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E-Book statt Papierkonserve

E-Book statt Papierkonserve

Titel: E-Book statt Papierkonserve Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlies Michaelis
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Texteinheit, die nach außen durch den Einband und inhaltlich durch abgeschlossene Gedanken und Geschichten begrenzt wird.
    Sicherlich ist jedes Buch von anderen Büchern beeinflusst und strahlt wiederum auf andere ab. Aus größerer Distanz können wir uns ein ganzes Gewebe von Texten vorstellen, in dem jedes einzelne Buch nur ein Faden ist. Das gedruckte Buch kennt verschiedene Mittel, um diese Einbindung zu verdeutlichen: Fußnoten sind eine Möglichkeit, Erwähnungen und Zitate eine andere. Doch diese Hinweise auf das umgebende Textgewebe sind dem Autor selber überlassen, er ist einzig und allein derjenige, der entscheidet, ob die Nennung des umgebenden Gewebes sinnvoll ist.
    Hier hat das E-Book andere Möglichkeiten. So wie das World Wide Web mit den Links zwischen verschiedenen Seiten und Texten neben der Linearität auch die Quervernetzung als selbstverständliches Element enthält, so kann sich ein digitaler Text diesen Modus ebenfalls zu eigen machen. Aber wollen wir das überhaupt? Ist uns nicht der einzelne, umfassende und abgegrenzte lineare Text vertrauter? Das ist er uns gewiss, da wir verzweigte Informationen zwar aus Online-Nachschlagewerken und von Webseiten im Allgemeinen kennen, sie aber nur mit kürzeren Texten und nicht mit ganzen Büchern in Verbindung bringen. Was nützt mir ein Link aus dem 11. Kapitel des Gilgamesch-Epos, in dem die Sintflut geschildert wird, auf die Sintflut-Passagen des Alten Testaments? Wieso sollte mich beim dritten Teil der Krimi-Serie um Kommissar Carl Mørck mehr als eine Erwähnung der ersten beiden Bände interessieren?
    Neben Textverzweigungen sind natürlich ebenso auf Wunsch eingeblendete Kommentare möglich. Bisher nutzen E-Book-Reader solche Funktionen, um Erklärungen aus Wörterbüchern anzuzeigen. Auch das Einbinden eines Videos könnte bei geeignetem Abspielgerät, etwa einem Tablet, möglich sein. Um weitere Medien ergänzte Bücher – die multimedialen E-Books – gibt es ebenfalls schon. Allerdings gehören bei diesen die Medien zum Buch selbst und sind keine Verweise auf den umgebenden Medienkosmos. Würden solche Verweise nicht Websites aus den einzelnen Büchern machen? Das mit Sicherheit nicht. Statt der Zitate und Fußnoten haben wir eingebettete Verweise, die es dem Leser ermöglichen, die verbundenen Texte und Medien aufzusuchen – er muss es jedoch nicht tun. Quellenangaben, Zitate und Erwähnungen sind dann keine Abbilder des Originals innerhalb des jeweiligen Textes, sondern leiten direkt auf das Original weiter. Vielleicht wird es einen Bedarf dafür geben, vielleicht auch nicht.
    Anhand dieser kleinen Überlegung wird deutlich, dass das Buch nun aus dem beschränkenden Rahmen heraustreten kann, in dem es die letzten Jahrhunderte gefangen war. Bis heute hat das Buch – zunächst das von Hand geschriebene und dann das gedruckte – das Wissen der Menschen konserviert und weitergegeben. Warum sollte es das digitale Buch nicht ermöglichen, noch weitere Neuerungen einzuführen, auch wenn wir uns diese momentan nur schwer oder vielleicht gar nicht vorstellen können? Bei vielen Geräten war zunächst nicht deutlich, ob ein Bedarf dafür bestehen würde. Wer hätte beispielsweise 2004 darauf gewettet, dass das mobile Übertragen von Tönen und Bildern mit Smartphones sowie weitere Anwendungen spätestens ab 2011 aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken ist? Neue Geräte müssen manchmal noch verbessert werden, bevor sie eine breite Akzeptanz finden. Und manchmal bedarf es einer Zeit der Eingewöhnung, bis die Menschen verstanden haben, was sie mit einem neuen Medium alles anstellen können.
    Gutenberg hatte seine Drucktype noch stark am geschriebenen Buchstaben orientiert. Erst seine Nachfolger begannen, verschiedene neue Drucktypen zu entwickeln, die sich immer mehr von den geschriebenen Buchstaben unterschieden. Das gedruckte Buch emanzipierte sich von seinem handgeschriebenen Vorgänger. So wird es auch mit dem elektronischen Buch geschehen. Doch bevor wir uns anschauen, wie sich dieses bisher entwickelt hat, möchte ich noch einen kleinen Seitenblick auf ein Buch werfen, das in der frühen Neuzeit eine besondere Wirkungsmacht entfaltete: den „Hexenhammer“.

9  Dämonen in Lettern
    Mit Einführung der Buchdruckerei wurde das Buch erstmalig in der Geschichte zum Massenprodukt. Es erreichte einen weitaus größeren Kreis als die von Hand kopierten Texte, die meist in Klosterbibliotheken aufbewahrt wurden.
    Damit stellten sich einige

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