E-Book - Geisterritter
trotz meiner zwei Schwestern nicht sonderlich gut im Umgang mit Mädchen (vielleicht machen Schwestern es sogar schlimmer). Ich wusste einfach nicht, worüber man mit ihnen reden sollte. Und Ella war auch noch hübsch, ein Umstand, der mich gewöhnlich aufs Peinlichste rot anlaufen ließ. (Zum Glück hat sich das inzwischen gelegt.) Wie auch immer … ich begann, meine Bonapart-Geschichte herunterzubeten. Aber ein kühler Blick von ihr und die Worte erstarben mir auf den Lippen.
Sie beugte sich über den Tisch. »Die Version kannst du den anderen erzählen«, sagte sie mit gesenkter Stimme. »Wie sahen sie aus?«
Sie wollte die Wahrheit hören. Ich konnte es nicht fassen. Aber so sehr ich die jemandem erzählen wollte – sie war ein Mädchen! Was, wenn sie mich auslachte? Was, wenn sie all ihren Freundinnen erzählte, dass Jon Whitcroft, dieser Hohlkopf, tatsächlich an Geister glaubte?
»Sie sahen tot aus, was sonst?« Ich vermied es, sie anzusehen und starrte stattdessen auf meine Finger – nur um festzustellen, dass meine Nägel schmutzig waren (im Beisein von Mädchen fallen einem solche Tatsachen auf der Stelle auf). Warum, zum Teufel, war sie nicht verlegen? Weil ihresgleichen, du Idiot, nicht halb so schnell verlegen wird wie du, flüsterte es in mir. Sie stottern auch nicht plötzlich herum, als hätten sie das Sprechen verlernt.
»Was hatten sie an?«
Na, wenn das keine Mädchenfrage war. Ella griff nach meiner Gabel und begann, meinen Kartoffelbrei zu essen.
»Altmodisches Zeug«, murmelte ich. »Umhänge, Schwerter …«
»Welches Jahrhundert?« Ella nahm sich noch eine Gabel Kartoffelbrei.
»Welches Jahrhundert?«, fragte ich entgeistert. »Was weiß ich? Sie sahen aus, als wären sie aus irgendeinem verdammten Gemälde gestiegen.« (Hör auf zu fluchen, Jon! Wenn ich verlegen war, fing ich immer an zu fluchen. Meine Mutter versuchte mir das seit Jahren ohne Erfolg abzugewöhnen.)
»Konntest du durch sie durchsehen?«
»Allerdings.« Es tat so gut, endlich mit jemandem über sie zu reden! Auch wenn es mir immer noch zu schaffen machte, dass es ein Mädchen war, mit dem ich über meine Verfolger sprach.
Ella nahm meine Beschreibung mit solchem Gleichmut entgegen, als hätte ich ihr unsere Schuluniform beschrieben. »Und?«, fragte sie. »Noch was?«
Ich sah mich um, aber niemand achtete auf uns. »Sie haben Würgemale an den Hälsen«, raunte ich über den Tisch. »So, als … als ob sie alle aufgeknüpft worden wären! Ihrem Anführer hängt die Schlinge sogar noch um den Hals. Und sie wollen mich umbringen, ich weiß es. Sie haben es gesagt!«
Ich gebe zu, ich erwartete, dass diese Offenbarung sie beeindrucken würde. Aber Ella hob nur spöttisch die Augenbrauen. Sie hat sehr dunkle Brauen. Dunkler als Bitterschokolade.
»Das ist Blödsinn«, stellte sie verächtlich fest. »Geister können niemanden umbringen. Sie können es einfach nicht.«
Diesmal schoss mir das Blut vor Ärger ins Gesicht – was es nicht weniger peinlich machte.
»Na, wunderbar!«, fuhr ich sie an. »Ich richte es ihnen aus, wenn sie mich das nächste Mal über den Domhof jagen!«
Am Nebentisch drehten sich ein paar Drittklässler zu uns um. Ich warf ihnen einen, wie ich hoffte, einschüchternden Blick zu und senkte die Stimme. »Und warum«, raunte ich, während Ella sich seelenruhig noch einmal bei meinem Kartoffelbrei bediente, »warum tropfte dann einem von ihnen Blut vom Schwert, als ich sie zum ersten Mal gesehen hab?«
Ella zuckte unbeeindruckt die Schultern. »So was machen sie gern«, sagte sie mit gelangweilter Stimme. »Blut, Knochen, das bedeutet gar nichts.«
»Oh, danke für die Aufklärung!«, fuhr ich sie an. »Du weißtoffenbar alles über die verdammten Geister in dieser Stadt! Aber da, wo ich herkomme, ist es nicht die normalste Sache der Welt, dass sie nachts unter deinem Fenster stehen und mit bluttriefenden Schwertern auf dich zeigen!«
Diesmal starrte der ganze Speisesaal mich an.
Aber Ella warf mir nur einen ihrer Jon-Whitcroft-du-regst-dich-wirklich-zu-schnell-auf-Blicke zu.
»Na, dann steckst du wohl in Schwierigkeiten«, sagte sie und kehrte, ohne sich noch einmal umzusehen, an den Tisch zurück, an dem ihre Freundinnen saßen.
Ich muss ihr mit einem ziemlich dummen Gesichtsausdruck hinterhergestarrt haben, denn Angus und Stu wechselten einen besorgten Blick, bevor sie sich mit ihren Tabletts zu mir an den Tisch setzten.
»Sag nicht, du siehst hier unten neuerdings auch
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