie Stu es in der Nacht zuvor getan hatte.
    Ich hätte mir auf die Zunge beißen und meine Wut über so viel Blindheit und ungerechten Spott herunterschlucken sollen, aber ich bin nicht allzu gut im Herunterschlucken. Ich hab es bis

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