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e-Motion

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Titel: e-Motion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erica Orloff
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sagst.“
    „Ich verspreche es dir“, flüsterte ich.
    „Und ich möchte, dass du nach deiner Rückkehr einen Flug nach London buchst. Selbst wenn es nur für ein paar Tage ist. Ein Wochenende.“
    „Michael, wie spät ist es bei euch?“
    „Sieben.“
    „Du hast getrunken. Du lallst ein bisschen.“
    „Keinen Tropfen.“
    „Ich verstehe das alles nicht.“
    „Doch, das tust du.“
    „Aber … aber wir haben ein tadellos funktionierendes Arbeitsverhältnis. Und, ich schwöre dir, die Tatsache, dass wir Telefonsex haben, macht unsere Beziehung, offen gestanden zu der intimsten, die ich derzeit habe. Aber warum sollten wir all das durch ein Treffen zerstören?“
    „Weil man niemanden über das Telefon oder das verdammte E-Mail lieben kann. Ich will dich sehen. Unsere Beziehung war vermutlich die längste prekoitale in der Geschichte.“
    „Darüber weiß ich zu wenig. Ich glaube, eine der Brontë-Schwestern korrespondierte über siebzehn Jahre mit ihrem zukünftigen Ehemann und zögerte so den entscheidenden Moment hinaus. Es war das viktorianische Zeitalter.“
    „Du bist keine Brontë.“
    „Nein, wohl eher nicht.“
    „Versprich mir, dass du darüber nachdenkst.“
    „Ich versprech’s. Aber du denkst auch darüber nach. Unsere Beziehung ist perfekt.“
    „Auf die Distanz?“
    „Ja. Du weißt, was für ein Morgenmuffel ich bin. Dass ich vor zwölf Uhr mittags nicht aufstehe. Wie sehr ich meinen Kaffee brauche und was für fürchterliche Essgewohnheiten ich habe. Ich habe eine Drei-Zimmer-Wohnung und lebe allein, brauche einmal die Woche aber trotzdem eine Putzfrau, die mir die Bude halbwegs in Ordnung hält. Ich lache zu laut. Ich trinke zu viel. Ich drehe meine Musik so laut auf, dass einem fast das Trommelfell platzt. Und ich bin ganz schlecht in Beziehungen. ‚Wir‘, was immer sich hinter diesem ‚wir‘ verbirgt, sind das perfekte Paar.“
    „Ich könnte auch den einen oder anderen Fehler haben, Cassie. Vergiss das nicht.“
    „Werde ich nicht.“
    „Ruf mich an.“
    „Mach ich.“
    „Schreib mir.“
    „Mach ich.“
    „Und nicht verlieben.“
    „Okay.“
    „Wir hören uns bald.“
    „Na klar.“
    „Ich bete dich an.“
    „Michael …“
    „Ciao.“
    Ich hielt den Hörer in der Hand und lauschte dem transatlantischen Freizeichen. Was war da gerade passiert? Eine vorbildlich harmonische Autor-Lektor-Beziehung hatte sich soeben in Luft aufgelöst. Wie wollte er mich denn lieben können? Wir hatten uns doch noch nie gesehen, wie er selbst so freundlich war hervorzuheben.
    Wenn ich mir in der Vergangenheit seine Umschlagfotos angeschaut hatte, war mir flau im Magen geworden und ich hätte wie Wachs dahinschmelzen können. Er war sexy. Aber er war dort, und ich war hier. Es war perfekt. Keine Diskussionen über hochgeklappte Toilettenbrillen. Niemand, der sich über meinen eigenwilligen Lebensrhythmus beschwerte, über meine Koffeinsucht, meine fragwürdige Leidenschaft für Tequila Sunrise. Niemand, der mich anbrüllte, wenn sich mir aufgrund der falschen Kombination meiner Vorlieben der Magen umdrehte und ich mich vor Schmerzen auf dem Badezimmerboden krümmte, kein „Ich wünschte, du würdest mal mit jemandem darüber sprechen“. Michael war mein idealer Nicht-Lover. Und wenn er erst lange genug darüber nachgedacht hätte, würde er zu demselben Schluss kommen. Er musste es nur ein wenig sacken lassen. Vielleicht hatte er nach unserem letzten Telefonat gerade so etwas wie einen Post-Schreibblockaden-Orgasmus.
    Ich widmete meine Aufmerksamkeit wieder dem beachtlichen Vielleicht-Stapel, der sich auf meinem Bett türmte. Ich hasste es, shoppen zu gehen, musste aber zugeben, dass ich für einen Monat nicht genug anständige Klamotten hatte. Es half nichts, ein Besuch der Einkaufs-Mall war fällig und danach einer bei meinem Vater.
    An Orten, wo rosafarbene Paläste dominierten, brauchte es nicht mehr als ein normales Einkaufszentrum, damit eine praktisch orientierte Frau das Gefühl hatte, nichts als Lumpen am Körper zu tragen. Ich zwang mich, die Türen zu der Einkaufspassage zu öffnen. Ich habe eine ernsthafte Mall-Phobie. Ich glaube, es liegt an dem entfernt an „Die Nacht der lebenden Toten“ erinnernden Make-up der Frauen an den Informationsschaltern. Ich mag mein nicht ganz makelloses Gesicht so, wie es ist, schiefes Lächeln, volle Lippen und eine Nase mit Sommersprossen eingeschlossen. Mir gefällt sogar die kleine Narbe an meiner rechten Augenbraue, die mir Billy

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